In der zweiten Entscheidung, dem AG Offenbach, Beschl. v. 25.06.2021 – 20 Gs – 1300 Js 81663/21 – hat das AG zur erforderlichen inhaltlichen Konkretisierung von Datenträgern in Durchsuchungsanordnungen Stellung genommen. Die Staatsanwaltschaft hattein einem „KiPo-Verfahren“
„die Durchsuchung der Person sowie der Wohn-, Geschäfts- und aller Nebenräume des Beschuldigten nach
– Computer (u.a. Desktop, Notebook, Laptop, Tablet) nebst Verkabelung sowie Modem und Router, welche zur Tatplanung und -durchführung verwendet wurden oder hätten verwendet werden können
– Speichermedien (u.a. externe Festplatten, USB-Sticks, Speicherkarten, (wieder-) beschreibbare CD/DVD), welche zur Tatplanung und -durchführung verwendet wurden oder hätten verwendet werden können
– Internetfähige Mobiltelefone nebst Zubehör (Ladegerät, Dockingstation), welche zur Tatplanung und -durchführung verwendet wurden oder hätten verwendet werden können
– Internetfähige Spielkonsolen oder Multimediaplayer, welche zur Tatplanung und -durchführung verwendet wurden oder hätten verwendet werden können
– Unterlagen/Notizzettel mit Passwörtern und Hinweisen auf externe Datenspeicher im Internet oder Emailpostfächer etc.“
beantragt. Den Antrag hat das AG zurückgewiesen: Das AG bezweifelt, ob „bereits die Teilnahme an einem Whatsapp Gruppenchat, in welchen von anderen Teilnehmern kinderpornographische Bild- oder Videodateien eingestellt werden, einen die beantragte Durchsuchungsanordnung rechtfertigenden, konkreten Anfangsverdacht wegen Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften zu begründen vermag„, lässt die Frage aber offen. Es verneint die Voraussetzungen für die Durchsuchungsanordnung aber, weil „die im staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsantrag aufgeführten internetfähigen Geräte und Speichermedien, deren Auffindung und Sicherstellung als Beweismittel die Antragstellerin mit der beantragten Anordnung verfolgt, nicht hinreichend bestimmt [sind], d.h. nach ihrem Inhalt so genau bezeichnet worden, wie es ihr möglich und erforderlich gewesen wäre.“ (dazu u.a. BVerfG, Beschl. v. 08.04.2004 – 2 BvR 1821/03; BVerfGE 20, 162 <224>):
„Soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung eine konkrete Bezeichnung und damit Individualisierung eines als Beweismittel gesuchten Datenträgers nach seiner Art nicht möglich ist – etwa, weil überhaupt nicht bekannt ist, auf welchem Datenträger sich die gesuchten verfahrensgegenständlichen Daten befinden – ist dieser nach seinem Inhalt entsprechend zu konkretisieren.
Den vorstehenden Anforderungen genügt der staatsanwaltschaftliche Durchsuchungsantrag vom 14.05.2021 nicht.
Diesem lassen sich konkrete Angaben zu Art oder Inhalt der elektronischen Daten, deren Auffindung und Feststellung die Antragstellerin mit der beantragten Anordnung verfolgt, nicht entnehmen. Gleichzeitig erschließt sich nicht, warum der Antragstellerin eine inhaltliche Konkretisierung der gesuchten elektronischen Daten nicht möglich sein sollte.
Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass – insbesondere in Fällen, in denen Beweismittel (wie z.B. elektronische Datenträger) aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit regelmäßig nicht vor Ort eingesehen werden können, sondern einer späteren Durchsicht nach § 110 StPO oder aber IT-forensischen Auswertung bedürfen – die Durchsuchungspraxis oftmals weiter greift, als die im Beschluss benannten Sicherstellungsobjekte. Kann vor Ort nicht festgestellt werden, ob bzw. auf welchem der aufgefundenen Datenträger sich die gesuchten elektronischen Daten befinden, ist deren Sicherstellung grundsätzlich zulässig und unterliegt dem Ermessen der die Durchsuchungsanordnung vollstreckenden Polizeibeamten. Dies befreit die Antragstellerin jedoch nicht von ihrer grundsätzlichen Verpflichtung, die Gegenstände, deren Auffindung und Sicherstellung als Beweismittel sie mit der beantragten Anordnung verfolgt, in ihrem Antrag nach Art und Inhalt so genau einzugrenzen, wie es ihr nach Lage der Dinge möglich ist.
Nur beispielhaft wäre insoweit denkbar, den Durchsuchungs- und Beschlagnahmeumfang auf Datenträger und elektronische Speichermedien zu konkretisieren, die (a) den Down- und Upload der verfahrensgegenständlichen Daten bzw. Datei(en), (b) die (fortwährende) Möglichkeit ihres jederzeitigen Aufrufs, (c) die Inhaberschaft und Nutzung eines beim Up- und Download verwendeten Email – Accounts bzw. Social-Media Profils oder aber (d) die Verwendung einer hierzu beim Provider hinterlegten Mobilfunknummer durch den Beschuldigten belegen.
Voraussetzung hierfür ist aber in jedem Fall, dass der Durchsuchungsantrag die tatgegenständlichen Daten konkret benennt, was vorliegend beispielsweise durch Nennung eines Dateinamens, eines Hashwertes oder auch einer kurzen, ggfls. schlagwortartigen Beschreibung des tatgegenständlichen Inhalts der kinderpornographischen Bild- oder Videodateien erfolgen kann.
Die beantragte Durchsuchungsanordnung nach internetfähigen Endgeräten und Datenträgern, ohne dass diese nach ihrem Inhalt konkretisiert wären, lässt hingegen weder die Zielrichtung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsmaßnahme erkennen, noch erlaubt sie mit der Durchsuchung befassten Polizeibeamten konkrete Rückschlüsse auf den tatsächlichen Beweiswert im Rahmen der Durchsuchung aufgefundener und vom Wortlaut der Durchsuchungsanordnung grundsätzlich umfasster und damit sicherzustellender Gegenstände.
Gleiches gilt für – im Nachgang zu einer erfolgten Durchsuchung – mit der Durchsicht und forensischen Auswertung sichergestellter Datenträger betraute Polizeibeamte bzw. hiermit von Staatsanwaltschaft oder Polizei beauftragte Unternehmen. Auch diese müssen, ohne dass es zusätzlicher Instruktionen bzw. Erklärungen durch die Staatsanwaltschaft oder einer gesonderten Einsichtnahme in die Ermittlungsakte bedarf, bereits auf der Grundlage des erlassenen Durchsuchungsbeschlusses eindeutig erkennen können, welche der auf den sichergestellten Datenträgern gespeicherten Inhalte beweisrelevant sind.
Eine wie auch immer geartete Bewertung aufgefundener Geräte und Speichermedien im Hinblick auf deren tatsächlichen Beweiswert ist jedoch ohne Kenntnis von Art und Inhalt der gesuchten Daten grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt in gleichem Maße für deren Durchsicht nach § 110 StPO, zumal diese als Bestandteil der Durchsuchung nach § 102 StPO anzusehen ist (vgl. BVerfG Beschluss v. 20.09.2018 – 2 BvR 708/18).
Ohne eine konkrete Bezeichnung der gesuchten Daten im Durchsuchungsbeschluss nach Art und Inhalt bleibt die Festlegung von Durchsuchungsziel und -umfang letztlich den mit der nachträglichen Auswertung der sichergestellten Datenträger befassten Polizeibeamten bzw. hiermit beauftragten Unternehmen auf der Grundlage eigener (d.h. von diesen aufgestellter) Kriterien vorbehalten, was den vom Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben widerspricht und damit grundsätzlich unzulässig ist.
Umgekehrt wird dem Durchsuchungsadressaten jede Möglichkeit genommen, durch (freiwillige) Offenbarung des Geräts oder Speichermediums, auf dem sich die gesuchten verfahrensgegenständlichen Daten befinden, selbst zur Erreichung des Durchsuchungsziels beizutragen, um auf diesem Weg eine Begrenzung des Durchsuchungs- und Sicherstellungsumfangs herbei zu führen.
Dem Ermittlungsrichter ist es verwehrt, den staatsanwaltschaftlichen Antrag im Hinblick auf Art, Umfang und Inhalt der elektronischen Daten, deren Feststellung die Staatsanwaltschaft begehrt, selbst festzulegen und damit in dem erforderlichen Maß zu konkretisieren.
Die Ausgestaltung des exakten Durchsuchungs- und Beschlagnahmeumfangs obliegt insoweit ausschließlich der Antragstellerin, indem sie – neben dem konkreten Tatvorwurf und den Verdachtsmomenten, auf die sie diesen gründet – die Gegenstände, deren Auffindung und Beschlagnahme als Beweismittel sie mit der beantragten Anordnung verfolgt, in ihrem Antrag nach Art und Inhalt konkret benennt.
Der staatsanwaltschaftliche Antrag gibt damit den äußeren Rahmen für die Anordnungsbefugnis des Ermittlungsrichters verbindlich vor. Umgekehrt ist die Anordnungskompetenz des Ermittlungsrichters darauf beschränkt, die beantragte Durchsuchung nach benannten Beweismitteln auf der Grundlage der von ihm nach § 162 Absatz 2 StPO vorzunehmenden Zulässigkeitsprüfung entweder anzuordnen oder aber ganz bzw. teilweise zurück zu weisen. Zu einer darüber hinausgehenden und damit eigenständigen Gestaltung des Ermittlungsverfahrens in Form einer selbstbestimmten Auswahl elektronischer Daten, deren Feststellung für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren aus Sicht des Gerichts beweisrelevant sein könnten, besteht für den Ermittlungsrichter hingegen weder Veranlassung, noch ist er hierzu befugt.
2. Soweit sich der auf §§ 102,105 StPO gestützte Durchsuchungsantrag auf Verkabelung sowie Modem und Router erstreckt, ist für das Gericht darüber hinaus nicht erkennbar, welches Beweisziel die Antragstellerin mit der Auffindung und Sicherstellung dieser Gegenstände verfolgt.
Zwar ist die ermittlungsrichterliche Prüfung gemäß § 160 Absatz 2 StPO grds. darauf beschränkt, ob die beantragte Handlung nach den Umständen des Falles gesetzlich zulässig ist. Nicht Gegenstand der ermittlungsrichterlichen Prüfung ist folglich die Frage der Zweckmäßigkeit einer Beschlagnahme von Gegenständen als Beweismittel für das Ermittlungsverfahren, da dies grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens unterliegt (vgl. Meyer-Goßner 61. Aufl. Rn. 14 zu § 162). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Gegenstände, deren Auffindung und Sicherstellung die Antragstellerin verfolgt, nach ihrer Art und Beschaffenheit zumindest grundsätzlich als Beweismittel in Betracht kommen, d.h. zum Nachweis des von der Antragstellerin erhobenen Tatvorwurfs herangezogen werden können. Dies ist bei dem im Antrag aufgeführten EDV-Zubehör für das Gericht nicht erkennbar. Eine Beschlagnahme desselben käme deshalb allenfalls nach § 111b StPO in Betracht, sofern das betreffende Equipment tatsächlich als Tatmittel Verwendung gefunden hat und gemäß § 74 StGB der Einziehung bzw. gem. § 74d StGB der Unbrauchbarmachung unterliegt. Dies ist von der Staatsanwaltschaft aber weder beantragt, noch dargetan.
3. Eine antragsgemäße Anordnung, welche die Durchsuchung und Sicherstellung von internetfähigen Endgeräten und Datenträgern in dem im Antrag bezeichneten Umfang beim Beschuldigten zur Folge hätte, ohne dass diese ihrem Inhalt nach entsprechend konkretisiert wären, begegnet letztlich auch Bedenken im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit. Insoweit ist die hieraus regelmäßig resultierende Sicherstellung des gesamten EDV Equipments (einschließlich Kabel, Modem und Router) zum Zwecke der anschließenden Durchsicht nach § 110 StPO bzw. IT-forensischen Auswertung zumindest vom vom Grundsatz her geeignet, den Beschuldigten in der Ausübung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in ggfls. vermeidbarer und damit unzulässiger Weise grundlegend einzuschränken.“