Auf nach Augsburg – zum Prozess gegen RA Lucas – wer fährt mit?

Morgen beginnt in Augsburg erneut das Verfahren gegen den Kollegen Lucas aus Augsburg, das seinen Ausgang in der Entscheidung des BGH in 1 StR 104/08 genommen hat. Der Kollege ist dort wegen Strafvereitelung angeklagt. Es ist der zweite Anlauf, nachdem die erste Hauptverhandlung ausgesetzt werden musste.

Für diejenigen, die nicht wissen, worum es geht, hier eine Zusammenfassung aus einer Mail der Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Prozess gegen RA Stephan Lucas soll nun am 13.o1.2011 vor dem LG Augsburg (3.Strafkammer) beginnen und am 21.01. und 4.02.11 jeweils um 9:oo fortgesetzt werden. Öffentlichkeit – gerade auch von KollegInnen – ist erwünscht.
Ich teile diesen Termin mit, weil sich nach den Veröffentlichungen in der Zeitung und den anschliessenden Diskussionen viele KollegInnen gemeldet haben, die sich über die Anklage empörten und zum Prozess kommen wollten.

Dieser war ursprünglich schon für einen Termin vor einem Jahr geplant. Nach einer Schutzschrift der Verteidigung 2009 wurde dann erstmals (!) begonnen, Zeugen zu vernehmen. Weitere Verzögerungen ergaben sich daraus, dass sich immer wieder vorgesehene (Ersatz)-Richter wegen eigener Befangenheit selbst ablehnten, was angesichts der geringen Grösse des Augsburger Landgerichts und der gegebenen persönlichen Nähe der dortigen Richter zu den beiden Richterkollegen als einzigen Belastungszeugen nicht verwundert.

Zur Erinnerung: worum geht es? RA Lucas wird der (vollendeten) Strafvereitelung angeklagt. Sein behauptetes Vergehen besteht darin, dass er 2007 in einer Revisionsschrift vortrug, es habe am Beginn eines BtmG-Prozesses ein Deal-Angebot der Berufsrichter für den Fall eines Geständnisses seines Mandanten  gegeben, das er nach Rücksprache mit dem Mandanten abgelehnt habe. Wegen der dann ausgesprochenen Strafhöhe nach einer Verfahrensdauer von einem Jahr rügte er einen Verstoss gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens („Sanktionsschere“). Die Richter bestritten, dass es ein solches Angebot gegeben habe. Der 1.Senat des BGH (Nack-Senat) wies nicht nur die Revision ab, was in solchen Fällen üblich ist, sondern hielt es für richtig, in einem Zusatz darauf hinzuweisen, er sei befremdet darüber „mit unwahrem Vorbringen konfrontiert zu werden“.

Damit unterstellte er ohne eigene Kenntnis , Lucas habe gelogen und die Richter hätten (natürlich) die Wahrheit gesagt und gab das Stichwort für die wenige Tage später erfolgte Aufnahme der Ermittlungen gegen RA Lucas.

Eine Besonderheit des Verfahrens ist, dass die StA sich nicht genierte, RA Lucas genau vor der Strafkammer anzuklagen, vor der er seinerzeit verteidigte, was eine Flut von Ablehnungen und Selbstablehnungen der Richter zur Folge hatte. Das OLG zwang die (Ersatz)-Strafkammer, die ursprünglich wegen der von der Verteidigung gerügten örtlichen Unzuständigkeit nicht in Augsburg verhandeln wollte, nun doch die Verhandlung durchzuführen.

Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung für das Verhältnis Richter – Verteidiger. Wenn jeder Verteidiger besorgen muss, wegen Strafvereitelung angeklagt zu werden, wenn er eine Wahrnehmung vorträgt (etwa im Rahmen eines Befangenheitsantrags), dem der betroffene Richter widerspricht, ist Feuer auf dem Dach des deutschen Strafprozesses.“

In der Tat: Das wäre wirklich ein Feuer.

Ich werde hier weiter berichten.

38 Gedanken zu „Auf nach Augsburg – zum Prozess gegen RA Lucas – wer fährt mit?

  1. RA Helling

    Augsburg ist etwas weit weg. Ich drücke aber aus der Ferne die Daumen. Die Vorgänge um dieses Verfahren haben auch mich von Anfang an empört. Aber vielleicht sollte man auch hier mal mit den Richtern über eine „Verständigung“ sprechen 😉

  2. Ulrich

    Wichtig ist schon wegen der grundsätzlichen Bedeutung, dass der Kollege hier mit einem Freispruch herauskommt. Und anschließend ist es aber genauso wichtig, gegen die offensichtlich lügenden Richter mit aller Konsequenz vorzugehen. Kopf hoch und nicht die Hände!

  3. meine5cent

    In mehreren Punkten scheint mir dieser Aufruf wohl trotz seiner Herkunft von einer Strafverteidigervereinigung (von der man es erwarten können sollte) etwas wenig von Sachkunde geprägt bzw. verkürzt und verzerrend:

    – Die Staatsanwaltschaft hat ja wohl nicht „genau vor der Strafkammer“ angeklagt, sondern zum Landgericht. Und dort regelt der Geschäftsverteilungsplan, welche Kammer zuständig ist.. Und wenn es blöderweise die Ausgangskammer (in der gleichen Besetzung) wurde, greifen eben die dafür vorgesehenen Regelungen der § 22 ff. StPo und die nach Geschäftsverteilung geltende Vertretungsregelung.

    – Der Tatvorwurf und die Anklageerhebung dürften sich (ich spekuliere), wie sich aus der verlinkten BGH-Entscheidung ergibt, aus der Revisionsbegründungsschrift und den dienstlichen Stellungnahmen aus den Akten ergeben bzw. hierauf stützen. Daher erscheint das Ausrufezeichen hinter der Bemerkung, dass erst nach einer „Schutzschrift“ (hüstel: im Ermittlungs- /Strafverfahren???) Zeugen (welche, wozu?) vernommen wurden, nicht zwingend auf eine schreckliche Ermittlungspanne hinzuweisen.

    – Lucas hatte ausweislich der Revisionsentscheidung auf die dienstlichen Stellungnahmen der Richter, die das Deal-Angebot (recht substantiiert übrigens) bestritten, nicht mehr erwidert.

    – Vorwurf ist übrigens nicht wie im letzten Satz suggeriert, eine „unterschiedliche Wahrnehmung“, sondern ein (angeblich) bewusst unwahrer Revisionsvortrag.

    Herrn Lucas bleibt ja wenigstens seine Nebentätigkeit bei SAT1.

  4. Schneider

    Was zählt die Aussage eines Angeklagten gegen die von mehreren Berufsrichtern. Ist dann klar, das der Anwalt seine Behauptung frei erfunden hat, vielleicht leidet er ja auch an einer Geistesstörung mit Halluzinationen. Der Disziplinierungseffekt wird jedenfalls mit solchen Ermittlungen erreicht, auch wenn nix dabei raus kommt.

  5. Dr. Nozar

    Theorie und Praxis. Bitte halten Sie uns auf dem Laufenden. Ich werde dann die Konsequenz für mich herbeiführen und die Rechtsgespräche nur noch cora publicum und nicht mehr im „Verborgenen / Hinterzimmer“ durchzuführen.

  6. Detlef Burhoff Beitragsautor

    @meine5cent::
    zu 1): Stimmt, insoweit verkürzt. Allerdings hat die zuständige StK, bei der das Ursprungsverfahren ja auch anhängig war, wohl länger gebraucht, bis sie bemerkt hat, dass zumindest Teile befangen sein könnten. Ich verstehe auch nicht, warum die GsTA nicht von § 145 GVG Gebraucht gemacht hat.
    zu 2) Wir kennen die Akten alle nicht (Gott sei Dank :-), allerdings, welches Probelm besteht hinsichtliche einer „Schutzschrift“? Für mich ist das „Besondere“ der letzte Satz der BGh-Entscheidung, denn m.E. stand zumindest Aussage gegen Aussage.
    zu 3) Warum RA Lucas nicht erwidert hat, verstehe ich auch nicht.
    zu 4). Ob ihm SAT 1 reicht, entzieht sich meiner Kenntnis 🙂

  7. meine5cent

    p.s.. Habe mir gerade die Homepage der Aufrufverfasser angesehen. Wenn unter „Entgleisungen der Justizwelt“ gerade mal drei pdfs eingestellt sind, von denen zwei belegen, dass nicht die Justiz entgleist ist, sondern man sich vor dem Bundesverfassungsgericht eine blutige Nase geholt hat und zudem die Entscheidungen so rudimentär schwärzt, dass mühelos der Name von Mandant und Rechtsanwalt lesbar ist (den OLG-Vorsitzenden aus Düsseldorf kennt ohnehin jeder, das Schwärzen hätte sich daher erübrigt), spricht das nicht unbedingt für besondere Qualität. Aber es muss jeder selbst wissen, wie er sich mit seinem Internet-Auftritt blamieren will.

  8. RA Glaser

    Augsburg ist leider auch für mich etwas weit, außerdem muss ich morgen selbst kämpfen, aber selbstverständlich hoffe ich auf ein gutes Ende. Allea andere wäre auch ein Schlag ins Gesicht jedes engagierten Verteidigers. Spannend wäre in diesem Zusammenhang dann aber die Beantwortung der Frage, wem zu glauben wäre, wenn entgegengesetzte Aussagen eines Richters und eines Polizeibeamten vorliegen. Wer sticht dann wen aus? Und wenn der Richter gewinnt, heißt das etwa, dass es doch lügende Polizeibeamte gibt? Kann ich gar nicht glauben.

  9. meine5cent

    @Burhoff: Das mit § 145 GVG verstehe ich auch nicht. Aber das hätte nur begrenzt geholfen. Am gesetzlichen Richter ändert sich durch eine 145-Anordnung ja nichts. Gut, man hätte bei entsprechendem Wohnsitz (Kanzleisitz ist wohl München) auch nach § 8 StPO zum Wohnsitzgericht anklagen können statt ans §7er-Gericht. Wäre wohl optisch etwas sauberer gewesen und hätte nicht zu Mehrarbeit aufgrund einer Selbstablehnungskette geführt.
    Aber da geht es offenbar nicht nur Rechtsanwälten so; hier wurde auch ein Amtsrichter von „seiner“ StA angeklagt und seinem LG verurteilt:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31759247.html

    Den Begriff Schutzschrift fand ich in einem strafprozessualen Zusammenhang etwas eigenartig, hatte ich eher dem zivilrechtlichen einstweiligen Verfügungs/Arrestverfahren zugeordnet.

  10. Detlef Burhoff

    „Schutzschrift“ – der Begriff wird auch im Strafverfahren von namhaften 🙂 Autoren verwendet; schauen Sie mal in Burhoff,Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., Rn. 1479 ff. 🙂 🙂

  11. Splendor

    Wenn man der Logik der StA folgte, müsste auch (fast) jeder Staatsanwalt, der auf seine Anklage einen Freispruch kassiert, oder jeder Strafrichter dessen Verurteilung aufgehoben wird, anschliessend wegen Verfolgung Unschuldiger angeklagt werden.

  12. meine5cent

    @Splendor:
    Knapp daneben. Für eine Anklage braucht man nur einen hinreichenden Tatverdacht (Verurteilungswahrscheinlichkeit), für eine Verurteilung die volle richterliche Überzeugung. Deshalb ist ein Freispruch kein Beleg für eine Verfolgung Unschuldiger, weil die Beweismaße unterschiedlich sind. Ebenso wenig ist eine aufgehobene Verurteilung ein Beleg hierfür, da der Grund für die Aufhebung nicht unbedingt die erwiesene Unschuld ist. Und außerdem stellt sich in allen Fällen die Vorsatzfrage (wenn z.B. der Angeklagte bislang unbekannte Entlastungszeugen erstmalig in der HV präsentiert).
    Ebensowenig wie 50 % aller Prozessparteien im Zivilrecht sich nicht deshalb wegen Prozessbetruges strafbar machen, weil ihnen eine Klage abgewiesen wurde oder weil sie trotz Bestreitens einer Forderung zur Zahlung verurteilt werden. (und deren Anwälte auch nicht wegen Beihilfe zum Prozessbetrug).

  13. Pingback: Rechtsanwalt Achim Flauaus » Prozeßbeginn Stephan Lucas

  14. Ulrich Dost

    In Erweiterung zur Kollegin Jakobs oben: Der Beitrag von 5cent istzudem nicht mal 5 Cent wert. Das kommt eben dabei heraus, wenn Geldstücke meinen, sich einbringen zu müssen. Und das noch bei hoher Währunsinstabilität in Folge der Finanzkrise. Klingt wie eine Belehrung eines Unterstufenlehrers, der den Kinderchen erklärt, dass sie noch lange nicht erwachsen sind, nur weil sie schon mit Messer und Gabel essen.

  15. Heidrun Jakobs

    Eine Bitte an die Kollegen Strafverteidiger: Kann man jemand erklären, wie so was wie im Fall Lucas möglich ist in Deutschland? Und wieso Strafvereiteltung? Und warum vollendet? Und was ist mit den Richtern? Gibt es da auch ein Ermittlungsverfahren? Und was ist mit dem 1. Senat? Wurde da eine Stellungnahme eingefordert? Vom BGH könnte man mit guter Begründung etwas mehr Gewissenhaftigkeit einfordern beim Abfassen der Entscheidungen.

    Mich gruselt davor, wie der Rechtsstaat hier mit Füßen getreten wird. Ich an Lucas Stelle würde jeden Morgen mit einem Riesentransparent am Gericht stehen. Komisch, dass da nicht mehr Gegenwehr kommt?

  16. meine5cent

    Ich danke Frau Jakobs und Herrn Dost dafür, dass sie so qualifiziert an der Diskussion teilnehmen, sich mit Argumenten einbringen und auf Sachargumente eingehen, statt sich über einen nick zu echauffieren und an dem blogthema vorbeizuschreiben. Insbesondere freue ich mich über das „Aufblasen“.
    Aber Frau Jakobs: ich bleibe pseudonym (nicht anonym, Unterschied bitte googeln). Jedenfalls wäre es mir peinlich, als niedergelassene Anwältin und Volljuristin mit verlinkter Homepage solche Fragen zu veröffentlichen, die sich teils durch einen Blick in einen Standardkommentar („wieso Strafvereitelung“) klären lassen bzw. durch eine Subsumtion des Verhaltens der Richter unter etwaige Straftatbestände, denen man auch schon mal beim großen Strafrechtsschein begegnet.
    Guten Abend.

  17. Ulrich Dost

    Nichts zu danken, Liebe Frau 5cent oder Herr 5cent oder welchen Geschlechts Sie nun auch immer sein mögen. Ihre Kritik, nicht auf Sachargumente einzugehen, nehme ich an. Nur wie soll ich das tun, wenn Sie statt solcher allgemeine Plattitüden bringen und wie ein überalterter Strafrechtsprofessor scheinbar aus einem Standartkommentar belehrend-dozierend auf uns völlig unerfahrenen Strafverteidigeranwärter eindreschen?

  18. Schneider

    So ein Blog wäre doch langweilig, wenn alle die gleichen Meinungen hätten und wenn nicht mal auch provozierende Positionen gepostet werden dürften. Allerdings sollte die Blogger bloße Beleidigungen unterlassen.

  19. Detlef Burhoff

    Hallo, auch mir wäre es lieb, wenn eine möglichst sachliche Diskussion stattfinden würde, sie scheint mir ein wenig zu entgleiten. Ich räume der Kollegin .Jakobs ein: Auch ich diskutiere lieber mit einem Gegenüber, den ich kenne. Mit offenem Visier kämpft es sich m.E. immer besser. Aber die Diskussion haben wir ja auch schon mehrfach geführt. Und ich will mir gar nicht erst wieder den Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung einfangen, dass es zu Art. 5 GG gehört, sich im Internet auch „Namenlos“ bewegen zu dürfen. Nur: Man muss ja nicht alles tun, was erlaubt ist.

    Die Sache ist m.E. auch viel zu ernst, um sich auf „Nebenkriegsschauplätzen“ zu verzetteln. Ich bin gespannt, was heute geschieht und ob überhaupt etwas geschieht. Ich werde berichten.

  20. Alan Shore

    Trotz der Rechtsprechung des BGH zu Verfahrensabsprachen, die seit einiger Zeit auch gesetzlich normiert ist, holen sich die Beteiligten immer wieder eine „blutige Nase“, weil Streit darüber entsteht, wer was gesagt hat und wie es gemeint war, was schlimmstensfalls ein Strafverfahren für den Verteidiger nach sich ziehen kann (nicht hingegen für Richter und Staatsanwälte, die äußern sich schließlich dienstlich, der Verteidiger nur privat).

    Nachdem vor fünf Jahren ein „geplatzter Deal“ einen Mandanten fast in das Gefängnis gebracht hätte – die Revision war glücklicherweise erfolgreich und führte am Ende nur zu einer Geldstrafe -, beteilige ich mich grundsätzlich nicht mehr an Verfahrensabsprachen und teile das auch dem Mandanten vorher mit. Wenn er so etwas möchte, darf er sich einen anderen Verteidiger suchen. Abgesehen von den rechtsstaatlichen Bedenken gegen einen „Deal“, ist mir die Sache sowohl für mich als auch für den Mandanten zu heikel. Im übrigen habe ich ein großes Problem damit, daß im Falle von „Aussagen gegen Aussage“ (Richter gegen Verteidiger) in fast allen Fällen immer dem Richter geglaubt wird. Das sagt einiges darüber aus, was Richter von sich selbst und von Anwälten halten.

  21. Pingback: Gefahren bei ordnungsgemäßer Ausübung der Strafverteidigung | Bella & Ratzka Rechtsanwälte

  22. Schneider

    Ich halte alle Juristen für eine wenig glaubwürdige Berufsgruppe, egal ob Richter oder Rechtsanwalt. Es werden auch unbeliebte Staatsanwälte und Richter verfolgt. In Sachsen soll eine Staatsanwältin einsam und alleine im sogenannten Sachsensumpf Unschuldige verfolgt haben, sie sagt aus, sie musste immer nach oben berichten, bis das nicht mehr politisch opportun war. Das soll gelogen sein. Persönlich würde ich ihr glauben. Ein anderer Richter soll sich mit Depressionen aus dem Dienst verabschiedet haben, nachdem die StA ihn mit Verfahren überzogen hatte, bei denen nichts raus kam.
    In Sachsen-Anhalt wurde ein Richter wegen Rechtsbeugung angeklagt, bei dem sowohl Landgericht als auch BGH entscheiden haben, es lege noch nicht einmal eine unrichtige Entscheidung vor. Jetzt wird in Sachsen ein Richter wegen Strafvereitelung verfolgt, der eine Anklage nicht zugelassen hat. Das BVerfG hat eine Einstellung des Verfahrens gegen einen Richter aufgehoben, der er im Prozess gegen Nazis einen Fehler gemacht hat. Das rechtliche Gehör des Anzeigenden, es ging nicht um die Sache selbst, sei verletzt worden. Wenn Bauern enteignet, in Deutschland geborene Ausländer abgeschoben, Patientenakten beschlagnahmt werden, dann ist das wie 95 % aller Beschwerden unwichtig, einen Fehler bei einem Verfahren gegen einen Richter aber nicht.

  23. meine5cent

    Sorry, Herr Burhoff, aber das muss noch sein :
    Habe gerade nach rechtsanwalt lucas augsburg gegoogelt.
    Die Email, die Herr Burhoff eingangs erwähnt, ist als pdf in der Trefferliste:
    http://www.strafverteidiger-bayern.de/projekt01/media/pdf/Prozess-gegen-RA-Stephan-Lucas.pdf

    Sehr schön daran ist, dass auf S. 2 der im Netz frei abrufbaren pdf noch der Hinweis steht, es handele sich um eine vertrauliche Email, nur für den Empfänger bestimmt, man dürfe sie nicht weitergeben u.a. Hat Herr Assange jetzt schon whistleblower bei der bayerischen Strafverteidigervereinigung?

  24. Dany Crane

    Ich drücke dem Kollegen Lucas die Daumen und wünsche Ihm viel Kraft und Durchhaltevermögen während der GRAUSAMEN Verhandlung. Ich habe Lucas vor gericht erlebt und weiß, dass er seine Mandanten niemals im Stich lassen würde. Bin bei jeder Verhandlung dabei.

  25. cledrera

    Eines der üblichen, unsäglichen Verfahren, für welche gilt:
    Ein Strafprozeß ist wie Krieg. StPO und StGB sind die Genfer Konvention und die fliegt als erstes über Bord. Die Kunst liegt darin, genau das zu verhindern.

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  28. Hartmut Wächtler

    Ich bin einer der Verteidiger des Kollegen Lucas und natülich Partei. Ich will deshalb nur in einem Punkt etwas klarstellen:
    Es ist ein Irrtum des 1.Strafsenats des BGH gewesen, wenn er schreibt, Lucas habe den anders lautenden Darstellungen der beiden Augsburger Richter nicht widersprochen. Die Gegenerklärung des Generalbundesanwalts, in dem dieser zur Revision von Lucas Stellung nahm, ging laut Akte am 31.3.08 ein, am 11.4.08 erwiderte Lucas ausführlich und bekräftigte ausdrücklich seine vorherige Rüge, die ihm jetzt das Strafverfahren eingebracht hat. Am 15.4.08 fasste der 1.Strafsenat seinen die Revision ablehnenden Beschluss mit der für Lucas diskriminierenden Zusatzbemerkung, er habe nicht widersprochen und den Senat mit der Unwahrheit bedient. Dies löste das Strafverfahren und die Beschwerde des LG-Präsidenten aus.
    Wir haben uns natürlich auch gefragt, wieso es zu diesem offenkundigen und folgenreichen Fehler des Strafsenats gekommen ist. Möglicherweise hat man dort nicht mehr im Akt nachgelesen, obwohl dies angezeigt gewesen wäre, denn die 14tägige
    Erwiderungsfrist war am 12.4. 08 (Eingang der Erwiderung Lucas laut Akte beim BGH) noch nicht abgelaufen.
    Jedenfalls hat sich auch die Augsburger StA nicht mehr die Mühe gemacht, die Akten genauer zu lesen, in ihrer Anklage heisst es, Lucas habe „nicht reagiert“, was ebenfalls schlicht falsch ist.
    So hat möglicherweise ein Irrtum das ganze Verfahren ausgelöst, vielleicht deshalb,
    weil er „passte“.
    Man wird sehen, wie es weiter läuft.
    RA Hartmut Wächtler, München

  29. Alan Shore

    Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der gegen Herrn Lucas gerichteten Vorwürfe ist der Irrtum des 1. Strafsenats zum Fremdschämen peinlich.

    Dieser Senat wird wohl nie wieder einem Angeklagten die Berufung auf einen nur fahrlässigen Irrtum verwehren können, ohne immer wieder auf seinen eigenen Fehler hingewiesen zu werden. Es geht den Menschen wie den Leut‘.

  30. Ein interessierter Prozessbeobachter

    Woher wissen Sie eigentlich, dass die beiden Richter „recht substantiiert“ das Deal-Angebot bestritten haben?

  31. meine5cent

    Lesen Sie in der von Herrn Burhoff verlinkten BGH-Entscheidung nach, dort steht es. ME ist selbst die in der BGH-Entscheidung wiedergegebene Darstellung zu Anlass und Hergang der Besprechung recht substantiiert und nicht lediglich ein „stimmt nicht“.

  32. Pingback: Der Fall Lucas, der zu einem Fall Junggeburth wurde « De legibus-Blog

  33. Rechtsmeister

    Nein, den informellen Deal gibt es nicht!

    Wer dealt, sündigt nicht Unter Druck: Die Praxis wird sich um die Karlsruher Entscheidung kaum scheren / Von Helene Bubrowski, Frankfurter Allgemeine Zeitung
    http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/FAZ/20130316/0/fd2201303163822897dok1.html

    Der ehemalige Stuttgarter Oberstaatsanwalt Werner Schmidt-Hieber über den Deal vor Gericht „Handel mit Gerechtigkeit“ in DER SPIEGEL 1993, Seite 78:
    „Ein Lehrer, der heute mit seiner Schulklasse das Gericht besucht, darf sich nicht mit einem einzigen Strafprozeß begnügen: Er wird seinen Schülern zeigen müssen, daß die kaltblütige Pedanterie des Strafverfahrens nur den Armen und Schwachen gilt.
    Je höher der soziale Status eines Angeklagten, desto menschlicher wird die Justiz. …
    Heute aber hat die Entscheidung des Richters und des Staatsanwaltes für oder gegen den Handel nur den eigenen Nutzen im Auge: Wie bekomme ich mein Verfahren am schnellsten und bequemsten vom Tisch?
    Dieser unverhohlene Opportunismus einer überlasteten Justiz schafft ein Zweiklassen-Strafrecht, eine kaum faßbare Bevorzugung des Wohlstandskriminellen.
    Kaum eine Chance hat der Kleinkriminelle: er ist den Förmlichkeiten der Justiz bis zur Komik unterworfen. Er darf nur nach Aufforderung aufstehen, sich hinsetzen, reden – und wird beliebig unterbrochen.“

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