Der Vorsitzende der DPolG Rainer Wendt äußert sich zum „Fall Susanna“, oder: Unfassbar

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Ich eröffne den Tag mit einem Posting/einer Thematik, bei dem/der ich lange überlegt habe, ob ich dazu etwas bringe bzw. mich äußere. Und wenn ja wie. Ich habe mich dann entschlossen, es zu tun. Mal sehen, was daraus wird.

Es geht um den „Fall Susanna“. Mehr muss man ja inzwischen nicht mehr schreiben, dann weiß nach der aufgeheizten Berichterstattung der letzten Tage – an der Spitze m.E. (natürlich) die „Bild-Zeitung“, die die kochende „Volksseele“ mal wieder vorzüglich bedient – jeder , worum es geht. In dem „Fall“ bin ich durch eine Nachricht/einen Hinweis des Kollegen Carsten R. Hoenig auf das Posting von Rainer Wendt, dem Vorsitzenden der DPolG, vom 07.06.2018 zu der Thematik aufmerksam geworden, das ich hier dann mal zitiere. Herr Wendt schreibt:

„Susanna ist tot. Und was bleibt, ist nicht nur Trauer und Fassungslosigkeit. Da ist auch riesige Wut und Empörung. Und zugleich Ratlosigkeit. Man ist wie gelähmt vor Entsetzen.

Ja, ich weiß, man darf keine solcher Taten instrumentalisieren für irgendeine politische Forderung oder Aussage. Und manchmal gebietet in der Tat der Respekt vor dem Opfer und seinen Angehörigen, innezuhalten und zu schweigen.

Und doch stockt der Atem, denkt man nur eine Sekunde lang an die unbeschreiblichen Qualen, die die junge Susanna, die noch am Beginn ihres Lebens stand, erleiden musste.

Als Vater und Großvater türmt sich wie eine riesige schwarze Wand die Furcht auf, wenn ich daran denke, welche Bestien da noch unterwegs sind, jederzeit bereit, zu töten, zu quälen und ihrer menschenverachtenden Brutalität freien Lauf zu lassen.

Und auch Wut baut sich auf, wenn man an das Strafregister desjenigen denkt, der hier angeblich Schutz gesucht hat und jetzt so einfach abhauen konnte, in ein Flugzeug steigt, wie ein Tourist.

Was wird aus unserem Land, wenn geduldet wird, dass Menschen einreisen, jede Menge Straftaten, sogar schreckliche Verbrechen begehen und trotzdem frei herumlaufen, offensichtlich jederzeit bereit, erneut zuzuschlagen?

Was wird aus unserem Rechtsstaat, wenn er die Menschen nicht mehr schützen kann, wenn er nur noch aus Papier, schnöden juristischen Ausführungen, bürokratischen Verfahren und stillschweigender Hinnahme himmelschreienden Unrechts und lebensbedrohlicher Gefahr zu bestehen scheint?

Was wird aus unserer Demokratie, wenn diejenigen, die gewählt sind, den Willen derjenigen beharrlich ignorieren, die ihnen Macht übertragen haben?

Jetzt wieder die bekannten Rituale, die wiederkehrenden Floskeln, die abgenutzten Worte? Und dann zurück zur Tagesordnung? Wie oft? Wie lange noch? Was wird aus unserem Land?

Susanna ist tot. Und meine Gedanken sind bei ihrer Familie, ihren Freunden, den Menschen, denen sie für immer fehlen wird.
Und meine Gedanken sind auch bei den Tätern. Will ich sie wirklich vor einem unserer Gerichte stehen sehen? Mit höhnischem Grinsen für das Opfer und Verachtung für unser Land im Gesicht? Will ich wirklich erleben, wie Gutachter und Anwälte relativieren, verharmlosen und zu erklären versuchen, was nicht erklärbar ist?

In der Hölle sollen sie schmoren. Das will ich.“

Wie gesagt und nochmals ausdrücklich, ein Zitat: Das Posting wirft für mich dann doch eine ganz Reihe Fragen auf, und zwar u.a.:

  1. Ist das Posting eigentlich strafbar? Man denkt da sofort an § 130 StGB – Volksverhetzung. Aber die Voraussetzungen dafür dürften nicht erfüllt sein. Und: Es dürfte auch noch durch Art. 5 GG gedeckt sein.
  2. Welches Verständnis hat eigentlich der Vorsitzende der DPolG von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Wenn man nur die beiden letzten Absätze seines „Postings“ liest, dann kann man m.E. nur die Antwort geben: Gar keines bzw. ein ganz schlechtes. Aber das überrascht bei den Äußerungen, die Rainer Wendt bisher schon zu „Flüchtlings-“ und sonstigen Fragen/Themen gemacht hat, nicht.
  3. Was macht eigentlich die DPolG mit einem solchen Posting bzw. wie geht man damit um? Ich habe nichts dazu gefunden, dass man sich ggf. distanziert hätte oder dazu Stellung genommen hätte. Auf deren Homepage gibt es (derzeit) Stellungnahmen zum Asylplan von H. Seehofer, den Herr Wendt natürlich lobt, zu den Ankerzentren und einem MusterpolizeiG, das Herr Wendt natürlich auch fordert, und zum Streikurteil des BVerfG. Mehr ist da nicht.

Und das soll an Fragen hier genug sein. Für mich persönlich kann ich nur sagen: Unfassbar. Mehr nicht. Ich hätte auch noch andere Dinge in die Überschrift packen können, aber dann begibt man sich im Grunde genommen auf das Niveau von Rainer Wendt und das will ich nun wirklich nicht.

Was mich ein wenig beruhigt: Unter den über 13.000 Reaktionen auf den Beitrag sind immerhin auch über 2.000 „traurige“ und „wütende“ und unter den über 1.700 Kommentaren dann doch sehr viele, die die Dinge – zum Glück – anders sehen als Rainer Wendt. Darunter auch meiner 🙂 .

23 Gedanken zu „Der Vorsitzende der DPolG Rainer Wendt äußert sich zum „Fall Susanna“, oder: Unfassbar

  1. Ein Leser

    Ich denke eher an §111 StGB.
    Er hat es zwar nicht wörtlich reingeschrieben, aber wie soll denn das Ergebnis (der vorletzte Satz), vor allem in Verbindung mit dem Absatz davor, sonst zu Stande kommen?
    Aber der § wird afaik eh nur sehr selten angewandt, oder man hört zumindest nie was davon.

  2. Miraculix

    Auch wenn das was der Herr Wendt da schreibt die Grenze dessen was man ertragen kann sehr strapaziert – die Meinungsfreiheit steht auch solchen Menschen zur Seite. Und wenn man sich von der unsäglichen Schreibe distanziert und es neutral bedenkt ist das am Ende auch gut so.
    Weder Zensur noch ein Wahrheitsministerium sind in einer freien Gesellschaft taugliche Mittel.

  3. Detlef Burhoff Beitragsautor

    @ Miraculix: Wie hatte heute an anderer Stelle ein Kollege treffend geschrieben: „Ich hasse deine Meinung, aber ich kämpfe jeden Tag dafür, dass du sie sagen darfst“.

  4. Briag

    Volle Zustimmung! Man ist fassungslos, dass es die immerhin zweitgrößte Interessenvertretung der Polizisten hinnimmt, dass sich ihr noch immer Vorsitzender auf diese Art und Weise äußert. Und man möchte im Grunde jeden einzelnen Satz des Postings zerlegen.

    Volle Zustimmung, allerdings mit einer Ausnahme: Ich denke schon, dass man über § 130 StGB ernsthaft nachdenken sollte. Und zwar, weil Wendt offenkundig den Zusammenhang zwischen „Menschen [, die] einreisen, jede Menge Straftaten, sogar schreckliche Verbrechen begehen und trotzdem frei herumlaufen, offensichtlich jederzeit bereit, erneut zuzuschlagen“ und den „Bestien, [die] da noch unterwegs sind, jederzeit bereit, zu töten, zu quälen und ihrer menschenverachtenden Brutalität freien Lauf zu lassen“ zieht, dann legt er doch durchaus mehr als nahe, dass Flüchtlinge doch bitteschön unter Generalverdacht zu stellen sind, weil unter ihnen eine nicht bestimmbare Zahl an „Bestien“ lauern. Das erscheint mir (jenseits von jeglicher Moral, von der sich Wendt ja schon lange verabschiedet hat) auch juristisch bedenklich.

    Der letzte Absatz sagt tatsächlich viel über das Selbstverständnis des Wendt aus, und das dürfte sich durchaus erheblich vom Boden des Grundgesetzes verabschiedet haben. Rechtstaatliche Verfahren möchte der Polizeivertreter offenbar nicht, denn diese verhöhnen ja nur die Opfer. Das sollte m.E. auch die Dienstaufsicht interessieren.

  5. GA

    Wenn man den Informationen aus der Presse Glauben schenkt, so kommt man selbst als Nichtjurist schon ins Grübeln über die Verfahrensweise in diesem Fall. Es ist ohne Zweifel ein unsägliches Verbrechen verübt worden. Aber ich habe mal gelernt, dass Rechtsprechung nichts mit Rache und den damit zwingend einhergehenden Methoden zu tun haben soll. Mich befremdet überdies die Tatsache, wie man dem Täter habhaft wurde. Für das Vertrauen in den Rechtsstaat ist das jedenfalls kein Ruhmesblatt. Es ist aus meiner Sicht zu erwarten, dass der Täter nun milder zu bestrafen ist, als es das Gesetz eigentlich vorsieht. Das nur, weil man rechtsstaatliche Wege mißachtet hat, die vor allem von den nun Verantwortlichen immer gepriesen werden. In meinem Studium hat ein Rechts-Prof. uns vor Augen geführt, welch gutes System wir eigentlich haben. Er hat dazu gesagt, dass sich gerade manche Juristen über andere Systeme lustig machen. Und dazu gemeint: Seien Sie gewarnt. Das sind genau die Leute, die unser System so machen, wie es in der Realität ist. Er hat Recht … leider ….

  6. Ralf

    Mal wieder bringt ein Flüchtling ein junges Mädchen um und niemanden interessierts. Herr Wendt postet ein (zugegebenermaßen deutliches, aber in der Sache richtiges) Statement dazu und alle schreien auf. Das ist für mich unfassbar.

  7. Detlef Burhoff Beitragsautor

    @ Ralf: Das ist nicht „ein (zugegebenermaßen deutliches, aber in der Sache richtiges) Statement“, sondern reiner Populismus und hat mit der Tat nichts zu tun. Denn dann müsste Herr Wendt bei jeder Tat eines Deutschen ebenso schreien, was er aber – zum Glück – nicht tut.

  8. Miraculix

    @Briag
    Ich habe große Mühe mit dem § 130 StGB. Er ist in jeder Hinsicht geeignet missliebige Meinungen unter Strafandrohung zu unterdrücken. Das hat zwar in Deutschland eine lange Tradition, richtig ist es aber deshalb noch lange nicht.
    @Ralf
    Für die Tat gibt es einen gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen. Für die Strafverfolgung eine gesetzlich vorgegebene Vorgehensweise. Alles was darüber hinausgeht ist um nichts besser als die Scharia-Urteile in Irak. Wenn Sie kurz darüber nachdenken werden Sie zu dem Schluß kommen daß uns ein auf Rache basierendes Recht um ca. 600 Jahre zurückwirft. Damit ist niemandem geholfen.

  9. Joachim Breu

    Im Ergebnis, Herr Kollege Burhoff, bin ich bei Ihnen: Geschrei hilft nicht. Ralf mag sich der Frage stellen, was denn die Volksseele plötzlich in die Gegenrichtung treibt, wenn sie in diesem Einzelfall statt zügiger, wenn auch fahrlässig verfrühter Entfernung eines (mutmaßlichen) Straftäters mit ausländischer Herkunft auf einmal seine Rückholung befürwortet. Und dass der Fall „Susanna F.“ niemanden interessiert hätte, ist offensichtlicher Unfug. Aber bitte – man sollte niemanden davon abhalten, sich zum Löffel zu machen.

  10. Pingback: Beweisantrag/Beweisermittlungsantrag, oder: “aufs Geratewohl ins Blaue hinein”? – Burhoff online Blog

  11. Christoph Nebgen

    Ich glaube nicht, dass der Text unter § 130 StGB – oder eine andere existente Strafnorm – subsumierbar ist. Rainer Wendt hetzt ja nicht gezielt gegen eine Bevölkerungsgruppe. Das was er macht, ist viel schlimmer und kommt im StGB gar nicht vor, möglicherweise, weil man sich bisher nicht vorstellen konnte, dass es so etwas nach 1945 noch geben könnte.

    Der gesamte Text ist ein Abschied vom demokratischen Rechtsstaat. Seine Wortwahl erfüllt so gut wie jedes Kriterium für Faschismus (nach Umberto Eco, immer wieder lesenswert: https://www.zeit.de/1995/28/Urfaschismus)

    Jegliches rechtsstaatliche Verfahren möchte Rainer Wendt ersetzen durch die irrationale Institutionalisierung archaischer Rachephantasien. Skurillerweise findet man solche Vorstellungen heutzutage hauptsächlich noch in den Gesellschaften, aus denen die Personen stammen, die Rainer Wendt hier alle nicht haben möchte.

    Rainer Wendt sagt ausdrücklich, dass er kein Gerichtsverfahren will, sondern, dass der Täter „in der Hölle schmoren“ solle. Er redet nicht von Menschen, sondern von „Bestien, die da unterwegs sind“, er fragt sich, was aus „unserer Demokratie“ werde, wenn „der Wille“ der Wähler (meine Bezeichnung) „beharrlich ignoriert“ würde. Das ist klassisches Nazi-Gedankengut:

    1. Die Behauptung, der eigene Wille entspräche dem der Mehrheit und würde ignoriert
    2. Es gäbe so etwas wie „gesundes Volksempfinden“, das stärker wäre als das positive Recht.
    Rainer Wendt versteht es offenbar als „demokratisch“ und damit legitim, wenn die (angebliche) Mehrheit gegen eine Minderheit Gewalt anwendet.

    Aber wenn neun Menschen beschließen, den zehnten zu verprügeln, ist das vielleicht demokratisch, aber trotzdem eine Straftat.

    Um derlei irrationale Gewaltphantasien strafrechtlich zu ahnden, bräuchte man entweder eine Vorschrift, die rechtsstaatsfeindliches Gedankengut als solches unter Strafe stellt, oder man müsste die Volksverhetzung anders auslegen, was wohl gegen das Analogieverbot verstieße. Man bräuchte einen neuen § 130b StGB „Öffentliche Aufkündigung des Rechtsstaates“.

    Noch besser wäre es allerdings, wenn man das alles gar nicht bräuchte, weil alle Menschen genug Vernunft hätten, derart infantile Gedanken gar nicht zur Entstehung kommen zu lassen. Aber dafür ist die Mehrheit der Menschen offenbar nicht vernunftbegabt genug.

  12. Detlef Burhoff Beitragsautor

    Hallo, folgender Hinweis: Ich werte den Kommentar als Ihr Meinungsäußerung bzw. sehe es als Ihre Meinung an. Ich bitte aber, in Zukunft solche Vergleich zu unterlassen, anderenfalls müsste ich den entsprechenden Kommentar löschen. MfG, Detlef Burhoff

  13. RA Werner Siebers

    Wendt ist doch leicht zu durchschauen: den interessieren weder die Politik, Menschen oder gar seine Kollegen, die ihn auf den Thron gehoben haben. Er ist nichts weiter als ein selbstsüchtiger Egozentriker mit gemäßigter Bildung, dem keine Plattitüde und kein strunzendoofer Spruch zu dämlich ist, Hauptsache er sieht sein Brett mal wieder auf einer Zeitung oder im Fernsehen.

  14. Tobias Schorr

    Wollen wir unsere Demokratie und den Rechtsstaat wirklich an den rechten Hetz-Mob verlieren? An allen Stellen wird von den populistischen Politikern der CSAFDU versucht Menschen- und Bürgerrechte in Frage zu stellen.
    Muss das sein? Sollte nicht jeder Jurist – auch ohne Auftrag – selbstständig aktiv werden, wenn er Hetze im Netz findet?

    Herr Burhoff hat Recht!

    Wehret den Anfängen!

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  16. Ola Miet

    Nicht umsonst wird Wendt eine (gewisse) Nähe zur AfD zugeschrieben.
    Schlimm, was dieser seltsame Mensch von sich gibt, gerade weil er immer behauptet, für die Polizei in Deutschland zu sprechen.
    Jetzt, mit einem Innenminister Seehofer auf Bayernwahl-Trip, verliert die Exekutive offenbar jegliche Hemmung.
    Man kann nur hoffen, dass die Justiz dem in den Arm fällt.

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  18. sauber

    40 % aller Jugendlichen mit Migrationshintergrund wurden schon angezeigt.
    Und2016 waren schon 40% aller Asylanten innerhalb eines Jahres angezeigt worden. In Wien sind auch über 40% der Asylbewerber schon angezeigt worden. Die meisten Ausländer sind kriminell. Das sagt die AFD natürlich nicht weil sie von vielen aus Osteuropa gewählt wird.

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