Und heute dann mal wieder Aufarbeiten der Coronapandemie, und zwar mit einer Entscheidung des BGH und einem Beschluss des OLG Hamm. Also bitte nicht erstaunt sein, wenn es an einem Montag Zivilrecht gibt.
Und ich beginne dann gleich mit dem zivilrechtlichen BGH, Urt. v. 24.01.2024 – XII ZR 123/22 – zu folgendem Sachverhalt: Gestritten wird um die Rückzahlung einer vom Kläger geleisteten Anzahlung für von ihm bei der Beklagten gebuchte Hotelzimmer. Der Kläger, der mit seinem Reisebusunternehmen u.a. touristische Gruppenreisen veranstaltet, buchte für seine Saisoneröffnungsfahrten vom 19. bis zum 22.03.2020 und vom 26. bis zum 29.03.2020 in einem Hotel der Beklagten Übernachtungen einschließlich Frühstücksbuffet, Mittagessen, Kaffeetafel und Abendessen mit kalten und warmen Speisen. Die vom Kläger unterzeichnete Reservierungsbestätigung der Beklagten vom 25.10.2019 enthielt u.a. folgende Stornierungsbedingungen: „(…), ab 1 Woche berechnen wir 80 % auf die gebuchten Leistungen. (…) Stornierungen am Anreisetag oder Nichtanreisen werden mit 90 % berechnet.“
Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Buchungsumfangs stellte die Beklagte dem Kläger unter dem 26.02.2020 eine Depositrechnung in Höhe von insgesamt 10.356 EUR, auf die der Kläger am 4. und 5.03.2020 vereinbarungsgemäß 8.426,40 EUR als Vorauszahlung überwies.
Es kommt dann im März 2020 zum ersten Lockdow, in dem es Betreibern von Hotels untersagt ist/wird, „Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen“. Der Landkreis, in dem sich das Hotel der Beklagten befindet, erließ am 18.03.2020 eine entsprechende Allgemeinverfügung, die für sofort vollziehbar erklärt wurde.
Nach einem am 17.03.2020 mit einer Hotelmitarbeiterin geführten Telefongespräch teilte die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 18.03 2020 unter dem Betreff „Storno“ mit: „Die Gruppenreise für (…) haben wir erstmals bei uns Storniert. Die Anzahlung haben wir auf ein „Gutschein“ Konto umgebucht & halten dieses bis zum Umbuchungstermin offen. Wir würden uns sehr über einen Alternativtermin freuen.“
Auf E-Mail-Aufforderungen des Klägers zur Rückzahlung seiner Vorauszahlung teilte die Beklagte diesem mit E-Mails vom 22.05.2020 bzw. 30. 07. 2020 mit, dass man den Vorgang an die Buchhaltung zur Rückzahlung weitergeleitet habe.
Der Kläger hat dann Zahlung von 8.426,40 EUR verlangt. Und er hatte sowohl vom LG als auch beim OLG Erfolg. Die Revision der Beklagte hatte dann beim BGH keinen Erfolg. Ich will jetzt nicht die gesamten Urteilsgründe einstellen, sondern überlasse die dem Selbststudium.
Nur soviel: Der BGH hat den geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Vorauszahlung bestätigt. Die vertraglich geschuldete Bereitstellung der Hotelzimmer für touristische Übernachtungen sei durch die behördliche Anordnung untersagt worden, sodass der vereinbarte Leistungserfolg nicht mehr habe herbeigeführt werden können. Damit sei rechtliche Unmöglichkeit eingetreten. Auch eine Verschiebung der Reisen auf einen Zeitraum nach der Aufhebung des Beherbergungsverbots habe dem Kläger nicht zugemutet werden können, zumal gar nicht absehbar gewesen sei, wie lange die Pandemie dauern werde.
Die Entscheidung hat folgende amtliche Leitsätze:
1. Zur Frage der Unmöglichkeit der von einem Beherbergungsbetrieb geschuldeten Leistung aufgrund eines im Vertragszeitraum geltenden Beherbergungsverbots zu touristischen Zwecken als Schutzmaßnahme zur Be-kämpfung der COVID-19-Pandemie.
2. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in denVorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt. Daher scheidet eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweitder Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB erfüllt ist (im Anschluss an SenatsurteilBGHZ 233, 266 = NZM 2022, 514).