StPO I: Beweisantrag nur mit konkreter Tatsache, oder: Aufklärungsrüge – reichen die erhobenen Beweise aus?

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Und weiter geht es dann heute mit StPO-Entscheidungen.

Zunächst kommen hier zwei Entscheidungen des BGH, in denen Beweis(antrags)fragen eine Rolle gespielt haben, und zwar:

„Die Verfahrensrüge der fehlerhaften Zurückweisung des auf die Vernehmung des Zeugen G.  gerichteten Beweisantrags vom 11. Juli 2023 ist jedenfalls unbegründet. Bei dem Antrag handelt es sich bereits nicht um einen ordnungsgemäßen Beweisantrag (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO), da der Angeklagte keine hinreichend konkrete Tatsache benannt hat. Mit der Behauptung, den Angeklagten und die Zeugin A. habe „ein rein freundschaftliches Verhältnis [verbunden], das von Vertrauen geprägt war und vollständig ohne sexuellen Kontakt auskam“, nennt der Angeklagte nur ein Beweisziel, welches als Bewertung zur Nachvollziehbarkeit durch das Gericht und Beweiserheblichkeit mit konkreten, auch in zeitlicher Hinsicht und den Umständen nach zumindest umrissenen, hinreichend feststellbaren und überprüfbaren Tatsachenbehauptungen hätte belegt werden müssen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 2003 – 5 StR 378/02 Rn. 5; vom 9. Oktober 1996 – 3 StR 352/96 Rn. 7 und vom 29. August 1990 – 3 StR 184/90 Rn. 6); solche sind auch der Begründung des Antrags nicht zu entnehmen.“

Die auf die unterbliebene Vernehmung der Ehefrau des Angeklagten zu dessen Betäubungsmittel- und Medikamentenkonsum gestützte Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil sich dem Revisionsvorbringen nicht entnehmen lässt, dass sich das Landgericht zu der begehrten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
§ 244 Abs. 2 StPO gebietet es, von Amts wegen Beweis zu erheben, wenn aus den Akten oder dem Stoff der Verhandlung Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten Überzeugung wecken müssen. Ob die vom Gericht aufgrund der verwendeten Beweismittel gewonnene Überzeugung ausreicht oder zu ihrer Absicherung oder Überprüfung weitere Beweismittel heranzuziehen sind, ist auf der Grundlage von Verfahrensablauf und Beweislage des Einzelfalls zu beurteilen. Je weniger gesichert ein Beweisergebnis erscheint, desto eher besteht Anlass für das Gericht, trotz der erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu nutzen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Zeuge Vorgänge bekunden soll, die für die Entscheidung von zentraler Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – 2 StR 383/15, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Zeugenvernehmung 19 mwN).
Hier erschien dem sachverständig beratenen Landgericht das zu der Frage eines Hanges des Angeklagten im Sinne des § 64 StGB in der bis zum 30. September 2023 geltenden Fassung aufgrund der erhobenen Beweise, insbesondere der Untersuchung der dem Angeklagten abgenommenen Haar- und Blutproben, gewonnene Ergebnis zu Recht derart gesichert, dass es die Vernehmung von dessen Ehefrau zum Betäubungsmittel- bzw. Medikamentenkonsum des Angeklagten für entbehrlich halten durfte. Dies gilt erst recht im Hinblick auf die nach der Neufassung des § 64 StGB (BGBl. 2023 I, Nr. 203) geltenden erhöhten Anforderungen an die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten.“

 

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