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OWi III: In der Umweltzone wird ohne Plakette geparkt, oder: Halterhaftung?

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Urheber Jojo659

Und zum Schluss des Tages habe ich dann noch eine Entscheidung des AG Marburg, die ich mir beim Kollegen Gratz vom VerkehrsRechtsBlog „geklaut“ habe.

Es handelt sich um den AG Marburg, Beschl. v. 24.01.2022 – 52 OWi 45/21 – zur Frage der Kostentragungspflicht des Halters nach § 25a Abs. 1 StVG im Falle des Fehlens einer Umweltplakette an einem geparkten Fahrzeug. Das AG Marburg geht in dem Beschluss jetzt davon aus, dass den Halter die Kostentragungspflicht trifft:

„Die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 StVG, wonach dem Fahrzeughalter die Kosten des wegen eines Halt- oder Parkverstoßes eingeleiteten Bußgeldverfahrens aufzuerlegen sind, sofern der Fahrzeugführer nicht mit angemessenem Aufwand vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ermittelt werden kann, liegen vor. Angesichts der untergeordneten Bedeutung des Parkverstoßes hat die Verwaltungsbehörde mit der Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen den gebotenen Aufwand zur Ermittlung des Fahrers betrieben. In Ansehung seiner Antwort auf dieses hat es der Versendung eines Erinnerungsschreibens nicht mehr bedurft. Weitere Nachforschungen wären unangemessen
gewesen.

Die von dem Betroffenen gegenüber der Verwaltungsbehörde sowie im Rahmen der Antragsbegründung erhobenen Einwände verfangen nicht. Namentlich gilt dies auch mit Blick auf den von ihm angeführten – nicht von dem jetzt zur Entscheidung berufenen Richter erlassenen – Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 25.02.2018 – 52 OWi 2/18. Das Oberlandesgericht Düsseldorf, dessen Beurteilung sich das Gericht uneingeschränkt anschließt, hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 26.02.2020 – IV-2 RBs 1/20, DAR 2020, 468 – judiziert, dass eine verbotene Teilnahme am Verkehr auch dann gegeben ist, wenn ein Kraftfahrzeug ohne (gültige) Plakette im Sinne von § 3 der 35. BImSchV (“Umweltplakette”) in einer Umweltzone lediglich abgestellt war, und die damit gegenüber dem Kraftfahrzeugführer gemäß §§ 24 StVG, 41 Abs. 1 Anl. 2 (VZ 270.1 u. 270.2), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, Nr. 153 BKat bußgeldbewehrte Zuwiderhandlung gegenüber dem Fahrzeughalter als Halte- bzw. Parkverstoß eine der Kostentragungsregelung des § 25a Abs. 1 S. 1 StVG unterfallende Anlassordnungswidrigkeit darstellt (ebenso zuletzt etwa AG Hannover, Beschluss vom 30.04.2020 – 210 OWi 194/20, NZV 2020, 373; AG Köln, Beschluss vom 02.05.2019 – 813 OWi 5/19 [b], NZV 2019, 651 Ls.). Gegensätzliche obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht ersichtlich (s. zuvor bereits OLG Hamm, Beschluss vom 24.09.2013 – III-1 RBs 135/13, NZV 2014, 52).“

Fahrtkostenerstattung bei Nutzung einer Dauerkarte des ÖPNV, oder: Klimaschutz

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Heute ist dann „Gebührenfreitag“, also der Tag der RVG-Entscheidungen und/oder kostenrechtliche Entscheidungen. Dazu zunächst ein Aufruf: In meinem Blogordner hängen leider derzeit keine RVG-Entscheidungen. Also: Ich brauche dringend Material  für die Berichterstattung hier. Daher: Wer (interessante) Entscheidungen hat, sollte die bitte schicken. der Dank der Leser ist ihm gewiss.

Und ich stelle heute dann zunächst einen AG-Beschluss vor. Das AG Marburg hat im AG Marburg, Beschl. v. 13.08.2020 – 71 F 301/19 EASO – zur Frage der Fahrtkostenerstattung bei Nutzung einer Dauerkarte des ÖPNV Stellung genommen. Ein Ergänzungspfleger hatte im Rahmen seiner Vergütungsabrechnung u.a. auch i.H.v. 24,60 € Reisekosten geltend gemacht.  Es ging um die Erstattung von Kosten für Fahrten, welche der Ergänzungspfleger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt hat. Der Ergänzungspfleger nutzt hierfür eine Jahreskarte der 2. Klasse für das gesamte RMV- Gebiet. Die zusätzlichen Wege zu und von den jeweiligen Ein-und Ausstiegshaltestellen legt er mit dem E-Bike oder in Einzelfällen auch mit dem PKW zurück. Hierfür hatte er keinerlei Fahrtkostenerstattung geltend gemacht. Er rechnete jedoch die Fahrten mit Bus und Bahn ab, wobei er jeweils die Kosten zugrundegelegt hat, die bei dem jeweiligen Erwerb eines Einzel -Fahrscheins für die einzelnen Fahrstrecken angefallen wären.

Der Ergänzungspfleger hat dazu erklärt, dass er die Jahreskarte auch privat nutzen könne, dies jedoch nur in einem verschwindend geringen Umfang von unter 5 % tatsächlich tue. Er habe die Jahreskarte tatsächlich allein im Hinblick auf seine berufliche Reisetätigkeit erworben; für die private Nutzung komme eine solche Dauerkarte für ihn nicht in Betracht.

Das AG hat die Kosten festgesetzt:

„Das Gericht schließt sich der Auffassung des Ergänzungspflegers an, wonach ihm die geltend gemachten Kosten nach der von ihm gewählten Abrechnungsmethode zu erstatten sind.

Die anderweitigen Ausführungen der Rechtspflegerin, des Bezirksrevisors sowie der von diesen zitierten Rechtsprechung überzeugen nicht.

Zwar ergibt sich aus § 5 Abs. 1 JVEG, dass nur tatsächlich entstandene Auslagen für die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs erstattungsfähig sind. Tatsächlich sind dem Ergänzungspfleger, der glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt hat, dass er die entsprechende Jahreskarte der 2. Klasse ausschließlich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Vormund und Ergänzungspfleger erstanden hat, aber dementsprechend auch Fahrtkosten entstanden.

Dabei spielt es nach Auffassung des Gerichtes keine Rolle, dass die erstandene Jahreskarte daneben auch für private Zwecke genutzt werden kann. Da der Ergänzungspfleger hier nicht mehr abrechnet als an – dann unzweifelhaft von der Staatskasse zu erstattenden – Kosten entstünden, wenn er jeweils Einzelfahrscheine erwerben würde, ergibt sich durch die Möglichkeit der auch privaten Nutzung keinerlei Belastung des Staatshaushaltes. Im Gegenteil ergibt sich hier eine so genannte Win-Win- Situation, indem ein zusätzlicher Anreiz für die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs auch im Privatbereich für den Ergänzungspfleger gegeben wird. Dies ist genau das Verhalten, das derzeit auch von staatlicher Seite gefördert und unterstützt wird, beispielsweise auch im Land Hessen durch die Aushändigung des so genannten Hessentickets an sämtliche Landesbeamten.

Angesichts der akuten Bedrohung unserer Lebensgrundlagen durch die Klimakatastrophe gebietet die in Art. 2 Abs. 2 GG normierte Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit nach Auffassung des Gerichtes eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 JVEG dahingehend, dass selbstverständlich jegliches Bemühen eines Ergänzungspflegers, wie im vorliegenden Fall möglichst ressourcen- und umweltschonend unterwegs zu sein, honoriert werden sollte, was auch völlig unproblematisch möglich ist, solange dem Staat dadurch keine Mehrkosten entstehen. Letzteres ist hier aber bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Ergänzungspfleger nicht etwa anteilig Kosten für seine Jahreskarte verlangt. Denn tatsächlich wäre es praktisch schwierig, den entsprechenden auf die im vorliegenden Verfahren unternommenen Reisen entfallenden Anteil an der gesamten beruflichen Tätigkeit des Ergänzungspflegers konkret zu ermitteln. Obwohl beispielsweise das OLG Koblenz in einem Beschluss vom 25.3.1993 (14 W 73 / 93) auch eine derartige anteilsmäßige Umlage von Kosten auf einzelne Verfahren für möglich gehalten hat, stellt sich dieses Problem im vorliegenden Verfahren aber gar nicht. Denn der Ergänzungspfleger hat die Kosten geltend gemacht, die bei Erwerb von entsprechenden Einzel- Fahrscheinen entstanden wären.

Dies scheint dem Gericht auch die einzig praktikable und dem Ergänzungspfleger zumutbare Form der Abrechnung zu sein.

Hier ist auch Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Eine nicht sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung wäre aber gegeben, wenn die hier vom Ergänzungspfleger angewandte Abrechnungsmethode nicht zugelassen würde. Denn dann würde dem Ergänzungspfleger ein völlig unverhältnismäßiger Aufwand zur Darlegung seiner Fahrtkosten zugemutet – er müsste ermitteln und nachweisen, welche Fahrten er insgesamt im ganzen Jahr mit der Jahreskarte getätigt hat und dann den entsprechenden prozentualen Anteil für das jeweilige konkrete Verfahren berechnen –, wohingegen ein PKW- Nutzer gemäß § 5 Abs. 2 JVEG keinerlei Nachweise für konkret angefallene Kosten dieser Nutzung erbringen muss. Ebenso wie es einem PKW-Nutzer, der sich mit einem kostengünstigen und verbrauchsarmen Auto bescheidet und infolge dessen tatsächlich geringere Kosten hat als die ihm zustehende Kilometerpauschale, problemlos zugestanden wird, dass er dementsprechend bei der Fahrtkostenabrechnung ein „gutes Geschäft“ macht, so muss es in gleicher Weise auch für den ökologisch verantwortungsvoll handelnden Ergänzungspfleger möglich sein, konkret Vorteile aus seiner umsichtigen Art der Fortbewegungsplanung zu ziehen. Dem gegenüber würde die hier von der Rechtspflegerin und dem Bezirksrevisor vorgeschlagene völlige Verweigerung der Erstattung von Fahrtkosten eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und somit einen Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes darstellen. Diese Ungleichbehandlung wäre umso unverständlicher, als die Fortbewegung mit öffentlichen Verkehrsmitteln offenkundig die nachhaltigere und dementsprechend auch förderungswürdigere ist und fraglos auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Dabei ist neben dem finanziellen Aspekt der Jahreskarten-Nutzung auch der damit einhergehende Komfort-Gewinn zu berücksichtigen. Auch insofern ist eine weitestmögliche Gleichbehandlung von Nutzern privater PKWs und Nutzern des ÖPNV herzustellen. Fraglos ist die PkW- Nutzung mit deutlich größerem Komfort und erheblich weniger Aufwand verbunden gegenüber der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Es muss daher dem ÖPNV- Nutzer zumindest zugestanden werden, dass er sich durch die Nutzung einer Jahreskarte den zusätzlichen Zeit- und Nervenaufwand erspart, der mit dem jeweiligen Erwerb eines Einzel-Fahrscheins (und sämtlichen bekannten damit zusammenhängenden Unannehmlichkeiten wie defekten Fahrscheinautomaten, Schlange-Stehen zum Fahrscheinerwerb und ähnliches) verbunden ist.

Die sich bei der von der Rechtspflegerin und dem Bezirksrevisor vorgeschlagenen Sichtweise ergebende Schlechterbehandlung des ÖPNV – Nutzers gegenüber dem PKW- Nutzer lässt sich in keiner Weise sachlich rechtfertigen. Vielmehr ließe sich allenfalls umgekehrt eine den PKW- Nutzer benachteiligende Abrechnungspraxis mit dem Schutz des höherrangigen Rechtsguts des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit auch kommender Generationen begründen, der durch den entsprechenden Anreiz zur Reduzierung des PKW-Verkehrs und die Förderung der lebensnotwendigen Verkehrswende verfolgt würde.

§ 5 Abs. 1 JVEG kann daher nach Auffassung des Gerichtes verfassungskonform nur in der Weise ausgelegt werden, dass ein Ergänzungspfleger, der sich zur Zurücklegung der beruflich veranlassten Fahrstrecken eine Jahreskarte zugelegt hat, dann bei jeder einzelnen beruflichen Nutzung dieser Karte von der Staatskasse die Erstattung der Kosten verlangen kann, die für den entsprechenden Einzelfahrscheinerwerb angefallen wären.

Die Frage der auch privaten Nutzung der Jahreskarte stellt sich dabei aus den genannten Gründen in dieser Fallkonstellation nicht. Anders wäre dies gegebenenfalls zu bewerten, wenn die private Nutzung der Jahreskarte überwiegen würde und diese nur gelegentlich für berufliche Zwecke eingesetzt würde. Nur in diesem Fall würde der Ergänzungspfleger bei der entsprechenden Abrechnungsmethode sozusagen auf Staatskosten seine auch privatgenutzte Jahreskarte teilweise mitfinanzieren. Dem Gericht ist jedoch bekannt, dass der Ergänzungspfleger beruflich Vormundschaften, Verfahrensbeistandschaften und Ergänzungspflegschaften in Mittelhessen sowie auch im Rhein –Main-Gebiet ausübt und so seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet. Es ist daher glaubhaft und nachvollziehbar, dass die Jahreskarte für berufliche Zwecke angeschafft wurde und daneben nur in sehr geringem Umfang privat genutzt wird.“

Sicherlich lobenswert, aber ob das so richtig ist, lassen wir mal dahin gestellt.

Umweltzone, oder: Parken ohne Plakette

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Urheber Jojo659

Und als letzte Entscheidung dann noch den AG Marburg, Beschl. v. 25.02.2018 – 52 OWi 2/18. In ihm geht es mal wieder um die Frage: Kann ein Kostenbescheid gegen den Halter nach Parken in einer Umweltzone ohne Plakette ergehen? Das AG sagt nein. Das Verkehrszeichen 270.1 gem. § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO bedarf einer restriktiven Auslegung und betreffe nicht (auch) den ruhenden, sondern ausschließlich den fließenden Verkehr:

„Der Kostenbescheid war aufzuheben, weil im vorliegenden Fall schon die Voraussetzungen des § 25a StVG nicht vorliegen. Es ist schon kein Halte- oder Parkverstoß ersichtlich. Der Anhörungsbogen in demselben Ordnungswidrigkeitenverfahren bezog sich auf einen ganz anderen Vorwurf. Dem Betroffenen wurde darin vorgeworfen, trotz eines Verkehrsverbots zur ermeidung schädlicher Luftverunreinigung (Zeichen 270.1, 270.2) mit einem Kraftfahrzeug am Verkehr teilgenommen zu haben. Diese Ordnungswidrigkeit wird jedoch von § 25a StVG nicht erfasst.

Von einem parkenden Fahrzeug werden gerade keine Partikelemissionen freigesetzt, womit das geschützte Rechtsgut — die Reinheit der Luft — nicht beeinträchtigt wird (Sandherr, DAR 2008, 209). Die Vorschrift des Verkehrszeichen 270.1 gem. § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO bedarf einer restriktiven Auslegung und betrifft nicht (auch) den ruhenden, sondern ausschließlich den fließenden Verkehr (Sandherr, DAR 2008, 409f.). Durch Nr. 153 BKat ist das Führen eines Fahrzeugs ohne Plakette bußgeldbewehrt, mithin nicht das Halten oder Parken. Das Verkehrsverbot in Umweltzonen (Z. 270.1) ist daher nicht dem ruhenden Verkehr zuzuordnen (Hentschel, StraßenverkehrsR, § 25a StVG, Rn. 5; Sandherr, DAR 2008, 409f.). Daher sind die Voraussetzungen der Kostentragungspflicht des Halters gem. § 25a I StVG sind nicht gegeben. § 25a Abs. 1 StVG betrifft nur die Fälle von Ermittlungsverfahren, die wegen eines Halt- oder Parkverstoßes geführt werden und ein solcher Verstoß ergibt sich gerade nicht aus der Akte. Zudem wurde der Betroffene bezüglich des angeblichen Halt- bzw. Parkverstoßes zu keiner Zeit angehört.“