Am Freitag hatte ich die Diskussion über: Ich habe da mal eine Frage: Kann man die Ladezeit für ein E-Auto als Reisezeit abrechnen? eröffnet. Zu der Frage hatte es im Rechtspflegerforum ganz interessante Antworten mit Lösungsansätzen gegeben, die ich hier dann mal einstelle:
Antwortender 1:
Nur eine private, nämlich dass es stark vom jeweiligen Fahrzeug und der Ladeinfrastruktur abhängt, wie gut und effizient Ladestopps planbar sind.
Manchmal lassen sie sich nicht vermeiden. Insofern man einen Stopp an der Tankstelle als von der Reisezeit umfasst ansieht, wird man einen Ladestopp nicht anders behandeln dürfen, auch wenn er länger dauert.
Antwortender 2
Wie lang ist die Fahrtstrecke? Wenn der RA mit einer Ladung hin und zurück fahren kann, dann nicht. Wenn die Strecke so lang ist, dass eine Ladung nicht ausreicht, würde ich die Kosten geben.
Antwortender 3
Die Strecke sind hin- und zurück rd. 200 Kilometer. Er hat auf dem Rückweg nach ungefähr 1/3 der Strecke aufgeladen. Laut ADAC-Reichweitentest schwankt die Reichweite je nach Modell zwischen 600 und 150 Kilometern. Man könnte natürlich argumentieren, dass er während des Termins aufladen konnte. Genaugenommen müsste man dann ermitteln, wo die nächste Ladesäule steht, ob die verfügbar war und wie viel Zeit für den Weg von der Ladesäule zum Gericht erforderlich war.
Meine Überlegungen setzten aber früher an. Wenn z.B. ein Motorschaden zufällig auf der Fahrt zum Gericht auftritt, würde man das nicht anerkennen, weil sowas zum allgemeinen Lebensrisiko gehört . Ich habe deshalb überlegt, ob das Tanken/ Aufladen auch in die Kategorie „Inbetriebhalten“ fällt. Die Frage ist m.W. für Verbrennerautos auch noch nicht ausdrücklich entschieden. Kam auf die 10 Minuten wahrscheinlich auch nicht an. Aber während ich hier so schrieb, fiel mir der Unterschied zwischen Tanken / Aufladen und Inbetriebhalten auf. Für das Fahren wird verfahrensbezogen Energie aufgewendet, die wieder aufgefüllt werden muss. Das Inbetriebhalten von Autos (oder auch Computern) hat hingegen keine verfahrensbezogene Komponente. Ich denke deshalb jetzt auch, dass die Ladezeit grundsätzlich als Verfahrenskosten berücksichtigt werden kann.
Vielen Dank für Eure Antworten.
Antwortender 4
Da würde ich Antwort 3 zustimmen.
Die Kontrollfrage wäre doch: Hätte bei einem bisherigen auf Verbrennerbasis lautenden Antrag bei einer Entfernung von 600 km, wo man einen Tankstopp unterstellen darf, jemand 10 Minuten dafür abgezogen? Wohl kaum. Dann muss man da aber auch andersherum konsequent sein.
Antwortender 2
Wenn es nur um 10 Minuten geht, müsste sich die Diskussion doch erübrigen, oder würde sich dadurch die Abwesenheitspauschale erhöhen?
Antwortender 5
Zitat von Antwortender 2
„Wenn es nur um 10 Minuten geht, müsste sich die Diskussion doch erübrigen, oder würde sich dadurch die Abwesenheitspauschale erhöhen?“
Das Problem ist, dass ein 10-Minuten-Tankstopp zu keiner Erhöhung führt, ein 3-Stunden-Ladestopp aber schon. In beiden Fällen ist der Betroffene unterwegs und kann nicht anderweitig arbeiten (jedenfalls im Regelfall nicht). Trifft das ihn (keine Vergütung) oder den späteren Kostenschuldner (Vergütung wird auch für diese Zeit gezahlt).
Antwortender 6
Oder anders überspitzt gefragt: Ist es dem Kostenschuldner anzulasten, dass der Anwalt mit leerer Batterie losgefahren ist? Und kann man bei drei Stunden Wartezeit tatsächlich nicht (z. B. mit einem Laptop) arbeiten?
Antwortender 7
Anderer Ansatz:
Wie lange wäre er denn mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs gewesen?
Vielleicht kann man das als Vergleich ranziehen?
Antwortender 8
Zitat von Antwortender 6
„Oder anders überspitzt gefragt: Ist es dem Kostenschuldner anzulasten, daß der Anwalt mit leerer Batterie losgefahren ist? Und kann man bei drei Stunden Wartezeit tatsächlich nicht (z. B. mit einem Laptop) arbeiten?“
Letzteres dürfte durchaus zumutbar und möglich sein. Bei (längeren) Bahnfahrten wird das ja auch von vielen Reisenden praktiziert.
Antwortender 5
Zitat von Antwortender 8
„Zitat von Antwortender 6
Oder anders überspitzt gefragt: Ist es dem Kostenschuldner anzulasten, daß der Anwalt mit leerer Batterie losgefahren ist? Und kann man bei drei Stunden Wartezeit tatsächlich nicht (z. B. mit einem Laptop) arbeiten?
Letzteres dürfte durchaus zumutbar und möglich sein. Bei (längeren) Bahnfahrten wird das ja auch von vielen Reisenden praktiziert.“
Da bekommt er/sie trotzdem die ganze Reisezeit anerkannt.
Antwortender 9
Ich finde das Thema ziemlich spannend und es wird in Zukunft bestimmt so einige interessante Entscheidungen geben – aber bis dahin würde ich mir jeden Einzelfall genau anschauen, z. B.:
– hätte das Wiederaufladen nicht während des Termins stattfinden können – Wie sieht die Ladeinfrastruktur in gerichtsnähe aus?
– Reicht eine Akkuladung für die Fahrtstrecke (One-Way)? und wenn nicht – wie verhält sich Reisezeit und Kosten im Vergleich zur Bahnfahrt?
Das sind natürlich nur erste Überlegungen und es gibt bestimmt noch andere Ansätze. Aber ich würde sagen: Infos sammeln und nach besten Wissen und Rechtsverständnis entscheiden. Entweder ist der Rechtsanwalt damit einverstanden oder er legt Rechtsmittel ein und es darf sich an anderer Stelle nochmal damit auseinandergesetzt werden.
Eine m.E. interessante Diskussion. Rechtsprechung gibt es zu der Problematik in der Tat bisher nicht. Ich bin auf die ersten Entscheidungen gespannt. Zu Ende gedacht habe ich die Problematik noch nicht, tendiere aber zu grundsätzlichen Anerkennung und dann kommt es eben auf die weiteren Umstände an, die in den Antworten ja angesprochen worden sind.
Ich steige mal beim Ansatz von Antwort 3 ein: Der Verbrauchte Kraftstoff wird ja (über km-Pauschale) begegolten, insofern könnte man wohl auch das auffüllen der Verbrauchten Menge (vulgo „tanken“, also der zeitliche Vorgang) als erstattungsfähig betrachten. Im Gegensatz zu Abschreibung etc. besteht da ja auch ein 1:1 Zusammenhang.
Wenn man das so sieht (und das war aufgrund de eher kurzen Zeitspanne für einen klassischen Tankvorgang bis jetzt sicher nicht so oft Dikussionsgegenstand), dann muss man natürlich auch das „tanken“ der Verbrauchte „Menge“ an Strom bei einem E-Auto berücksichtigen.
Da die „Tank“-Zeiten hier signifikant länger wären als bei Benzin / Diesel aber eben wohl nur die Zeit für die durch die konkrete Fahrt verbrauchte Energie. Interessant wäre, wenn man dieser Argumentation folgt, dann sicherlich
a) welchen Ladezeitpunkt man annehmen darf (Akkus laden am Anfang / wenn leer schnell, ab einem gewissen Ladegrad wirds dann schnell langsam)
b) dürfte man diese Zeit auch fiktiv ansetzen, selbst wenn man während der eigentlichen Zeit nicht geladen hat (Bsp.: Akku voll beim losfahren, Akku leer nachdem man wieder an der Kanzlei angekommen ist, dann wird geladen)
c) inwieweit müsst eman konkret nachweisen, seiner Kostenminderungspflicht nachgekommen zu sein (also z. B. wie bei b) „da können sie ja dann laden, während sie am eugenen Schreibtisch sitzen“, oder wie von einigen anderen Antworten angemerkt während der Verhandlung laden)