Nach dem heutigen Freispruch im Augsburger Verfahren ./. Kollegen RA Lucas, über den wir ja schon heute mittag – live aus dem Gerichtssaal, na ja, fast :-), zumindest wohl als erste – berichtet hatten, gibt es erste Reaktionen/Meldungen.
Hinweisen darf ich auf den Bericht von Holzhaider in der SZ vom heutigen Tage (vgl. den Prozessbericht). Er zeigt eine erste Tendenz aus der Urteilsbegründung auf, auf die wir in den nächsten Tagen noch näher eingehen werden.
Und – ergänzt am 02.04.2011 – 10.05 Uhr – auf den Bericht von G.Friedrichsen bei Spiegel-online.
Mich hätte nur sehr der verfahrensausgang interessiert, wenn der vermerk der sta nicht aufgetaucht wäre. In jedem fall ein skandal das obiter dictum des bgh und das verfahren an sicg… Und was hat der verurteilte des ursprungsverfahrens davon? Kopfschüttel…
„Diese Kollegin und die damalige Staatsanwältin seien die einzigen Zeugen, denen das Gericht „in vollem Umfang geglaubt hat“, sagte Junggeburth.“
Auch interessant. Die Richter glauben eigentlich niemanden, gelogen hat jedoch so richtig auch keiner, aber das Angebot gab es dennoch nicht und Lucas hat aber objektiv die Unwahrheit gesagt, aber subjektiv an was anderes geglaubt. Ja, is klar…
Das könnte dann auch die Einstellungsverfügung für die beiden Richterzeugen sein, hat die Kammer etwa jetzt schon vorgebaut? 😉
In der Presseberichterstattung fällt mir eine Diskrepanz auf:
Laut der Spiegel-Reporterin in http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,754615,00.html hat der Vorsitzende Richter Junggeburth heute gesagt:
„Ihr Freispruch ist auch nicht der erwartete, sondern einer, der nur knapp wegen des Grundsatzes ,Im Zweifel für den Angeklagten‘ ergeht!“
Der Reporter der SZ hingegen schreibt (http://www.sueddeutsche.de/bayern/prozess-gegen-tv-staatsanwalt-fehler-nicht-absichtlich-begangen-1.1080439-2):
„… sagte Junggeburth. Deshalb stehe für das Gericht fest, dass Lucas ’subjektiv von einer solchen Zusage ausging'“.
Wie paßt das zusammen? Hat einer der Reporter Wahrnehmungsstörungen oder offenbart Junggeburth einen erschreckenden Mangel an juristischer Kompetenz? Die Überzeugung (!) vom Fehlen des subjektiven Tatbestands ist ein klarer Freispruch aus Rechtsgründen und kein Fall von „in dubio pro reo“, den Junggeburth auch noch als eine Art Kulanz verkaufen will (den übrigen Zitaten in Spiegel Online nach).
Wenn man nach dem Spiegel-Bericht gehen kann, dann hat Junggeburth außerdem nicht nur ein juristisches, sondern auch ein schweres Sozialkompetenzproblem.
Das „Befremden“ des 1. Strafsenats des BGH, das die Strafverfolgung des Strafverteidigers ausgelöst hat, ist übrigens in dieser Entscheidung dokumentiert: http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=1%20StR%20104/08
So erfreulich der Verfahrensausgang, so erschreckend die „Begleitmusik“ bei der mündlichen Urteilsbegründung, wie sie Gisela Friedrichsen auf Spiegel-Online beschreibt:
„Und dann folgte eine Urteilsbegründung so voller Gift und Galle, wie man sie kaum je hört. „Auf der Anklagebank sitzt ein Rechtsanwalt, der mit einem immens großen Ego ausgestattet ist“, kritisierte der Vorsitzende und hielt es für nötig zu erwähnen, dass Lucas in einer Fernseh-Gerichtsshow bisweilen einen Staatsanwalt mime, dass sich seine Kanzlei in der Münchner Fußgängerzone befinde – was offenbar heißen sollte, dass Lucas gut im Geschäft sei – aber nur relativ wenig Einkommen versteuere. „Wir gehen hier von einer Lüge aus“, las der Vorsitzende aus seinem Urteilsmanuskript ab.
Und wer bei der Steuer lügt, so sieht es wohl das Augsburger Gericht, der lügt auch sonst.“
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,754615,00.html
Ich bin sprachlos …
Pingback: Der Fall Lucas, der zu einem Fall Junggeburth wurde « De legibus-Blog
Frau Friederichsen hat wohl (wie so oft) etwas falsch verstanden. „Lügen bei der Steuer“ betraf wohl eher die Angaben zu den persönlichen/wirtschaftlichen Verhältnissen.
Was mir nach wie vor etwas unklar ist, ist der Punkt, was denn nun eigentlich Lucas in der Revisionsbegründung geschrieben hatte. Ging es dabei alleine um die Behauptung, dass er und die zwei Berufsrichter zu Dritt ein Gespräch geführt haben, bei denen 4 J 6 Monate bei Geständnis zugesagt worden sein sollen?Ohne selbst genauere Kenntnisse vom Verfahren zu haben außer den Veröffentlichungen von Strafverteidigerseite (und den offensichtlich sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen von Friederichsen und Holzhaider): Dann wäre der ganze Wind um Besprechungen zwischen StA, Gericht und Verteidiger („generöses Angeot“, nebst Handakten etc) und um angebliche Äußerungen von 5 Jahren und um die Zettelchen, die Lucas selbst verfasst haben soll, mE wenig aussagekräftig. Entweder gab es dieses 6-Augen-Gespräch nebst Zusage 4 J 6 oder nicht. Und dass man eine solche Zusage mit einer Besprechung verwechseln kann, in der die Staatsanwältin anwesend ist und alleine Strafvorschläge mit/ohne Geständnis/31 BtMG macht, kann man dann eben glauben oder auch nicht.
Aber leider ist die Revisionsbegründung im Gegensatz zu zahlreichen wortreichen Stellungnahmen von Strafverteidigervereinigungen und dem Interview mit dem RAK-Präsidenten (?) nicht im Internet abrufbar.
Pingback: Anfi Blog juristisches Internet » Blog Archive » Strafverteidiger freigesprochen
Die Veröffentlichung der Revisionsbegründung war bisher im Hinblick auf § 353 Ziff. 3 d StGB wohl nicht möglich. Ich gehe davon aus, dass diese Gegenstand des Verfahrens gegen RA Lucas war.
Es ist doch schön, dass Herr Richter „meine 5cent“ es wieder besser weiß als die anwesenden Zuhörer. Echt Richter halt. Die Urteilsbegründung war peinlich, echt Augsburger Justiz halt. Und diese hat anders als Weserwelle (Wir haben verstanden) nichts verstanden und macht weiter so. Laut Bericht der Augsburger Allgemeinen gibt es ein weiteres Verfahren der StA Augsburger gegen einen Verteidiger. Hintergrund des Verfahren? Einmal dürfen Sie raten: Eine Unwahre Aussage des Verteidigers gegenüber dem BGH.
Der Unrechtsbezirk Augsburger hat es immerhin geschafft, was schon lang keiner mehr, bzw. noch nie einer, geschaft hat; Der Präsident der RAK München hat in einem Interview in der SZ am Dienstag scharfe Worte gegen den Verfolgungswahn der Augsburger Staatsanwaltschaft gefunden.
Es wäre mal intersessant, was passieren würde, wenn man allen lügende Richtern ein Verfahren machen würde; aber das kann nicht passieren, da dies die Justiz lahmlegen würde.
Schön wäre es aber trotzdem, wenn in allen größeren Verfahren ein unabhägiger Prozesbeobachter wörtlich mitschreiben würde, was die Zeugen so sagen und dies dann mit den Urteilsgründen verglichen wird.
Davor hatte aber der beteiligte Richter Häusler Angst: In einem ähnlich gelagerten Fall hat er Zuhörern das mitschreiben untersagt. Ein Schelm der böses dabei denkt.
Auch die Politik und der BGH haben ja auch unglaubliche Angst vor der Wortprotokollioerung im Strafverfahren. Dies könnte ja rechtsstaatliche Verhältnisse schaffen, und wer kann das schon ernsthaft wollen?
Sascha Petzold
@Sascha Petzold:
Wie kommen Sie darauf, dass ich Richter sei? Abgesehen davon: wenn Sie meinen Beitrag gelesen hätten, hätten Sie gemerkt,dass ich es eben nicht „besser weiß“, sondern gerne besser wüsste,was Sache war: nämlich, was in der Revisionsbegründung stand. Steht übrigens schon im zweiten Satz meines Beitrags.
Wenn Sie mit solchen Primitivismen wie „was wäre, wenn alle lügenden Richter…Justiz lahmlegen…“ ankommen, müssten Sie wohl auch befürworten, gegen grob geschätzt 50 % aller Anwälte in Zivilsachen ebenfalls Verfahren wegen Beihilfe zum versuchten Betrug einlzueiten. Dort unterliegt nämlich meist eine der Parteien. Also nimmt ein RA dann zu 50 % in Kauf, dass er unwahr vorträgt? Auf diesem Niveau weiter zu diskutieren, ist mir aber zu blöd.
Ach ja:, wer soll die „unbeteiligten Prozessbeobachter“ bezahlen? Der Staat? Dann wären sie doch schon nicht mehr unabhängig?
Pingback: Nochmals: Augsburger Puppenkiste…. Schlusspunkt (?) im Verfahren ./. RA Lucas in Augsburg | Heymanns Strafrecht Online Blog