Und als dritte und letzte Entscheidung heute der LG Halle, Beschl. v. 04.03.2020 – 7 BRs -383Js69115/16(39/19) – ergangen im Strafvollstreckungsverfahren.
Gestritten worden ist um den Widerruf von Strafaussetzzung zur Bewährung (§ 56 f StGB). das LG hat einen Pflichtverteidiger bestellt:
„Die Kammer sieht die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers entsprechend § 140 Abs. 2 StPO als gegeben an. Die Beiordnung im Widerrufsverfahren ist nur dann geboten, wenn die Schwere der neuen Tat oder die Schwierigkeit der Sach-oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgerecht wahrzunehmen, dies erfordert. Angesichts der im Raum stehenden Freiheitsstrafe von 2 Jahren und der gegenwärtigen Inhaftierung des Verurteilten war von einer rechtlich schwierigen und tatsächlich folgenreiche Konstellation auszugehen.“
Angesichts der Kürze des Sachverhalts extrem schwer einzuordnen. Man kann nur mutmassen, dass hier ein Widerruf erfolgen sollte, obwohl die Bezugsentscheidung noch nicht rechtskräftig ist.
Bei einer rechtskräftigen Nachverurteilung von 2 Jahren ohne Bewährung würde ich die Notwendigkeit einer Beiordnung nicht erkennen können, da der Widerruf dann ein Selbstläufer ist (also keine „rechtlich schwierige und tatsächlich folgenreiche“ Konstellation).
Ich lese es eher so, dass die zwei Jahre die potentiell zu widerrufende Strafe sind und das neue Verfahren UHaft hat? Kann man das aufklären?
Ich meine nämlich, dass die Länge der zu widerrufenden Strafe KEIN Grund sein dürfte, PV anzunehmen oder abzulehnen. Ins Gefängnis gehen – ob 3 Monate oder zwei Jahre – ist immer heftig.
ich denke, es geht um Wideruf von 2 Jahren und Haft – warum sollte da kein Pflichtverteidiger bestellt werden?
Zu klären wäre dann hier:
Was ist die „neue Tat?“ Doch wohl nicht die 2 Jahre, die widerrufen werden sollen.
In welcher Sache ist der Verurteilte „gegenwärtig inhaftiert“? Ist das U-Haft? Oder ist das bereits eine andere Strafvollstreckung?
Wenn die Kammer hier tatsachlich widerrufen will, obwohl das neue Verfahren (wegen dessen der Verurteilte möglicherweise in U-Haft sitzt) noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, würde ich auch für eine Beiordnung plädieren.
Man kann natürlich immer die Frage stellen, warum die Kammer es so eilig mit dem Widerruf hat. Am besten ist es doch immer, erstmal den rechtskräftigen Ausgang der neuen Sache abzuwarten.
Der Widerruf hat hier doch einen ganz einfachen Sinn – er verhindert die 6-Monats-Vorlage im neuen Verfahren.
Und allein deshalb spricht sehr viel für eine Beiordnung.