StGB I: Die (anonyme) „Kinderpornobande“ im Internet, oder: Bandenmitgliedschaft geht auch anonym.

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Ich mache heute dann einen StGB-Tag. In den starte ich mit einem schon etwas älteren BGH-Beschluss, der aber erst jetzt veröffentlicht worden ist, und zwar der BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 6 StR 449/23.

Es geht in der Entscheidung um den Begriff der Bande beim Verbreiten kinder- und jugendpornografischer Inhalte. Das LG hat den Angeklagten deswegen wegen eines Verstoßes gegen §§ 184b Abs. 2, 184c Abs. 2 StGB verurteilt. Nach den Feststellungen des LG hatte sich der Angeklagte dem Internetforum „B.“ unter Verwendung des Nutzernamens „S.“ angeschlossen. Dabei han­delte sich dabei um einen szenetypischen, internationalen Zusammenschluss pä­dophiler Personen, die hierüber einen längerfristigen und umfangreichen Aus­tausch kinder- und jugendpornographischer Bild- und Videodateien abwickelten. Das Internetforum war über das TOR-Netzwerk erreichbar. Eine Anmeldung war nach Registrierung möglich, wozu Nutzername und Passwort hinterlegt wurden.

Voraussetzung war ferner, dass der Nutzer die durch die Administratoren festge­legten „Forenregeln“ akzeptierte. Hierzu gehörte namentlich, dass ausschließlich Dateien mit männlichen Kindern ab dem ersten Lebensjahr und Jugendlichen hochgeladen werden. Der Austausch der Dateien erfolgte mittels in Threads „ge­posteter“ Links zu passwortgeschützten Dateiarchiven. Sämtliche Nutzer konnten auf die Dateiinhalte zugreifen. Zur Tatzeit ge­hörten dem Internetforum etwa 245.000 registrierte aktive Mitglieder an. Auch der Angeklagte beabsichtigte mit seinem Beitritt, sich den Regeln des Internetforums zu unterwerfen, hierüber langfristig kinder- und jugendporno­graphische Inhalte mit anderen registrierten Nutzern auszutauschen und mit die­sen hierüber zu kommunizieren. Insbesondere durch das wiederholte Bereitstel­len („Posten“) solcher Inhalte, aber auch durch das Verfassen von Beiträgen leistete er wissentlich einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Inter­netforums. Hierdurch sollten die anderen registrierten Nutzer zum Posten von Links zu entsprechenden Inhalten motiviert werden, damit der Angeklagte immer wieder neues kinder- und jugendpornographisches Bild- und Videomaterial er­halten konnte. Der Angeklagte gehörte zu den „TOP 350“ des Netzwerks und damit zu einer Gruppe von Mitgliedern, die bereits mehr als 250 Posts verfasst hatten.

Die Revision des Angeklagten ist bis auf eine  Schulspruchberichtigung („Zugänglichmachen“ statt „Verbreiten“) erfolglos geblieben.

Der BGH hat seine Entscheidung, die zur Aufnahme in BGHSt bestimmt ist, recht umfangreich begründet. Daher stelle ich hier nur den Leitsatz ein, die Einzelheiten der Begründung bitte im Volltext nachlesen. Der Leitsatz lautet:

    1. Bandenmäßig im Sinne von § 184b Abs. 2 Var. 2 bzw. § 184c Abs. 2 Var. 2. StGB handelt, wer einem zum Zwecke des Austauschs kinder- und jugendpor­nographischer Inhalte (§ 184b Abs. 1, § 184c Abs. 1 StGB) betriebenen zu­gangsbeschränkten Internetforum beitritt und entsprechend den hierfür aufge­stellten Regeln zugleich (konkludent) erklärt, hierüber fortan einen wiederhol­ten Tauschhandel mit anderen registrierten Nutzern zu betreiben.
    2. Eine Bandenabrede ist auch zwischen Personen möglich, die sich sämtlich nicht näher kennen, sondern unter Pseudonymen und Decknamen im virtuel­len Raum des Internets miteinander handeln.

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