Mord III: Wenn die Ehefrau den Ehemann verbrennen will, oder: Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel

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Und als dritte Entscheidung dann noch der BGH, Beschl. v. 10.02.2021 – 1 StR 500/20 – zum Mord bzw. zur Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel. Das LG hat die Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt. Dagegen die Revision, die Erfolg hatte.

„Nach den Feststellungen des Landgerichts wohnte die 84-jährige Angeklagte mit ihrem neun Jahre jüngeren geschiedenen Ehemann alleine in dessen Haus, das etwa zehn bis 15 Meter von benachbarter Wohnbebauung entfernt

Am Vormittag des 17. Januar 2020 forderte sie ihren geschiedenen Ehemann auf, sich für sein Verhalten am Vorabend zu entschuldigen. Aus Enttäuschung über seine fehlende Gesprächsbereitschaft versetzte sie ihm mit einem Fleischklopfer mindestens einen Schlag auf die linke Kopfseite, um ihn zu verletzen. Er nahm ihr den Fleischklopfer aus der Hand und wählte den Notruf. Nicht ausschließbar äußerte er dabei, dass er sie „jetzt endlich da habe, wo er sie haben wolle“ und sie nun „einweisen“ bzw. in die „Klapse“ bringen lassen werde. Im Rahmen seines Telefonats mit der Rettungsleitstelle forderte ihn die Angeklagte mehrfach erfolglos auf, von der Verständigung der Rettungskräfte abzusehen. Schließlich erkannte sie, dass er sich nicht davon abbringen lassen würde und befürchtete, nun tatsächlich das Haus verlassen zu müssen. Sie beschloss ihn zu töten, ging auf den Balkon und füllte Benzin aus einem dort stehenden Kanister in einen kleinen Eimer. Dann betrat sie das Wohnzimmer und schüttete es in Richtung des dort immer noch mit der Leitstelle telefonierenden Ex-Ehemannes, der von einem Teil des Benzins am Oberkörper getroffen wurde. Der Rest sammelte sich zu seinen Füßen. Dann warf sie ein entzündetes Streichholz in seine Richtung. Wie von ihr beabsichtigt, entzündete sich das Benzin. Auch ihr ExEhemann geriet in Brand, teilte dies der Leitstelle mit und bat flehentlich um das Erscheinen der Feuerwehr bis die Verbindung schließlich abbrach.

Die Angeklagte hatte sich mittlerweile auf den Balkon gesetzt und wurde dort von den sechs Minuten nach dem Abbruch des Telefonats eintreffenden Rettungskräften angetroffen. Auf deren Ansprache reagierte sie nicht. Der Notarzt stellte den Tod ihres Ex-Ehemannes fest. Todesursächlich waren die Verbrennungen fast der gesamten Körperoberfläche in Kombination mit einer Rauchgasvergiftung und Sauerstoffmangel. Einer der Feuerwehrleute erlitt beim Heraustragen der Leiche ohne Atemschutzgerät eine leichte Rauchgasintoxikation.

Der flächige Bodenbrand des hölzernen Fußbodens im Wohn- und Esszimmer erfasste auch die Möblierung und führte zu einem partiellen Deckeneinbrand. Ohne Eingreifen der Feuerwehr wäre es innerhalb weniger Minuten zu einem Brand des ganzen Gebäudes gekommen.

II.

1. Der Schuldspruch wegen Mordes hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme einer Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel (§ 211 Abs. 2 StGB) wird von den Urteilsgründen mit Blick auf die hierfür erforderliche Gefährdung einer unbestimmten Mehrzahl von Menschen nicht getragen.

a) Das Mordmerkmal der Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel ist erfüllt, wenn der Täter ein Tötungsmittel einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 12. November 2019 – 2 StR 415/19 Rn. 7 und vom 14. April 2020 – 5 StR 93/20 Rn. 7, jeweils mwN). Das Mordmerkmal hat seinen Grund in der besonderen Rücksichtslosigkeit des Täters, der sein Ziel durch die Schaffung unberechenbarer Gefahren für eine unbestimmte Anzahl von Personen durchsetzen will (BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – 5 StR 93/20 Rn. 7 mwN), obwohl er die Umstände, die die Gemeingefahr begründen, kennt (§ 16 Abs. 1 StGB).

Der subjektive Tatbestand dieses Mordmerkmals setzt voraus, dass der Täter die mangelnde Beherrschbarkeit der Wirkung des Tötungsmittels und die daraus resultierende Möglichkeit der Gefährdung einer unbestimmten Zahl von Personen an Leib oder Leben kennt oder jedenfalls ernsthaft für möglich hält und einen solchen Gefahreneintritt wünscht oder wenigstens billigend in Kauf nimmt (BeckOK-StGB/Eschelbach, 48. Ed., § 211 Rn. 72).

b) Nach den Feststellungen erstrebte die Angeklagte lediglich den Tod ihres Ex-Ehemannes. Die Urteilsgründe bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass sie darüber hinaus damit rechnete und billigte, dass das Feuer ? soweit dies tatsächlich möglich gewesen wäre – auf bewohnte Nachbargebäude übergreifen oder Rettungskräfte der Feuerwehr gefährden könnte, was die Annahme des Mordmerkmals wegen der Gefährdung einer unbestimmten Mehrzahl von Personen hätte rechtfertigen können.

Zudem hätte die Strafkammer auch darlegen müssen, weshalb sie sich zwar von der subjektiven Tatseite des Mordmerkmals der Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel hat überzeugen können, nicht aber vom Vorliegen der inneren Tatseite des Mordmerkmals „grausam“. Hierzu hat die Strafkammer ausgeführt, sie habe sich nicht zweifelsfrei von dem Vorliegen der inneren Tatseite einer grausamen Tatbegehung überzeugen können, weil sich die Angeklagte zur Tatzeit in einer psychosozialen Belastungssituation befunden habe, erhebliche Existenzängste gehabt hätte, aufgrund ihrer demenziellen Erkrankung in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei und sich so einer „Gemengelage an psychischen Einflüssen“ ausgesetzt gesehen habe.

Diese „Gemengelage“ besteht aber bei dem Mordmerkmal „mit einem gemeingefährlichen Mittel“ in demselben Maße. Auch hier hätte es deshalb der Erörterung bedurft, ob es der Angeklagten infolge ihres Gesamtzustandes möglich war, die ihr bekannten objektiven Umstände zutreffend einzuordnen. Die Erwägung der Strafkammer, dass es – wenn ein Übergreifen des Brandes auf andere Gebäude ausgeschlossen gewesen sein sollte – jedenfalls „für jeden verständigen Täter auf der Hand“ liege, dass Feuerwehrkräfte beim Brand eines Wohnhauses an Leib oder Leben gefährdet werden könnten und der Sachverständige ausdrücklich klargestellt habe, dass dies auch der Angeklagten bewusst gewesen sei, genügt als Begründung nicht, weil sie nicht auf das tatsächliche (individuelle) Vorstellungsbild der Angeklagten abstellt.“

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