Strafe I: Vage Versprechungen sind kein TOA-Ausgleich, oder: Keine Schadenswiedergutmachung

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Heute stelle ich drei Entscheidungen zur Strafzumessung vor, zwei befassen sich mit dem Täter-Opfer-Ausgleich.

Ich beginne mit dem BGH, Urt. v. 19.06.2024 – 2 StR 479/23. In der geht es u.a. auch um den TOA (§ 46a StGB) Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und gewerbs- und bandenmäßigem Betrug verurteilt. Dagegen die Revision der StA, die u.a. hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg hatte:

„2. Die Überprüfung des Strafausspruchs ergibt – auch eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2024 – 2 StR 238/23, Rn. 11 mwN) – im Fall II. 1. b) der Urteilsgründe einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler.

a) Das Landgericht ist zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass im Fall II.1.b) der Urteilsgründe aufgrund eines durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleichs der nach § 49 StGB gemilderte Strafrahmen der § 260a Abs. 1, § 263 Abs. 5, § 267 Abs. 4 StGB eröffnet sei. Die insoweit gemäß § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommene Strafrahmenverschiebung erweist sich als rechtsfehlerhaft, da weder die Annahme eines Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46a Nr. 1 StGB noch einer Schadenswiedergutmachung nach § 46a Nr. 2 StGB von den Urteilsgründen getragen wird.

aa) Die Zahlung von lediglich 4.000 Euro und damit weniger als einem Drittel des bei der Geschädigten entstandenen materiellen Schadens von 13.000 Euro stellt schon keine überwiegende Schadenswiedergutmachung dar. Zusagen, den Schaden (später) vollständig wiedergutmachen zu wollen, genügen in diesem Zusammenhang nicht (BGH, Urteil vom 20. Juli 2022 – 2 StR 34/22, Rn. 21; Beschluss vom 19. Oktober 1999 – 1 StR 515/99, BGHR StGB § 46a Wiedergutmachung 3 mwN). Mit Blick auf die festgestellten Einkommensverhältnisse des erwerbslosen Angeklagten kann die angebotene Ratenzahlung auch lediglich als vage Versprechung für eine ferne Zukunft angesehen werden. Dies stellt jedoch keine tragfähige Grundlage für eine Strafrahmenmilderung nach § 46a StGB dar (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – 1 StR 359/10, Rn. 16). Die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses durch den Angeklagten oder der Abschluss eines zivilrechtlichen Vergleiches zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten ist gerade nicht erfolgt. Auch hätte das Landgericht in einem solchen Fall Feststellungen zu der Frage treffen müssen, wie wahrscheinlich die ratenweise Zahlung der vereinbarten Wiedergutmachungsleistung durch den Angeklagten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, Rn. 14).

bb) Weitergehende Ausgleichsbemühungen hat das Landgericht nicht festgestellt, auch nicht solche gegenüber den durch die Tat ebenfalls geschädigten Eheleuten S. Dies wäre aber Voraussetzung für einen Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a StGB. Denn es reicht nicht aus, dass ein Ausgleich nur in Bezug auf einen von mehreren Geschädigten gegeben ist. Sind durch eine Straftat Rechtsgüter mehrerer Personen verletzt, muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Variante des § 46a StGB erfüllt sein (BGH, Urteile vom 7. Februar 2018 – 5 StR 535/17, Rn. 6, und vom 22. Mai 2019 – 2 StR 203/18, Rn. 19). Ist ein solcher Ausgleich nicht erfolgt, kommt eine Strafrahmenmilderung nach §§ 46a, 49 StGB nicht in Betracht.

b) Der vorgenannte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung der verhängten Einzelstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafe ohne die erfolgte Milderung des Strafrahmens nach §§ 46a, 49 StGB höher ausgefallen wäre.“

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