Mich erreicht gerade die Anfrage eines Kollegen, die ich hier mal weitergebe:
„Ich hoffe, ich darf Ihnen eine Nachfrage aus dem FA-Lehrgang stellen: ein Mandant von mir, ohne Führerschein, hat am Neujahrstag, restalkoholisiert etc., sein Auto, das „schräg“ abgeparkt war und derzeit nur von seiner Frau gefahren wird, zwei Meter unter Lösung, der Handbremse und des Lenkradschlosses, aber ohne Motor an Lenker und Holm „besser“ in die Parklücke vor seinem Haus geschoben. Er soll nach §§ 21 StVG und 316 StGB bestraft werden.
Ich bin mir nicht sicher, ob DIESE Art von Schieben nun Führen ist oder nicht.“
M.E. ist es kein Führen eines Kraftfahrzeuges. Hauptargument: Die Motorkraft des Fahrzeuges wird nicht ausgenutzt. Es ist auch kein Anschieben mit dem Ziel des „Motor Anspringens“. Es ist nur ein einfaches Schieben. Ich bin mal gespannt,w as daraus wird.
Da hätte doch ein Blick in den T/F gereicht. Für § 316 StGB kommt es auf Motorkraft nicht an, für § 21 StVG gleichwohl (T/F zu § 315c, Rdz. 3a m.w.N.). Da steht das Schieben sogar explizit drin.
Sammeln wir es mal und der Kollege wertet es dann aus. Unstreitig sind die Fragen ums Schieben allerdings nicht.
„T/F“??
§316 spricht ja nur von Fahrzeug, auf die Motorkraft kann es also weder vom Wortlaut her noch teleologisch ankommen (es sind schließlich auch Fahrräder erfasst). Einen Angriffspunkt für die Verteidigung sehe ich bei der Fahruntüchtigkeit: ab wann ist man zum schieben eines Pkw absolut untüchtig? 1,1 wohl nicht und auch die 1,6 für’s Velo könnte man wohl wegargumentieren (niedrigere Geschwindigkeit, sehr kurze Teilnahme am Straßenverkehr, …).
§21 StVG ist m.E. schon tatbestandlich nicht erfüllt. Es fehlt eben am Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn ich es recht erinnere darf man bspw. ein per Seil abgeschlepptes Fzg. auch ohne FE lenken.
Der „T/F“ heißt seit ein paar Jahren nur noch „F“….
Das OLG Karlsruhe hat zum Schieben einmal folgendes entschieden.
„Ein Kfz wird noch nicht geführt, wenn der Täter das – noch nicht von selbst rollende Fahrzeug – zunächst zu einem anderen Platz in der Vorstellung schiebt, erst dort lasse sich das Fahrzeug im Gefälle in Eigenbewegung versetzen oder der Motor aufgrund Anrollens oder weiteren Schiebens in Gang setzen.“
DAR 1983, 365-366
@AndiG: Mag sein, dass es auf die Motorkraft nicht ankommt. Aber das würde dann heißen, dass auch das Schieben eines Fahrrades ein Führen eines Kraftfahrzeuges wäre. Ein bloßes Heraufsetzen der Fahruntüchtigkeit erscheint da unsinnig, weil man dann schon so betrunken sein müsste, dass man selbst nicht mehr auf den Beinen stehen kann.
@kmp, die Annahme, ein normaler Mensch sei bei 1,1 Promille nicht mehr in der Lage (!) ein Fzg. überhaupt in Gang zu setzen, ist eine der theoretischen Grundlagen für die Promillewerte bei der absoluten Fahruntüchtigkeit. Praktisch sieht das aber ganz anders aus, ich habe in der StA-Station Leute gesehen, die mit weit mehr als 2 Promille in der Lage waren einen anderen Menschen mit gezielten Schlägen zu verletzen und sich dann vollkommen gelassen und kohärent mit der Polizei darüber zu unterhalten, warum „die Sau das absolut verdient hat“.
Der Ansatz mit dem Schieben des Fahrrads ist interessant.
Wieso ist der Ansatz interessant? Seit wann ist ein Fahrrad denn ein Kraftfahrzeug?
Ich seh grad, wie der 316 formuliert ist. Dann hat sich meine Frage erledigt.
Sind Einkaufswagen dann auch Fahrzeuge (Handwagen)? Ich habe mit unserem Discounter eine Vereinbarung, dass ich den Einkaufswagen mit sämtlichen Einkäufen nach Hause fahren darf. Führe ich dann ein Fahrzeug im Straßenverkehr? Und mache ich dann 316, wenn ich dabei sturzbesoffen bin? Wir vom Damenbartverein sitzen nämlich nach dem Einkaufen gerne noch ein Stündchen auf der Mauer vorm Parkplatz und trinken uns gute Laune für den Heimweg an. Jetzt ziehe ich allerdings die Selbstanzeige in betracht.
Es gibt ein Urteil zum Thema „Motorrad schieben in der Einbahnstraße“
Da wurde ganz klar zwischen Motor an/aus unterschieden.