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Mal wieder Besetzungsstreit beim BGH – 2. Strafsenat macht „Ätsch Präsidium“, aber auch ein wenig wie die Echternacher Springprozession

Wir kennen alle die Echternacher Springprozession – zwei Schritt vor, ein Schritt zurück. So mutet mir der zweite Beschluss des 2. Strafsenats des BGH im sog. Besetzungsstreit an, der jetzt auf der Homepage des BGH veröffentlicht worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.02.2012 – 2 StR 346/11).

Über den Beschluss und das Hin und Her beim BGH hatten wir ja auch schon berichtet (vgl. hier). Nachdem der 2. Strafsenat zunächst gesagt hatte: Wir sind nicht richtig besetzt, und setzen aus, heißt es nun: Wir  sind nach wie vor der Auffassung, dass wir nicht richtig besetzt sind, aber wir entscheiden. Wenn man nun die Begründung liest, dann darf man gespannt sein, wie sich Wissenschaft und Rechtsprechung – im Zweifel wird ja sicherlich einer der betroffenen Angeklagten – das BVerfG anrufen – mit der Frage auseinander setzen werden.

Spontan habe ich nur gedacht: Geht das denn? Kann ich als Gericht sagen: Ich bin nicht richtig besetzt, aber im Interesse der Beschleunigung interessiert mich das nicht, ich entscheide. Ich habe da so meine Zweifel. Über die Fragen wird sicherlich demnächst viel zu lesen bekommen.

Im Übrigen: Ein wenig erinnert mich der Beschluss an den Ätsch-Effekt :-). „Ätsch“ gegenüber dem Präsidium, das an seiner Rechtsauffassung festgehalten und sich – das darf man ja nicht übersehen – durchgesetzt hat, ohne seine von der Rechtsauffassung des 2. Strafsenats abweichende Auffassung zu begründen. Sicherlich derzeit beim BGH kein „Frühlingslüftchen“ 🙂

Personalquerelen am BGH – Nun äußert sich PräsBGH Tolksdorf in einem Interview…. Fazit: Die Bösen sind immer die anderen…..

Ein aufmerksamer Leser von“Legal Tribun online“ weist mich gerade darauf hin, dass sich inzwischen auch der Präsident des BGH zu den „Personalquerelen“ am BGH geäußert hat. Wer es nachlesen will, der kann das hier. Sehr schön die Schlusspassage:

Und so dreht sich das Personalkarussell am BGH weiter. Mitte des Jahres geht Ernemann in Ruhestand. Er hoffe, dass bis dahin alles erledigt sei, denn im allgemeinen fänden die Dinge immer irgendwann ein Ende, sagte Tolksdorf und wirkte dabei etwas ratlos.“

Fazit: Man darf gespannt sein, ob das BVerfG, das sicherlich auch mit den Fragen befasst sein wird, das ebenso sieht wie der Präsident des BGH. Der Kollege hat es in seinem Kommentar zudem auch an anderer Stelle auf den Punkt gebracht: Fischer ist/bleibt der Böse.

Und: Keinen Druck ausgeübt… wie kommen dann Teilnehmer der Sitzung zu einer offenbar anderen Einschätzung

 

Das Theater beim BGH geht weiter… Spruchgruppe des 2. Strafsenats entscheidet in der Sache trotz fortbestehender Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung

Das Theater um die Besetzung des 2. Strafsenats des BGH geht weiter (vgl. dazu hier und hier). Gerade kommt eine PM des BGH herein, in der es heißt:

Der 2. Strafsenat hat in einer Strafsache, in der er am 11. Januar 2012 die Hauptverhandlung wegen Bedenken an der Ordnungsgemäßheit seiner Besetzung ausgesetzt hatte, am 8. Februar 2012 erneut verhandelt. Er hat nunmehr in der Sache entschieden und die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision verworfen.

Der Entscheidung ging folgendes voraus: Durch Beschluss vom 11. Januar 2012 hatte der Senat zunächst die Revisionshauptverhandlung ausgesetzt, um die Sache dem Präsidium des Bundesgerichtshofs vorzulegen. Grund war, dass nach Ansicht der zur Entscheidung berufenen Spruchgruppe der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt ist, weil der ihm durch den Jahresgeschäftsverteilungsplan zugewiesene Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann zugleich den Vorsitz im 4. Strafsenat führt (siehe PM 4/12 vom 13.1.2012).

Veranlasst durch diesen Beschluss hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs am 18. Januar 2012 einstimmig beschlossen, dass an dem Beschluss vom 15. Dezember 2011, mit dem VRIBGH Dr. Ernemann der Vorsitz des 2. und zugleich des 4. Strafsenats übertragen worden ist, festgehalten werde.

Die Spruchgruppe des Senats hat es nunmehr – unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung – mit Blick auf das rechtsstaatliche Beschleunigungsgebot sowie das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsschutzgewährung für geboten erachtet, in der Sache zu entscheiden.

Ebenfalls am 8. Februar 2012 hat der 2. Strafsenat in derselben Spruchgruppe Beschlüsse nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO gefasst, mithin Sachentscheidungen getroffen, die nach der Strafprozessordnung nur einstimmig herbeigeführt werden können.

Die Rechtsprechung im 2. Strafsenat ist damit wieder von allen Spruchgruppen aufgenommen worden. „

Aber hallo – da stellt sich doch gleich die Frage, die ich jetzt nicht im Einzelnen geprüft habe: Geht das denn und ist das zulässig? Ich kann doch nicht, wenn ich als Richter Bedenken habe, ob ich zuständig bin oder der Spruchkörper, dem ich angehöre, ordnungsgemäß besetzt ist, Recht sprechen. Jedenfalls hätte ich da ganz gehörige Bauchschmerzen. Die Fragen werden immer interessanter und sicherlich irgendwann vom BVerfG gelöst (hoffentlich).

Man fragt sich natürlich auch: Woher der (plötzliche) Sinneswandel? Und: ist jetzt alles wieder gut? Mag man sich wieder?

Ja, was denn nun: Richtig besetzt oder nicht – Echternacher Springprozession/Divergenz (?) beim BGH

Ich hatte ja gerade über den BGH, Beschl. v. 11.01.2011 – 2 StR 346/11 – berichtet (vgl. hier). Inzwischen bin ich dann auch noch auf den Beschluss des 4. Strafsenats des BGH v. 11.02.2011 – 4 StR 523/11 gestoßen (worden), in dem der 4. Strafsenat davon ausgeht, dass er ordnungsgemäß besetzt ist. Eine Divergenz zum 2. Strafsenat sieht er nicht, denn:

Ein Fall der Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 – 2 StR 346/11 – liegt nicht vor, weil der 2. Strafsenat in einem späteren Urteil vom gleichen Tag – 2 StR 482/11 – diese Rechtsprechung aufgegeben hat.

Was man sich fragt: Welches ist denn nun die ältere Entscheidung und führt man beim BGH so genau Buch? Alle drei Entscheidungen sind an einem Tag ergangen. Und was ist ggf. mit § 132 Abs. 4 GVG?

Eins ist aber sicher: An den Entscheidungen 2 StR 364/11 und 4 StR 523/11 hat jeweils RiBGH Ernemann als Vorsitzender teilgenommen – 2 StR 482/11 ist noch nicht veröffentlicht. Auch nicht schön eine solches Hin und Her (wie war das noch mit der Echternacher Springprozession .-):

2. Strafsenat des BGH nicht ordnungsgemäß besetzt – Volltext veröffentlicht

Es ist ja schon an verschiedenen Stellen in den Blogs über den Streit beim BGH über die Besetzung der Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenat berichtet worden. Hierzu hat sich dann auch der 2. Strafsenat selbst zu Wort gemeldet; auch darüber ist bereits berichtet.

Heute ist auf der Homepage des BGH der Beschl. v. 11.01.2012 – 2 StR 346/11 veröffentlicht, in dem der Senat festgestellt hat, dass der Senat derzeit nicht ordnungsgemäß besetzt ist. Und weiter:

Die Feststellung der Unvereinbarkeit der Geschäftsverteilungsregelung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, die nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zwingt, hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Sie führt zur Aussetzung der Revisionshauptverhandlung, um dem Präsidium Gelegenheit zu geben, eine mit der Verfassung in Einklang stehende Regelung herbeizuführen.

Na, dann auf in die nächste Runde. Die wird sich schon allein auch deshalb anschließen, weil RiBGH Dr. Fischer eine neue Beurteilung erhalten hat.