Und als dritte Entscheidung dann zum Tagesschluss noch etwas aus Berlin, nämlich der KG, Beschl. v. 29.10.2021 – 2 Ws 114/21 – zur erneuten Invollzugsetzung eines Haftbefehls bei neu hervorgetretenen Umständen. Hier hatte das LG einen außer Vollzug gesetzten Haftbefehl nach Verurteilung des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren wieder in Vollzug gesetzt. Dagegen das Rechtsmittel des Angeklagten, das beim KG Erfolg hatte.
Der KG-Beschluss enthält nicht wesentlich Neues, sondern schreibt die Rechtsprechung zu dieser „Dauerbrennerproblematik“ fort. Daher reichen hier die Leitsätze des KG:
1. Neu hervorgetretene Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO rechtfertigen die Wiederinvollzugsetzung eines Haftbefehls dann, wenn sie zu einer Straferwartung führen, die von der Prognose des Haftrichters zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung erheblich zum Nachteil des Angeklagten abweicht, und sich nach einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass sich die Fluchtgefahr durch die Abweichung ganz wesentlich erhöht.
2. Stand aber dem Angeklagten die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen und kam er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nach und hat damit dokumentiert, dass er sich dem Verfahren zur Verfügung halten will, kommt der erneute Voll-zug des Haftbefehls nicht in Betracht.