Frist/beA II: Stellungnahme bitte per Fax, nicht per beA, oder: Kann das verlangt werden?

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Die zweite – leicht ungewöhnlich bzw. nicht alltägliche – Entscheidung kommt vom OLG Karlsruhe. Das hat im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.01.2025 – 2 ORbs 320 SsBs 725/24 – in Zusammenhnag mit einem Ablehnungsverfahren zu Frage der Fristwahrung bei Einreichung von Dokumenten im elektronischen Rechtsverkehr Stellung genommen.

In dem Verfahren wurde die dienstliche Stellungnahme der Richterin A., die vom 27.05.2024 stammte, auf Anordnung von Richterin B. am 27.05.2024 um 12:35 Uhr der Kanzlei des Verteidigers, der die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hattem per Telefax mit dem Zusatz „Bitte um sofortige Vorlage, notfalls an den Vertreter“ übermittelt. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme „per Fax“ bis 14:30 Uhr am selben Tag gegeben, „um vor dem morgen anberaumten Hauptverhandlungstermin entscheiden zu können“.

Dann wird auch die Richterin B. abgelehnt, die entscheidet aber noch über das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin A. Dazu sagt das OLG – betreffend die Zuständigkeit der Richterin B -: Insoweit kein Problem:

„bb) Auch das am Nachmittag des 27.5.2024 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen Richterin am Amtsgericht B. ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung.

Zwar war diese mit dem insoweit allein maßgeblichen Eingang des Ablehnungsgesuchs am 27.5.2024 um 14:26:15 Uhr – damit ist nach einer vom Senat eingeholten Auskunft der Eingang auf dem sogenannten Intermediär der baden-württembergischen Justiz bezeichnet – objektiv nicht mehr zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen Richterin am Amtsgericht A. berufen, solange nicht über das gegen sie selbst gerichtete Ablehnungsgesuch entschieden war.

Richterin nach Amtsgericht B. hat ihre Zuständigkeit aber nicht willkürlich bejaht. Insofern gewinnt Bedeutung, dass nach der vom Senat beim IuK-Fachzentrum Justiz, das in der baden-württembergischen Justiz federführend mit Fragen des elektronischen Rechtsverkehrs betraut ist, eingeholten Auskunft das Amtsgericht Heidelberg erst mit dem im Transfervermerk bezeichneten späteren Zeitpunkt Kenntnis vom Eingang des das weitere Ablehnungsgesuch enthaltenden Schriftsatzes nehmen und auf diesen zugreifen konnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in der Verfügung vom 27.5.2024, mit der die Frist zur Stellungnahme zur dienstlichen Erklärung von Richterin am Amtsgericht A. bestimmt worden war, ausdrücklich die Einreichung einer etwaigen Stellungnahme mittels Telefax erbeten worden war. Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Unkenntnis von Richterin am Amtsgericht B. von dem gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuch nicht auf Pflichtwidrigkeit beruhte, als sie – als nach dem Geschäftsverteilungsplan originär zuständige Richterin – über das Ablehnungsgesuch gegen Richterin am Amtsgericht A. entschied.“

Und die Entscheidung hat folgende Leitsätze:

1. Bei der Einreichung eines Dokuments im elektronischen Rechtsverkehr kann zwischen dem Eingang des Dokuments bei der Einrichtung gemäß § 32a Abs. 5 Satz 1 StPO – hier: Intermediär der baden-württembergischen Justiz – und dem Eingang bei dem eigentlichen Empfänger – hier: Amtsgericht – eine nicht näher bestimmbare Zeitspanne liegen.

2. Um eine rechtzeitige Kenntnisnahme zu gewährleisten, kann einem Beteiligten deshalb in eilbedürftigen Fällen die Einreichung auf anderem Weg – hier: Telefax – aufgegeben werden.

Die Ausführungen des OLG gelten nicht nur für Fristen und deren Einhaltung in Bußgeldverfahren sondern auch in anderen Verfahren.

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