In der Rechtsprechung heftig umstritten, ist die Frage, ob die (Vernehmungs)Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG analaog auf andere in der Vorschrift nicht genannte Termine angwendet werden kann. Dazu hat jetzt noch einmal des LG Hamburg im LG Hamburg, Beschl. v. 24.11.2016 – 617 Ks 22/16 iua – Stellung genommen und die Frage bejaht. Nach dem Sachverhalt war der Kollege S. Ebrahim-Nesbat aus Hamburg, der mir die Entscheidung geschickt hat, Pflichtverteidiger des inzwischen rechtskräftig frei gesprochenen Angeklagten. Er hat u.a. auch eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102, 4103 VV RVG für die Teilnahme an der Exploration des freigesprochenen Mandanten durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen geltend gemacht Der Rechtspfleger hat die Festsetzung dieser Gebühr abgelehnt, eine analoge Anwendung der Vergütungsvorschrift scheide aus. Der Kollege ging hingegen davon aus, dass eine analoge Anwendung der Vergütungsvorschrift in Betracht komme. Seine Erinnerung hatte beim LG Erfolg.
Das LG sagt: Für die Teilnahme des Verteidigers an der Exploration seines Mandanten Angeklagten durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen entsteht eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV RVG analog. Wegen der Begründung verweise ich auf die Beschlussgründe.
Zu der Entscheidung ist anzumerken: Eine zwar ausführlich und alle Argumente für und gegen eine analoge Anwendung der Nr. 4102 VV RVG berücksichtigende Entscheidung, die aber leider zum falschen Ergebnis kommt. Denn m.E. spricht der Umstand, dass der Gesetzgeber im 2. KostRMoG den Anwendungsbereich der Nr. 4102 VV RVG in Kenntnis des Streits um die Analogiefähigkeit der Regelung nicht erweitert hat, gerade gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift. Es wäre völlig unüblich bzw. nicht zu erwarten, dass der Gesetzgeber das insoweit vorliegende Schweigen in der Gesetzesbegründung in dem vom LG erwarteten Sinn hätte erläutern müssen. Auch ist die vom LG vorgenommene Unterscheidung zwischen Terminen nach § 202a StPO, die von der jeweiligen Verfahrensgebühr mitabgegolten werden sollen, und der Teilnahme des RA an Sachverständigenterminen willkürlich. Beide dienen der Vorbereitung der Hauptverhandlung und können zeitintensiv sein. Warum der Verteidiger nun für die Teilnahme an dem einen eine zusätzliche Vernehmungsterminsgebühr erhalten soll, für die Teilnahme an dem anderen jedoch nicht, ist nicht nachvollziehbar. Fünf Fälle sind in der Nr. 4102 VV RVG ausdrücklich erfasst. Mehr werden eben nicht honoriert.
Einspruch Euer Ehren
Der Gesetzgeber hat zwar die Ziffern 1-5 abschließend verstanden, da das Wort *insbesondere* gerade nicht eingefügt wurde.
Da aber auch das Wort *nur* nicht eingefügt wurde, bleibt eine analoge Anwendung aber gleichwohl möglich. Voraussetzung ist allerdings eine planwidrige Lücke.
Und die liegt vor. Die vergleichbare Interessenlage der Teilnahme an einem „gerichtlichen Verfahrensabschnitt“ außerhalb der HV in Form der Exploration liegt vor. Die Exploration durch SV wurde mittels Beschluß angeordnet. Daß ein Richter bei der Exploration selbst nicht teilgenommen hat, spielt keine Rolle. Auch bei 4102 Nr. 2 ist kein Richter dabei.
Der Gestzgeber hat ausweislich seiner Intention diesen Umstand allerdings nicht bewußt nicht geregelt, sondern schlicht nicht gesehen:
„Durch die Einstellung in den vorgeschlagenen Unterabschnitt 1 ist aber klargestellt, dass die Terminsgebühr auch für alle gerichtlichen Verfahrensabschnitte gelten soll, also z. B. auch für die Teilnahme an entsprechenden Terminen nach Beginn der Hauptverhandlung. Dies hat zur Folge, dass der Verteidiger in Zukunft auch für die Teilnahme an außerhalb der Hauptverhandlung stattfindenden Terminen, wie z. B. an kommissarischen Vernehmungen oder Haftprüfungsterminen, eine Terminsgebühr erhalten soll. Die vorgeschlagene zusätzliche Terminsgebühr soll auch für Pflichtverteidiger gelten.“ BT- Drs. 15/1971 S. 222
Sorry, das ist nicht neu und nicht überzeugend. Das habe ich schon in zahlreichen Beschlüssen gelesen und halte es für nicht „zielführend“ 🙂