OWi I: Kleiner Paukenschlag im Bußgeldverfahren, oder: BVerfG „watscht“ OLG Bamberg: So geht es nicht

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Heute dann drei OWi-Entscheidungen.

Und zum Wachwerden gibt es einen kleinen Paukenschlag aus Karlsruhe, und zwar: Ich erinnere an den OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18. Das ist/war die denkwürdige Entscheidung des OLG Bamberg, in dem dieses dem VerfG Saarland im Hinblick auf den VerfG Saarland, Beschl. v. 27.04.2018 – Lv 1/18 (vgl. dazu Paukenschlag beim (Akten)Einsichtsrecht, oder: Der Rechtsstaat lebt…) mal so richtig erklärt, wie es geht bzw. wie es nicht geht (vgl. dazu Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt). Wem es Spaß macht, der kann das ja alles noch einmal nachlesen, obwohl sich ja manches mit der Entscheidung des BVerfG in 2 BvR 1616/18 erledigt hat.

Aber: Nun hat sich eben noch einmal das BVerfG zu dem OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – gemeldet und erklärt dem OLG Bamberg, was eben nicht geht. Nämlich die Rechtsprechung  des OLG Bamberg – fortgeführt vom BayObLG – betreffend den Zugang des Betreoffenen zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen. Das sieht man in Bayern ja sehr restriktiv. Anders das BVerfG im BVerfG, Beschl. v.. 28.04. 2021 – 2 BvR 1451/18:

„1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Schweinfurt und den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. Juni 2018 richtet, und gibt ihr insoweit statt, da dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung durch die Kammer liegen insoweit vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

Das Urteil des Amtsgerichts und die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Rechtsbeschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Die Fachgerichte haben verkannt, dass aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den Beschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgen kann. Die generelle Versagung des Begehrens des Beschwerdeführers auf Informationszugang, welches dieser wiederholt im behördlichen und gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, wird deshalb der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Gewährleistung nicht gerecht. Entgegen der Annahme der Fachgerichte handelt es sich hierbei auch nicht um eine Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht, sondern der Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 -, Rn. 47 ff.). Auf dieser Fehlannahme beruht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg. Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits die Verurteilung des Beschwerdeführers auf dem Verstoß des Amtsgerichts Schweinfurt gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens beruht.

Da die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers schon aus den genannten Gründen Erfolg hat, kann offenbleiben, ob die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Schweinfurt vom 23. Januar 2018 und des Oberlandesgerichts Bamberg vom 13. Juni 2018 den Beschwerdeführer auch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG oder in anderen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzen.“

Wird man in Bayern nicht gerne lesen, da man dort ja meint, alles (besser) zu wissen. Schön auch der Hinweis des BVerfG auf 2 BvR 1616/18. Damit macht das BVerfG m.E. deutlich, was es von der Rechtsprechung einiger OLG hält, die schon wieder dabei sind, die Entscheidung vom 12.11.2020 zu relativieren.

5 Gedanken zu „OWi I: Kleiner Paukenschlag im Bußgeldverfahren, oder: BVerfG „watscht“ OLG Bamberg: So geht es nicht

  1. Gunnar Peter Theiß

    Eigentlich sollte doch klar sein, dass sich das OLG Frankfurt am Main nicht ueber das BVerfG hinwegsetzen kann und darf.

  2. janeeissklaa

    Ein herrlicher Gedanke, sich Herrn Dr. Teßmer beim Lesen der BVerfG-Urteile und anschließenden Beißen in die Tischkante vorzustellen. Das wird sicher eine große Umstellung fürs OLG Frankfurt werden, nicht mehr einfach machen zu können, was man man will.

    Die Urteile des BVerG finde ich vor allem insofern gut, als dass sie nicht nur Recht, sondern auch Gerechtigkeit entsprechen. Zumindest für jeden, der nicht wie das OLG Frankfurt einseitig immer das in seine Urteile schreibt, was die PTB von sich gibt.

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