OWi I: Absehen vom Fahrverbot nach zwei Jahren?, oder: Ja, aber nicht automatisch

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Heute dann ein Tag mit OWi-Entscheidungen. In dem Bereich ist es derzeit aber recht „ruhig“. Ich habe wenig neue Entscheidungen.

Hier dann zunächst etwas zum Fahrverbot, und zwar zwei Entscheidungen des OLG Brandenburg zum Absehen/Entfallen des Fahrverbots bei langer Verfahrensdauer.

Zunächst hier der OLG Brandenburg, Beschl. v.  04.07.2022 – 2 OLG 53 Ss-OWi 260/22 – mit folgendem Leitsatz – der bei dieser Entscsheidung genügt:

Bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren zwischen Tat und Urteil bedarf es besonderer Umstände für die Annahme, dass ein Fahrverbot noch unbedingt notwendig ist. Hierbei ist u.a. zu berücksichtigen, worauf die lange Verfahrensdauer zurückzuführen ist, insbesondere ob hierfür maßgebliche Umstände im Einflussbereich des Betroffenen liegen oder Folge gerichtlicher oder behördlicher Abläufe sind.

Und als zweite Entscheidung dann der OLG Brandenburg, Beschl. v. 08.07.2022 – 1 OLG 53 Ss-Owi 241/22. In dem hat das OLG nicht vom Fahrverbot abgesehen. Abgesehen davon, dass der Zeitraum von zwei Jahren noch nicht erreicht war, sieht das OLG auch aus anderen Gründen nicht vom Fahrverbot ab, wobei sich mir nicht so ganz erschließt, warum man die Ausführungen macht:

„Dieser Zeitrahmen führt jedoch nicht automatisch zu einem Absehen von einem Fahrverbot, sondern ist lediglich ein Anhaltspunkt dafür, dass eine tatrichterliche Prüfung, ob das Fahrverbot seinen erzieherischen Zweck im Hinblick auf den Zeitablauf noch erfüllen kann, geboten ist.

Bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren zwischen Tat und Urteil – der hier nicht gegeben ist – bedarf es auch nach Auffassung des Senats besonderer Umstände für die Annahme, dass ein Fahrverbot noch unbedingt notwendig ist (s.a. OLG Düsseldorf MDR 2000, 829; zum Ganzen: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., StVG, § 25, Rn. 24 m.w.N.). Diese Zwei-Jahres-Frist war bei der Entscheidung des Amtsgerichts jedoch noch nicht annähernd abgelaufen. Dessen ungeachtet ist bei der Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen, worauf die lange Verfahrensdauer zurückzuführen ist, insbesondere ob hierfür maßgebliche Umstände im Einflussbereich des Betroffenen liegen oder Folge gerichtlicher oder behördlicher Abläufe sind (BayObLG NZV 2004, 210). Dabei kann die Ausschöpfung von Rechtsmitteln und der Gebrauch der in der StPO und dem OWiG eingeräumten Rechte dem Betroffenen nicht als eine von ihm zu vertretende Verfahrensverzögerung entgegen gehalten werden (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2006, 25). Anderes gilt dann, wenn die lange Dauer des Verfahrens (auch) auf Gründe beruht, die in der Spähe des Betroffenen liegen (vgl. dazu KG VRS 102, 127; OLG Köln NZV 2000, 430; OLG Rostock DAR 2001, 421; OLG Celle VRS 108, 118; OLG Karlsruhe DAR 2005, 168). Auch bei einer Verfahrensdauer von insgesamt mehr als 2 Jahren – die hier, wie oben erwähnt, im Zeitpunkt der zu überprüfenden Entscheidung noch nicht gegeben war – kann die Anordnung eines Fahrverbots dann noch in Betracht kommen, wenn sich der Betroffene in der Zwischenzeit weitere Ordnungswidrigkeiten hat zuschulden kommen lassen (vgl. BayObLG NStZ-RR 2004, 57).

Auch ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn der Betroffene hatte sich ausweislich der Urteilsgründe nach der hier streitgegenständlichen Ordnungswidrigkeit vom 21. Oktober 2020 erneut des erheblichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h schuldig gemacht, weshalb gegen ihn durch Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde ZBS Viechtach vom 7. September 2021, rechtskräftig seit dem 29. September 2021, auf eine Geldbuße in Höhe von 120,00 € erkannt wurde. Zwar wird – worauf die Verteidigung zutreffend hinweist – in den Urteilsgründen rechtsfehlerhaft nicht der Tattag der dem Bußgeldbescheid vom 7. September 2021 zugrunde liegenden Verkehrsordnungswidrigkeit mitgeteilt, infolge der Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG ist jedoch davon auszugehen, dass die einschlägige Ordnungswidrigkeit jedenfalls nach der hiesigen Ordnungswidrigkeit begangen worden ist. Dasselbe gilt für den Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 12. Dezember 2019, rechtskräftig seit dem 31. Dezember 2019, wobei § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV nicht auf das Datum der Tat, sondern auf das Datum der Rechtskraft der voraufgegangenen Entscheidung abstellt.

Das Amtsgericht hat nach alledem zutreffend gegen den Betroffenen auf ein Fahrverbot erkannt; Gründe für ein Absehen von dem Regelfahrverbot sind nicht ersichtlich und von dem Betroffenen auch nicht vorgetragen worden.“

 

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