StPO I: Unwirksamer Verbindungsbeschluss des LG, oder: Das gemeinschaftliche obere Gericht war der BGH

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Heute dann StPO-Entscheidungen. Alle drei kommen vom BGH.

Ich eröffne mit dem BGH, Beschl. v. 12.07.2022 – 3 StR 121/22.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen eines in Mönchengladbach begangenen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen einer in Ü. begangenen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die teilweise Erfolg hatte. Der BGH hat die Veurteilung wegen einer in Ü. begangenen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis aufgehoben:

„1. Die Verurteilung des Angeklagten in Bezug auf Fall II. 4. der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht für die Entscheidung sachlich nicht zuständig war. Dieser Mangel ist gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 1990 – 4 StR 177/90 , BGHR StPO § 4 Verbindung 3 ; vom 1. Dezember 2005 – 4 StR 426/05 , juris Rn. 3).

Die Staatsanwaltschaft Aachen hatte wegen dieser Tat Anklage zum Amtsgericht – Schöffengericht – Geilenkirchen erhoben, das sie zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet hatte. Nachdem die Vorsitzende des Schöffengerichts erfahren hatte, dass gegen den Angeklagten ein Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach anhängig war und Bereitschaft bestand, das Verfahren „zu übernehmen“, hat sie es dorthin abgegeben. Durch Beschluss vom 19. April 2021 hat das Landgericht dieses zu dem bei sich anhängigen Verfahren verbunden.

Dieser Verbindungsbeschluss ist unwirksam, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Die Verbindung von Strafsachen, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betrifft, kann nicht durch eine Vereinbarung der beteiligten Gerichte nach § 13 Abs. 2 Satz 1 StPO vorgenommen werden. Eine solche Verbindung kann vielmehr in den Fällen, in denen – wie im vorliegenden Fall – die verschiedenen Gerichte nicht alle zu dem Bezirk des ranghöheren gehören, gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO nur durch Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts – hier des Bundesgerichtshofs – herbeigeführt werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 1968 – 4 StR 335/68 , BGHSt 22, 232, 234 ; Beschlüsse vom 21. März 2000 – 1 StR 609/99 , NStZ 2000, 435 f.; vom 7. April 2005 – 3 StR 347/04 , NStZ 2005, 464 Rn. 1). Daran fehlt es. Die Sache ist insoweit nicht bei dem Landgericht Mönchengladbach rechtshängig geworden. Es besteht daher hinsichtlich dieser Tat ein Verfahrenshindernis, das zwar zu einer Teilaufhebung des Urteils, nicht jedoch zur Verfahrenseinstellung führt, da die Rechtshängigkeit des Verfahrens bei dem Amtsgericht – Schöffengericht – Geilenkirchen fortbesteht, eine Einstellung dieses Verfahren beenden würde und danach kein Raum für eine Sachentscheidung, gleich durch welches Gericht, verbliebe. Das Verfahren ist daher entsprechend § 355 StPO , soweit es Fall II. 4. der Urteilsgründe betrifft, an das weiterhin zuständige Amtsgericht Geilenkirchen zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 1995 – 2 StR 74/95 , BGHR StPO § 4 Verbindung 9 ; vom 16. April 1996 – 4 StR 80/95 , – NStZ-RR 1996, 232; vom 1. Dezember 2005 – 4 StR 426/05 , juris Rn. 4; vom 11. Juli 2013 – 3 StR 166/13 , NStZ-RR 2013, 378).“

 

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