Und auch die dritte Entscheidung ist Verkehrsrecht. Der von den Kollegen Just stammende OLG Hamburg, Beschl. v. 05.07.2019 – 2 RB 9/19 – 3 Ss-OWi 91/18 – ist, wie man sieht, zwar in einer OWi-Sache ergangen. Er hat aber inzwischen dann für Strafverfahren Bedeutung, nämlich für den (neuen) § 315d StGB – Stichwort: Verbotene Rennen. Ergangen ist der Beschluss zu einem sog. Altfall, nämlich zu dem zur Tatzeit, dem 29.09.2017, noch geltenden § 29 StVO a.F., der 13.10.2017 in den § 315d StGB übergegangen ist.
Das AG hatte den Betroffen wegen der verbotenen Teilnahme an einem Rennen verurteilt und dazu folgende Feststellungen getroffen:
„Am 29. September 2017 gegen 21.20 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem PKW vom Typ Audi R 8 die Wandsbeker Chaussee, wo er ab Höhe Ritterstraße an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen wissentlich teilnahm. Nachdem er sich bei Rotlicht der Lichtzeichenanlage an die Haltelinie vorgetastet hatte, nahm der Betroffene Kontakt zu dem Führer eines direkt neben ihm stehenden Kraftfahrzeuges vom Typ Lotus Sport 135R auf. Bei Grünlicht beschleunigten beide Fahrzeuge gemäß vorangehend ausdrücklich oder konkludent getroffener Verständigung mit einem Schnellstart, hoher Drehzahl und quietschenden Reifen. Unter Ausbeschleunigung der Gänge fuhren sie bis zur nächsten Rotlicht zeigenden Ampel in Höhe Wartenau. Dieses Verhalten wiederholten sie über eine Gesamtstrecke von 1,4 km noch zwei weitere Male.“
Das reicht dem OLG nicht aus:
2. Diesen Anforderungen werden die schriftlichen Urteilsgründe nicht gerecht. Sie ergeben nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Kraftfahrzeugrennens erfüllt sind.
(1) Ein verbotenes Rennen mit Kraftfahrzeugen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO a. F. ist ein Wettkampf von mindestens zwei Verkehrsteilnehmern – wenigstens auch – um die höchste Geschwindigkeit (HansOLG, Beschluss vom 13. März 2018, Az.: 5 RB 2/18), wobei auch „Geschicklichkeits-, Zuverlässigkeits-, Leistungsprüfungs- und Orientierungsfahrten“ bereits dem Rennbegriff unterfallen (vgl. HansOLG, a.a.O.; OLG Hamm, Beschlüsse vom 5. März 2013 – Az.: 11-1 RBs 24/13 – juris m.w.N.; vom 13. Juni 2013- Az.: 111-1 RBs 72/13 -, Rn. 8 juris). Reine Leistungsprüfungsfahrten können auch dann unter den Rennbegriff fallen, wenn es den beteiligten Kraftfahrzeugführern nicht um die Ermittlung eines Siegers, sondern auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten ankommt (OLG Hamm, Beschluss vom 5. März 2013 – Az.: 111-1 RBs 24/13 -, Rn. 9 juris; OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 24. Oktober 2016- Az.: 2 Ss (OWi) 295/16 -, Rn. 8 juris). Im Übrigen müssen die Beteiligten keine „absoluten“ Höchstgeschwindigkeiten anstreben. Es reicht vielmehr aus, dass sie das Beschleunigungspotential ihrer Fahrzeuge vergleichen (KG Berlin, Beschluss vom 7. Juni 2017-Az.: 3 Ws (B) 117- 118/17 -, juris).
(2) Daran gemessen füllen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite den Tatbestand nicht aus. Das Amtsgericht hat zwar unter Verwendung des tatbestandlichen Rechtsbegriffs ausgeführt, der Angeklagte habe wissentlich an einem „Kraftfahrzeugrennen“ teilgenommen, ohne indes diese Wertung hinreichend mit Tatsachen zu unterlegen und dem Senat die Nachprüfung zu ermöglichen, ob der Begriff in seinem Bedeutungsgehalt vollständig erfasst und zutreffend auf den festgestellten Sachverhalt angewandt worden ist. Das Amtsgericht zeigt nicht auf, mit welchem konkreten Willen der Betroffene gehandelt hat. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Es liegt zwar durchaus nahe, dass es den beteiligten Fahrzeugführern im Sinne der erforderlichen gemeinsamen Zwecksetzung darum gegangen sein kann, in einem „Kräftemessen“ um Höchstgeschwindigkeiten einen Sieger zu ermitteln oder jedenfalls die Leistungsfähigkeit ihrer Fahrzeuge zu vergleichen. Dies ergibt sich aber auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht mit der erforderlichen Sicherheit und versteht sich auch nicht von selbst. Nicht ausschließbar kann es sich nach der subjektiven Vorstellung des Betroffenen insbesondere um eine Schaufahrt ohne kompetetiven Hintergrund gehandelt haben, bei der es den Beteiligten darauf ankam, durch ihre Fahrweise Aufmerksamkeit zu erheischen, um ihre Fahrzeuge optisch und akustisch voreinander oder anderen Verkehrsteilnehmern in Szene zu setzen. Der festgestellte äußere Geschehensablauf ist mit einer solchen Willensrichtung noch zwanglos zu vereinbaren, zumal das Amtsgericht keine weiteren Indiztatsachen festgestellt hat, die – wie etwa Überholmanöver, Spurwechsel oder scharfes Bremsen vor den Rotlicht gebenden Lichtzeichenanlagen – den Eindruck eines Leistungswettbewerbes in einem Maße hätten verdichten können, das jede andere Deutungsalternative ausschlösse.“