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Höhe privater SV-Kosten-Erstattung nach Einstellung, oder: Wenn es billiger nicht geht

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Und als zweite Entscheidung der AG Konstanz, Beschl. v. 22.05.2024 – OWi 52 Js 22028/22. In dem nimmt das AG u.a. zur Höhe der geltend gemachten Kosten Stellung:

„Die Kosten des Privatgutachtens sind vorliegend hingegen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach erstattungsfähig.

Die Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach wurde von der Vertreterin der Staatskasse zugestanden.

Streitig ist die Höhe der Kosten des Gutachtens. Die Vertretein der Staatskasse sieht eine Erstattungsfähigkeit lediglich in den Grenzen des JVEG und beruft sich insoweit auf einen Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 09.05.2023.

In dem zitierten Fall wurde das Gutachten offenbar erst während des gerichtlichen Verfahrens von dem Betroffenen in Auftrag gegeben, ohne dass dem Gericht durch Anträge oder Anregungen Gelegenheit gegeben wurde, durch eigene Aufträge/Ermittlungen kostensparender zu agieren.

Vorliegend liegt der Fall jedoch so, dass das Gutachten bereits vor Übergang in das gerichtliche Verfahren vom Betroffenen in Auftrag gegeben wurde mit der Intention ein gerichtliches Verfahren gerade vermeiden zu können.

Nur wenn die Stundensätze des Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Stundensatz abweichen, bedarf es einer besonderen Darlegung der Notwendigkeit (BGH, Beschluss vom 25.01.2007 – VII ZB 74/06; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 – I – 17 W 64/15).

Nach der Anlage 1 (Ziff. 37) zu § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG beträgt der Stundensatz vorliegend 135,00 EUR, geltend gemacht wurden vorliegend 168,00 E, somit ca. 24 % mehr.

In Anbetracht dessen, dass es dem Betroffenen kaum möglich gewesen wäre, einen Sachverständigen zu finden der bereit gewesen wäre, für den im JVEG vorgesehenen Stundensatz zu arbeiten – der Betroffene hat sogar eine Erklärung des Sachverständigen zu dieser Problematik vorgelegt – erscheinen die in Ansatz gebrachten Kosten nicht unangemessen. Eine „ganz erhebliche Abweichung“ wird nicht gesehen.“

Wichtig in solchen Fällen auf jeden Fall: „der Betroffene hat sogar eine Erklärung des Sachverständigen zu dieser Problematik vorgelegt

Rotlichtzeit: Richtiger Toleranzwert ist entscheidend

Das Urt. des AG Konstanz v. 16.02.2011 – 13 OWi 52 Js 1314/2011-43/11 zeigt anschaulich, welche Bedeutung für den Betroffenen die Anwendung des (richtigen) Toleranzwertes bei der Ermittlung der Rotlichtzeit hat. Es muss das Ziel sein, eine Rotlichtzeit von nicht mehr als 1 Sekunde festzustellen, um nicht in den sog. „fahrverbotsträchtigen“ Bereich der Nr. 132.3 BKat – „länger als eine Sekunde Rotlichtzeit“ zu kommen.

Das AG nimmt dazu zutreffend auf die von ihm angeführte Entscheidung des OLG Braunschweig Bezug, in der die entsprechenden Toleranzwerte, die ggf. abzuziehen sind, vom OLG zusammengefasst worden sind (vgl. dazu auch noch OLG Hamm VRR 2007, 316; und Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 2. Aufl., 2009 [demnächst 3. Aufl., 2011], Rn. 2368 ff.).

Und: Das AG hat in seinem Urteil auf die von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbilder verwiesen. Das ist – nicht nur zur Täteridentifizierung – zulässig. Allerdings ist darauf zu achten, dass dann auch die Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung beachtet werden (vgl. dazu BGHSt 41, 376; eingehend Burhoff/Gübner, a.a.O., Rn. 1748 ff.). Es muss also prozessordnungsgemäß i.S. des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen werden. Das AG hat hier ausgeführt:

Das Lichtbild wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Es wird insoweit Bezug genommen auf AS. 5 (unteres Lichtbild).“

Das wird man als noch ausreichend ansehen können. Zwar reicht die Mitteilung, dass das Lichtbild in Augenschein genommen worden ist, nicht aus. Die weiteren Angaben machen aber noch ausreichend deutlich, dass der Tatrichter als Lichtbild zum Gegenstand der Urteilsurkunde machen will (vgl. dazu Burhoff/Gübner, a.a.O.).