Im Rahmen der Notwehr (§ 32 StGB) ist auch der Einsatz lebensgefährlicher Verteidigungsmittel zulässig, so OLG Koblenz, Beschl. v. 17.01.2011 – 2 Ss 234/10.
Nach dieser Entscheidung des OLG darf sich der Angegriffene grundsätzlich des Abwehrmittels bedienen, welches er zur Hand hat und das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten lässt. Dabei sei auch der Einsatz lebensgefährlicher Mittel erlaubt, wenn weniger gefährliche Mittel nicht zur Verfügung stehen oder deren Verteidigungswirkung zweifelhaft sei. Sei der Angreifer unbewaffnet und ihm die Bewaffnung des Angegriffenen unbekannt, so sei aber nach der Auseinandersetzungslage zu verlangen, dass er den Einsatz der Waffe androhe, ehe er sie lebensgefährlich oder gar gezielt tödlich einsetzt.
Eine sehr lebensnahe Auslegung.
Ich will den Richter sehen, der sich drei Schlägertypen gegenübersieht und sie erst einmal ausführlich darüber belehrt, dass
a.) er überraschend zu dem herumliegenden Pflasterstein greifen könnte, um sich zu verteidigen,
b.) es dabei zu erheblichen Verletzungen der Schlägertypen kommen könnte und
c.) die Schlägertypen es bitte zu unterlassen haben, den herumliegenden Pflasterstein zu entfernen, bevor er dazu greifen, ihn sogar niederzuschlagen, bevor er den überraschenden Griff ausführen könne, oder sogar selbst dann doch zu gefährlichen Waffen zu greifen, um die Gefährlichkeit des Steines zu übertreffen.
Wieso hat der Angreifer ein Recht auf Warnung? Da er sich als Aggressor aufspielt, muss er mit den Folgen leben, falls er sich ein zu gefährliches Opfer gesucht hat. Es kann nicht Aufgabe des Opfers sein, den Aggressor vor vielleicht nicht erkannten möglichen Folgen seiner Tat zu bewahren, zumal er sich damit des Überraschungsmoments und so eines bedeutenden Teils seiner Verteidigungsmöglichkeit beraubt.
Irgendwie ruft das die Erinnerung an die Strafrechtsdozenten meines Studiums hervor, die, von akademischem Geist beseelt, ganz hervorragend an Normen und Theorien zu argumentieren vermochten, aber die überwiegende Mehrzahl der von ihnen beleuchteten Verhaltensweisen, Probleme und Gegenstände bestenfalls aus der Kommentarliteratur kannten. Die erzielten Ergebnisse sind dann leider auch nur akademisch. Schade, wenn auf dieser Grundlage dann echte Menschen dann echte Strafen zu ertragen haben.
Wie der Jurist so schön sagt, es kommt ganz darauf an, ich würde sagen, je nach Sachverhalt Es wird ja in der Erforderlichkeit im engeren Sinne geprüft. Wenn jemand mit einem Messer auf dich zurennt, und du ihn warnen musst, bevor du ihn erschießt…das wird wohl niemand machen, da der Angreifer so schnell da ist, dass sich das wohl mit Notwehr dann erledigt hätte…
Also, es kommt, wie immer, ganz auf den Sachverhalt an…
So die Theorie.
Anwälte zeigen sich gegenseitig an. Kein Gewinn für den Berufsstand. Die Pressemitteilung des Anwaltes geht geschmeidig am Kern vorbei. Wenn es die Anwaltschaft nicht schnell geregelt bekommt, in ihren eigenen Reihen gründlich aufzuräumen, läuft der Berufsstand in eine noch tiefere Krise.
@ Bert Grönheim: Sie Sinnhaftigkeit dieses Kommentars erschließt sich mir nicht.
Es stellt sich mir die Frage, wann denn die „Waffe“ lebensgefährlich ist. Bei Schußwaffen und Messern dürfte dies eindeutig sein. Vom Waffenbegriff des StGB ausgehend, kann der Verteidiger aber auch mit jedem Kieselstein, einem Bleistift, einem Teller einen (Un-)Glückstreffer landen, je nachdem, wo er trifft bzw., wo sich die Schlag- oder Schnittwirkung entfaltet.
Weitergedacht führt uns das zur Frage, ob jeder Gegenstand in der Hand eines „Profis“, also jemandem, der sich mit der jeweiligen Trefferwirkung auskennt, zur lebensgefährlichen Waffe wird. Ein Umstand, der wohl kaum objektivierbar und nur schwer zu ermitteln wäre.
Die mir hier vorliegende Kommentatur behandelt die Frage stiefmütterlich bis gar nicht. Vielleicht weiß hier jemand mehr? Viele Grüße!