Strafzumessung I: Viele gewichtige Milderungsgründe, oder: Warum keine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe?

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Heute dann mal wieder ein Tag mit Strafzumessungsentscheidungen.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 20.04.2022 – 6 StR 104/22. Das LG hatte den Angeklagten wegen Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und hiervon zwei Monate für vollstreckt erklärt. Dagegen die Revision, die hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg hatte:

„Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat dem im Zeitpunkt der Verurteilung 77 Jahre alten, nicht vorbestraften Angeklagten zugutegehalten, dass die Tat mehr als acht Jahre zurückliege, in denen er nicht mehr straffällig geworden sei. Zudem hat es die beträchtliche Länge des Strafverfahrens berücksichtigt. Den Urteilsgründen ist ferner zu entnehmen, dass der Angeklagte die Tat als Geschäftsführer einer GmbH verübte, sich jedoch seit acht Jahren im Ruhestand befindet.

Das Landgericht hat nicht dargetan, aus welchen Gründen nicht auch eine nach der Strafhöhe aussetzungsfähige Freiheitsstrafe noch schuldangemessen gewesen wäre und hätte verhängt werden können. Dies wäre hier jedoch angesichts der Häufung gewichtiger Strafmilderungsgründe erforderlich gewesen. Zwar darf das Bestreben, dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung zu bewilligen, nicht dazu führen, dass die schuldangemessene Strafe unterschritten wird. Dem Tatgericht ist aber bei der Feststellung der schuldangemessenen Strafe ein Spielraum eröffnet, innerhalb dessen es nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB die von der Strafe ausgehende Wirkung für das künftige Leben des Täters zu berücksichtigen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juli 1991 – 5 StR 298/91, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Spezialprävention 3; vom 10. August 1993 – 5 StR 462/93, NStZ 1993, 584; vom 20. Oktober 2021 – 6 StR 460/21).“

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