Und die zweite StPO-Entscheidung kommt ebenfalls vom BGH. Der hat im BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – 5 StR 496/20 – u.a. noch einmal zur Frage der Sachverhandlung i.S. von § 229 Abs. 1 StPO Stellung genommen, also auch ein „Dauerbrenner“:
„1. Die vom Angeklagten M. T. erhobene Rüge einer Verletzung von § 229 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 StPO erweist sich auf der Grundlage des Revisionsvortrages jedenfalls als unbegründet.
Die Hauptverhandlung ist nicht mehr als drei Wochen – zwischen dem 5. und dem 30. März 2020 – unterbrochen gewesen, sondern am 9. März 2020 mit fristwahrender Wirkung fortgesetzt worden. Hierbei handelte es sich entgegen der Ansicht der Revision nicht nur um einen – insoweit unbeachtlichen – sogenannten „Schiebetermin“ bzw. eine Scheinverhandlung (BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2007 – 3 StR 254/07; vom 7. April 2011 – 3 StR 61/11).
a) Eine Hauptverhandlung gilt im Sinne des § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO als fortgesetzt und muss demgemäß nicht ausgesetzt werden, wenn in einem Fortsetzungstermin zur Sache verhandelt wird. Das ist der Fall, wenn Prozesshandlungen vorgenommen werden oder Erörterungen zu Sach- oder Verfahrensfragen stattfinden, die geeignet sind, das Verfahren inhaltlich auf den Urteilsspruch hin zu fördern und die Sache ihrem Abschluss substantiell näher zu bringen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Dauer des Termins ebenso wenig von Belang wie die Frage, ob er noch für weitere verfahrensfördernde Handlungen hätte genutzt werden können. Gleichermaßen unschädlich ist es, wenn der Termin daneben auch der Einhaltung der Unterbrechungsfrist dient (BGH, Beschlüsse vom 7. April 2011 – 3 StR 61/11; vom 22. Juni 2011 – 5 StR 190/11).
b) Nach dieser Maßgabe hat am 9. März 2020 eine Verhandlung im Sinne des § 229 Abs. 1 StPO stattgefunden.
Dies folgt bereits aus den vom Beschwerdeführer mitgeteilten und protokollierten Vorgängen der Hauptverhandlung vom 9. März 2020. Besonderes Gewicht kommt dabei dem Umstand zu, dass die Vorsitzende an diesem Sitzungstag den Schluss der Beweisaufnahme angeordnet hatte, § 258 Abs. 1 StPO. Der Schluss der Beweisaufnahme selbst kann als „geradezu intensivste“ Form der substanziellen Verfahrensförderung auf ein Urteil hin angesehen werden. Denn die Anordnung beinhaltet nicht nur die Feststellung eines status quo, sondern hat eigenständiges Gewicht, da zugleich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass keine Beweise mehr erhoben oder sonstige Prozesshandlungen durchgeführt werden und nunmehr die Schlussvorträge gehalten werden sollen (KK-Gmel, 8. Aufl., § 229 Rn. 6). Letzteres hatte die Strafkammer auch ersichtlich ins Auge gefasst. Der Beschwerdeführer hat insoweit mitgeteilt, der Vertreter der Staatsanwaltschaft habe nach Abschluss der Beweisaufnahme seinen Schlussvortrag halten sollen. Dass die Hauptverhandlung gleichwohl noch weiter fortgesetzt werden musste, steht der Bedeutung der Anordnung nicht entgegen.
Auch im Übrigen verhandelten die Verfahrensbeteiligten unter Leitung der Vorsitzenden zur Sache. Denn zwischen ihnen und dem Gericht wurde erörtert, ob weitere Beweisanträge gestellt werden sollen. Die Strafkammer hatte darauf hingewiesen, dass die Akte eines anderen Ermittlungsverfahrens – wie beantragt – beigezogen worden sei, der Inhalt aber nicht von Amts wegen in die Hauptverhandlung eingeführt werden solle. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger bezogen hierzu Stellung. Diese Tatsachen stellen ein Verhandeln im Sinne des § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. August 2010 – 3 StR 98/10 [Mitteilung des Strafkammervorsitzenden, dass die in einem Beweisantrag benannten Zeugen für den nächsten Termin geladen werden sollen]; vom 16. November 2017 – 3 StR 262/17 [Befassung mit Verfahrensfragen]). Die relativ kurze Dauer des Termins von nur einer Viertelstunde ist dabei ohne Belang.“