Und als drittes Posting dann noch ein Hinweis auf eine gesetzliche Neuregelung.
Die Meldung, die dazu über die Ticker gelaufen ist, liegt schon etwas zurück. Der Bundesrat hat nämlich bereits am 18.09.2020 der Erhöhung der Haftentschädigung für zu Unrecht erlittene Freiheitsstrafe auf 75 EUR pro Tag zugestimmt. Der Bundestag hatte das Gesetz wenige Tage zuvor verabschiedet und damit eine Bundesratsinitiative aus dem Vorjahr umgesetzt (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) [BT-Drucks. 19/17035]). .
Die Entschädigung für zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung steigt danach von bisher 25 EUR auf künftig 75 EUR pro Tag. Ausgeglichen werden soll damit der so genannte immaterielle Schaden des Betroffenen.
Die Änderungen gelten für zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft. Aber auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung können Betroffene Haftentschädigung bekommen, wenn ein Wiederaufnahmeverfahren mit Freispruch oder Aufhebung der Strafe endet.
Die letzte Anpassung der Tagespauschale erfolgte 2009.
Jetzt fehlt nur noch die Verkündung im BGBl, dann treten die Änderungen am Tag darauf in Kraft .
Ich habe die Befürchtung, dass man vor dem Hintergrund zukünftig die Unbilligkeitsprüfung noch mehr verschärfen wird, um zu sparen. Jetzt „lohnt“ es sich ja…
Ich erinnere zB an die Causa „Rudi Rupp“ – da wurde in der Wiederaufnahme freigesprochen aber StrEG versagt, weil „falsche Geständnisse“ im Ursprungsverfahren „abgelegt“ wurden.
„abgelegt“ ist mein neuer Lieblingseuphemismus für „durch sehr wenig kompetente Ermittler bis an die Grenze des Unzulässigen aus den zum teil geistig herausgeforderten Beschuldigten (IQ < 70,wenn ich mich recht entsinne) herausgeholt"…
Ich teile die Befürchtung. Auch hätte sich angeboten, die unsägliche Praxis, die durch Haft „zugeflossenen Vorteile“ (Unterbringung, Verpflegung) anzurechnen, ein für allemal zu unterbinden. Es wundert mich nicht, wenn sich die Entschädigungsberechtigten doppelt bestraft vorkommen, wenn sie sich am Ende noch vorhalten lassen müssen, sie hätten durch die Inhaftierung Vorteile gehabt. Darüber hinaus ist mir noch nie eingegangen, auf welcher rechtsdogmatischen Grundlage die Aufrechnung eines Vermögensvorteils (unterstellt, es gibt ihn wirklich, was ich auch ablehne) gegen einen Anspruch zulässig sein soll, der gerade den Schaden ausgleicht, der nicht Vermögensschaden ist. Aus meiner Sicht fehlt es an der Stoffgleichheit der Forderungen, und außerdem müßte das Aufrechnungsverbot, das der BGH zuletzt in III ZR 204/15, RN 18 erneut bestätigt hat, sich auf Ansprüche nach § 7 StREG zwanglos übertragen lassen. Schade, daß man diese Chance nicht genutzt hat.