so lautet die Überschrift zu einem Posting – man kann eher sagen zu einem Hilfeschrei oder auch zu einem Aufschrei – eines Kollegen in unserem Forum bei Heymanns Strafrecht, das ich mit dessen Genehmigung hier wiedergeben/einstellen darf. Natürlich nicht ganz uneigennützig, denn es geht um die Frage der Rechtsmittel.
Vielleicht fällt ja dem ein oder anderen noch etwas ein. Der Kollege hatte selbst schon eine ganze Menge Ideen, die ich hier aber zunächst mal noch nicht einstellen will. Denn, wenn man das „Publikum befragt“ ist es nie gut, sich vorher schon zu weit aus dem Fenster herauszulehnen. Also: Folgender Sachverhalt soll Gegenstand der Betrachtung sein – und wem nichts einfällt, der nimmt es zumindest – gelinde gesagt – erstaunt zur Kenntnis:
„Liebe Listenkollegen,
ich hatte den „Spaß“ diese Woche Katz und Maus in Dunkeldeutschland spielen zu müssen oder dürfen.
Meiner Meinung nach wurde der Rechtsstaat mit Füssen getreten. Die Rechtsmittel gegen dieses Vorgehen muss ich noch einlegen und begründen.
Ich hoffe auf rege Diskussion und vielleicht sachdienliche Anregungen.
Leider ist die Sachverhaltsdarstellung lang. Ich werde das Forum in Stücken bedienen, die hoffentlich inhaltlich leichter verdaulich sind. Sie werden dann verstehen, dass ich die ganze Woche schon an Bluthochdruck leide.
Vorbemerkung:
Es handelt sich um ein Ermittlungsverfahren wegen angeblichen Doppelmord.
Die 2. Leiche ist bislang nicht gefunden worden. Mandant schweigt aus für manche nicht nachvollziehbaren Gründen bislang, trotz der dafür doch verordneten U-Haft von bislang über 6 Monaten.
Sachverhalt:
Am Montag 14.03.2011 – 13:58 Uhr erhält Verteidiger Fax von der Staatsanwaltschaft:
„Termin zur [b]Gewährung rechtlichen Gehörs[/b] wird bestimmt auf Dienstag, 15.03.2011, 09:00 Uhr Polizeipräsidium München (…) Die Vorführung des Beschuldigten zu diesem Termin aus der JVA-Stadelheim wird angeordnet. Die JVA wird um Überstellung in die Haftanstalt des PP München gebeten.“
Da die Staatsanwältin telefonisch nicht erreichbar ist schreibt die Verteidigung per Fax um 15:50 Uhr:
„… Bekanntlich will mein Mandant keine Angaben zur Sache machen. Daher ist hierin der Versuch zu sehen, durch einen kurzfristigen Vernehmungstermin die Konsultation mit dem Verteidiger zu verhindern.
Ich beantrage die Verfügung aufzuheben. Eine Vernehmung unter Umgehung des Anwalts wäre sowieso nicht verwertbar. Schon das Nicht-Gewähren der Verteidigerkonsultation führt zu Verwertungsverboten, dies gilt natürlich umso mehr, wenn die Möglichkeit gezielt ausgeschaltet wird.“
Die Staatsanwältin bleibt telefonisch unerreichbar. Sie hat aber Zeit für ein Fax um 17:01 Uhr:
„An dem Termin wird festgehalten. Es besteht die Möglichkeit, vor 09:00 Uhr mit dem Beschuldigten in der Haftanstalt zu sprechen.
Es ist bekannt, dass der Beschuldigte keine Angaben mehr machte. Es geht aber auch lediglich um die Gewährung rechtlichen Gehörs und nicht um die Herbeiführung einer Einlassung.“
Staatsanwältin und ermittelnde Polizisten bleiben telefonisch unerreichbar.
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Der Verteidiger erreicht einen leitenden Beamten der zuständigen Mordkommission. Dieser sagt, dass die Verteidigung der Polizei wohl nicht verbieten könne, mit dem Beschuldigten zu sprechen. Auf den Einwurf, dass das Vorgehen doch etwas überrasche, weil der Verteidiger noch am Donnerstag der Vorwoche mit er zuständigen Staatsanwältin und den ermittelnden Polizeibeamten telefoniert hatte und dort abgesprochen war, dass der Verteidiger diese Woche mit dem Mandanten abspricht, ob zu einem bestimmten Punkt Angaben gemacht werden sollen. Der Beamte daraufhin: „Sie haben genug Zeit für Besprechungen mit Ihrem Mandanten gehabt“ und mir zu verstehen gegeben, dass die Geduld der Strafverfolgungsbehörden mit dem seit über 6 Monaten schweigenden Beschuldigten nunmehr vorbei sei.
Die Verteidigung telefoniert mit der Ermittlungsrichterin und teilt mit, dass der Mandant nicht vorgeführt werden will. Diese erreicht die Staatsanwältin ebenfalls nicht per Telefon, bittet aber per E-Mail um Rückruf.
Mit Fax um 18:15 Uhr legt die Verteidigung Beschwerde ein und beantragt eine richterliche Entscheidung:
„… Es ist offensichtlich, dass es hier lediglich darum geht, das recht meines Mandanten auf Verteidigerkonsultation auszuschalten. Herr …
befindet sich seit Monaten in Untersuchungshaft. Es gibt keinen Grund zur Eile.
Der Versuch der Staatsanwältin, die Vernehmung als Gewährung rechtlichen Gehörs zu tarnen, ist zynisch. Es geht gerade darum, das rechtliche Gehör (auch des Verteidigers) auszuschalten.“
Zur Vorgeschichte:
Die Woche vorher wurde Leichenteile gefunden, für den Mordvorwurf des Beschuldigten. Das Verfahren kam bislang ohne Leiche und Tatzeugen aus.
Die Information erhielt der Verteidiger nicht von den Ermittlungsbehörden sondern von der Presse.
Es stand zu befürchten, dass die Ermittlungsbehörden diese Mitteilung dazu ausnützen wollten, einen unkontrollierbaren Redefluss bei meinen Mandanten herbeizuführen.
Daher schaltete ich einen weiteren Verteidiger ein, um am nächsten Morgen sowohl die JVA als auch das Polizeipräsidium absichern zu können.
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Dienstag, 15.03.2011:
Verteidiger schreibt per Fax um va. 07:00 Uhr an die JVA, dass Mandant nicht vorgeführt werden will, dass jedenfalls vorher ein Verteidigerbesuch ermöglicht werden soll und dies auch zeitlich kein Problem darstelle, da Termin der Staatsanwältin erst um 09:00 Uhr sei.
07:20 Uhr erreicht Verteidiger die JVA, also 10 Minuten vor offizieller Öffnung. An der Pforte wird ihm Mitgeteilt, dass Mandant schon weg sei.
Nach etwas Wirbel erreicht man per Telefon den Beamten für die Ausführung.
Mandant ist noch in JVA. Zunächst wird gesagt, dass Mandant die Ausführung will, es wird aber Gelegenheit für ein Telefonat mit Mandant gewährt.
Daraufhin erklärt Mandant den Beamten, dass er nicht Ausgeführt werden will. Es ist aber noch ein Gespräch des Verteidigers nötig, um dem Beamten klarzumachen, dass der Mandant dann als Verweigerer in der JVA bleiben muss. Beamter sagt zu, mit der Staatsanwältin zu telefonieren und Mandant nur auf Anordnung von Zwang zu überstellen.
In der Vollstreckungsgeschäftsstelle erfährt Verteidiger, dass Staatsanwältin telefonisch angeordnet habe, dass Mandant trotz Widerspruch zu überführen sei und dies in ihrer Entscheidungskompetenz läge.
Verteidiger fährt daraufhin in Polizeipräsidium, um Mandant abzufangen.
Dort trifft er seinen dorthin bestellten Kollegen, der zwischenzeitlich Kontakt zu den ermittelnden Beamten aufnehmen konnte. Nach kurzer Zeit wird der Kollege (in Untervollmacht) informiert, dass Gespräch jetzt doch in der JVA stattfinden werde. Der Hauptverteidiger wird nicht informiert.
Bei einem Anruf bei der Ermittlungsrichterin erfährt Verteidiger, dass diese eine Ausführung gegen den Willen des Mandanten abgelehnt habe.
Die beiden Verteidiger erreichen den Mandanten in der JVA vor den Ermittlern und bereiten diesen auf die schlechte Neuigkeit vor.
Staatsanwältin erscheint mit Kommissar. Dramaturgisch wird die Neuigkeit mitgeteilt, freilich mit viel Pausen, um den Beschuldigten die Möglichkeit zum Reden zu geben. Es wurden auch Ermittlungsfotos mitgebracht, über die man (im Rahmen des Rechtlichen Gehörs) reden wollte. Sichtlich enttäuscht ist man, dass auch der strenge Hauptverteidiger anwesend ist.
Listig fragt die Staatsanwältin, ob der Mandant nun suizidgefährdet sei.
Wir alle wissen um die Fürsorgefolgen bei suizidgefährdeten Inhaftierten.
Als Erklärung für den spontanen Besuch wird angegeben, dass man mit dem Hauptverteidiger halt so schlecht einen Termin vereinbaren könne; zudem habe die Bildzeitung am Vortag von dem Leichenfund berichtet. Man wollte natürlich die Nachricht aus Rücksichtnahme persönlich überbringen, damit der Beschuldigte nicht über die Presse davon erfahren müsse.
Beiläufig wird noch erwähnt, dass der Leichenfund ganz nahe am Tatort einer weiteren, von dem Beschuldigten begangenen Tat, läge. Von dem Leichenfund wisse man seit dem Mittwoch der Vorwoche.
Tatsächlich hat keiner Versucht einen Termin telefonisch mit dem Verteidiger zu vereinbaren. Noch am Donnerstag, also ein Tag nach dortigem Bekanntwerden des Leichenfunds, telefonierte der Verteidiger sowohl mit er zuständigen Staatsanwältin als auch dem ermittelnden Polizisten. Dort wurde noch vereinbart, dass sich der Verteidiger im Laufe der kommenden Woche wegen einer Absprache zu einen möglichen Termin melden würde.
Bei diesen Telefonaten gab es keinerlei Versuche , rechtliches Gehör zu gewähren. Vielmehr wurde die Frage, ob es Neuigkeiten gäbe mit Belanglosigkeiten beantwortet.
Dafür gab es rechtliches Gehör an die Presse. Die Bildzeitung zitiert in ihrem Bericht vom Montag die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.
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Per Fax vom Freitag den 17.03.2011 schreibt die Staatsanwältin an den Verteidiger (eine Kopie geht nachrichtlich an den Beschuldigten:
„Da Ihnen, …., Kenntnisse zur DNA-Analyse fehlen würden, …. Falls es ansonsten noch Verständnisprobleme gibt, … .
Aus Fürsorgegesichtspunkten weise ich darauf hin, … und deswegen der Beschuldigte derzeit die Gelegenheit hat, hinsichtlich der erfahrungsgemäß zu erwartenden lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld Pluspunkte für die Vollstreckung für sich unter Aufgabe der zum Scheitern verurteilten bisherigen Verteidigungslinie zu erzielen.
Das Verhalten des Beschuldigten bei der Mitteilung des Auffindens von Leichenteilen …. war erwartungsgemäß nicht mit der Unschuld des Beschuldigten vereinbar.“ Weiterhin wird der Verteidigung eine Frist von 10 Tagen zu einer Einlassung gesetzt. Ansonsten werden keine diesbezüglichen Ermittlungen mehr durchgeführt werden. Weiterhin wird der Beschuldigte direkt aufgefordert mitzuteilen, ob bestimmte Passagen aus einem Schrittsatz des Verteidigers seine eigenen oder Erklärungen des Verteidigers seien.
Vollständige Akteneinsicht wird übrigens erst im April, also nach Ablauf der Erklärungsfrist möglich sein.“
Noch Fragen? Es ist schon erstaunlich, was da gelaufen ist bzw., was da läuft.
Erlaubte kriminalistische List. Was gibt es daran zu beanstanden? Der Beschuldigte ist gemäß § 163a Abs. 3 Satz 1 StPO verpflichtet, vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Von der Benachrichtigung des Verteidigers kann gemäß § 168c Abs. 5 Satz 2 StPO abgesehen werden. Wenn man erst einmal eine Äußerung des Beschuldigten hat, kann man diese in der Regel auch in das Verfahren einführen, entweder durch Verlesung oder durch Vorhalt an die Vernehmungsbeamten. Auch wird es erlaubt sein, einfach die Reaktion des Beschuldigten auf bestimmte Vorhalte („Leichenteile gefunden“) zu testen.
Ein Verfahrensfehler führt, gerade bei derart schweren Delikten, in der Regel nicht zu einem Verwertungsverbot. Ich als Verteidiger betreibe einen solchen Aufwand nicht , um den Beschuldigten unter allen Umständen von einer Aussage abzuhalten, von der ich ihm nachdrücklich abgeraten habe. Wer bin ich, in Zweifel zu ziehen, was das BVerfG und der BGH für Recht halten? Und dann soll man auch noch für die paar Euro fuffzig, die man als Pflichtverteidigergebühren erhält, eine 50 Seiten lange Verfahrensrüge erheben, die im Zweifel als unzulässig verworfen wird, weil man angeblich diese oder jene Tatsache noch hätte vortragen müssen.
Nur als Ausschnitt aus dem Karlsruher Kommentar:
„Die Benachrichtigung des Verteidigers kann nicht schon aus Gründen unterlassen werden, die allein in der Person des Beschuldigten liegen (BGHSt 29, 1 = NJW 1980, 1056). Selbst wenn der Verteidiger von einem Vernehmungstermin nicht benachrichtigt worden ist, bleibt davon sein Anwesenheitsrecht nach Abs. 2 unberührt, wenn er etwa auf andere Weise vom Vernehmungstermin erfährt, da er nicht wie der Beschuldigte nach Abs. 3 von der Anwesenheit ausgeschlossen werden kann (BGHSt 29, 1, 5 = NJW 1980, 1056).“
Aus gleicher Quelle zum Verwertungsverbot sei nur auf BGH NJW 1996, 2239, 2241; BGHSt 31, 140, 144 verwiesen.
Gerade dieses verhalten ist so eine evidente Verteidigerumgehung, dass einem das Verwertungsverbot doch ins Gesicht springt. Wer hier als Verteidiger nichtmals versucht was zu unternehmen, macht irgendwie was falsch.
@ crane
Bei einer staatsanwaltlichen Vernehmung muss die Ladung auch auf diese lauten und nicht als Gewährung rechtlichen Gehörs getarnt werden. Zumal über die Ladung auf Antrag die Gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden muss.
Aus meiner Sicht ist die Frage, ob man sich gegen rechtstaatswidrige Eingriffe whrt oder nicht keine Frage der Vergütung. Entweder ich nehme das Mandat an, dann kämpfe ich, oder ich lehne es halt mit der Begründung ab, dass Vergütung den Aufwand, die Verantwortung und den Stress nicht lohnt. M.E. ist auch der zweite Weg nicht verwerflich. Man könnte in der Zeit z.B. mit seiner Frau in den Biergarten gehen.
Sascha Petzold
@Denny Crane: Das Problem liegt – neben des Ausschlusses der gerichtlichen Entscheidung über die Ladung, s. Sascha Petzold – darin, dass sich der Beschuldigte faktisch nicht „nicht äußern“ kann, indem jedwede mögliche Reaktion auf die Vorhalte interpretiert und protokolliert wird. Bekanntlich darf sich der Beschuldigte jedoch in jeder Phase des Verfahrens eines Verteidigers bedienen – das erscheint mir in München konsequenterweise bereits deshalb stets erforderlich um den uferlosen Ermittlungsmethoden der StA Einhalt zu gebieten.
Verteidigung ist Kampf um seinen Mandanten. Ganz einfach
Klarer Fall für einen Antrag an den Generalstaatsanwalt, die Staatsanwältin wegen Ungeeignetheit einer ordnungsgemäßen Dienstausübung aus den Gründen …. unverzüglich abzulösen und den Fall …Js.. einem anderen Staatsanwalt zu übertragen.
Habe ich jetzt was gewonnen?
Ja. Ein Stückchen mehr Rechtsstaat. Aber leider gibt es ja imer weniger Anhänger der Rechtsstaatlichkeit.
Sascha Petzold
@ Dr. N:
Den Preis für den dümm.. unintelligentesten Beitrag, weil Sie ausschließlich auf Grundlage der Sachverhaltsdarstellung des Verteidigers einen „klaren Fall“ der Ungeeignetheit behaupten?
Der Sache nach war es entweder eine Vernehmung (Möglichkeit, sich zu den Bildern zu erklären) und/oder ggf (da Fotos und nicht die Leiche selbst gezeigt werden sollten) eine Identifizierungsgegenüberstellung nach § 88 StPO analog.
Die StA kann eine Vorführung anordnen und eine BV. Der Verteidiger wurde wie gesetzlich vorgesehen benachrichtigt. Dass StA oder Polizeibeamte nicht den ganzen Tag am Telefon sitzen und auf Rückrufe warten, dürfte einem Strafverteidiger bekannt sein. Der Verteidiger wurde nicht ausgeschlossen. Eine Terminsverlegung der BV so, dass der Wahlverteidiger teilnehmen kann, sieht die StPO für staatsanwaltschaftliche und auch richterliche Vernehmungen gerade NICHT vor (168 c Abs. 5 S. 3 StPO i.V.m. 163 a Abs. 3 S. 2).
Der Beschuldigte ist bei einer etwaigen Vernehmung nach § 136 StPO zu belehren (zwar nicht unbedingt nochmals über das Recht auf Verteidigerkonsultation, wenn er schon wie hier einen Verteidiger hat) und dann kann er selbst entscheiden, ob er die Anwesenheit des Verteidigers / Besprechung mit Verteidiger wünscht oder nicht. Manche vergessen offenbar, dass die Mitteilung des Verteidigers, es würden keinerlei Angaben gemacht, nur im Auftrag des alleine weisungs- und entscheidungsbefugten Mandanten erfolgt. Bleibt also alleine der Vorwurf, das Recht auf Verteidigerkonsultation (vor der Vernehmung) ausgehebelt zu haben. Und gegen welche Norm genau soll das verstoßen? 136 StPO wohl kaum, weil der (ich vereinfache) voraussetzt, dass der Beschuldigte vor dem Vernehmungsbeamten sitzt, von ihm belehrt wird und dann sagt, dass er seinen Verteidiger beiziehen will. 136 gibt das Recht zur Verteidigerkonsultation nach der Belehrung und nicht vor dem Vernehmungstermin.
Wenn es eine Identifizierungsgegenüberstellung nach 88 StPO analog wäre, könnte allenfalls 136a verletzt sein, wenn nicht die „Anerkennung“ der Leiche beabsichtigt war, sondern ein Geständnis.
Und Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Vorführung zu stellen ist alleine Sache des Beschuldigten/Verteidigers, es ist nach der StPO nicht Sache der StA, eine solche „Entscheidung herbeizuführen“ (falls Sascha Petzold und JLLoyd das so gemeint haben sollten).
Sie sind ein echt toller Mensch, weiter so Oller!
Ich versteh sie schon, schliesslich lebt jeder fuer nen Hungerlohn.
50 Seiten ist natuerlich total uebertrieben, aber sie muessen ihren Punkt ja unterstreichen.
Mehr Aerzte und Lehrer wie sie ein Verteidiger sind und die Welt waer im Lot.
– solange der Gesetzgeber es für richtig hält, Pflichtverteidiger selbst im Falle des Vorwurfs eines Kapitalverbrechens mit ein paar hundert Euro abzuspeisen, die nicht einmal kostendeckend, geschweige denn gewinnbringend sind (anders in vielen US-Bundesstaaten),
– solange die Oberlandesgerichte Pauschgebühren mit der Begründung nicht mehr gewähren, ein außergewöhnlicher Aufwand sei nicht festzustellen oder vom Verteidiger selbst unnötig verursacht worden,
– solange Verteidigung in den Augen der Justiz und breiter Bevölkerungsschichten vorwiegend als Behinderung gerechter Strafverfolgung, mitunter sogar als Strafvereitelung wahrgenommen wird,
– solange der BGH und das BVerfG der Meinung sind, es dürfe praktisch jeder Beweis verwertet werden, solange seine Verwertung nicht ausdrücklich verboten ist (statt – wie man mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 GG vermuten sollte – umgekehrt [vgl. Schwabenbauer, NJW 2009, 3207]),
sehe ich keinen Anlaß, mich gegen den weisen Ratschluß unserer obersten Bundesgerichte, des Gesetzgebers und des Souveräns zu stellen, indem ich Anträge stelle und Rechtsbehelfe einlege, denen der Erfolg mit überwiegender Wahrscheinlichkeit versagt bleibt und die damit bestenfalls geeignet sind, meine Kompetenz und Seriösität in Frage zu stellen.
Wie wärs mit § 163a Abs. 3 S. 3 StPO. Meines Wissens gilt der § auch für die StA. Die StA hätte also nach Antrag des Verteidigers nicht mehr die zwanghafte Vorführung verlangen dürfen. Weiterhin verweist § 163a auf § 133 ff. ; Also hätte ordnungsgemäß geladen werden müssen. D.H. Ladung zur Vernehmung und nicht Gewährung rechtlichen Gehörs.
M.E. ist die nicht durch Ermächtigungsnorm erzwungene Vorführung eine Nötigung. Wird aber wohl nicht verfolgt werden.
Sascha Petzold
@meine5cent: „Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Vorführung zu stellen ist alleine Sache des Beschuldigten/Verteidigers, es ist nach der StPO nicht Sache der StA, eine solche “Entscheidung herbeizuführen“
Mit Sicherheit jedoch ist es der StA verwehrt durch organisatorische Maßnahmen einen Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung über die Vorführung zu verhindern.
@Sascha Petzold: Ihr Verweis auf 163 a StPO ist richtig, Aber: 163 a III 3 i.V. m. 307 StPO entsprechend: KEINE aufschiebende Wirkung/Vollzugshemmung des Antrags. D.h. die StA hätte bis zur Entscheidung vorführen lassen können.
Schriftliche Ladung ist offenbar mindestens an Vtg. gegangen. Dass eine BV (oder aber Gegenüberstellung nach 88 ) als Gewährung rechtlichen Gehörs bezeichnet wird (ist sie doch auch, oder?) ist zwar ausgefallen,. aber mE nicht völlig daneben. Wie gesagt, Verteidiger war informiert und konnte reagieren.