Einziehung I: Einziehung des Wertes von Taterträgen, oder: Urteilsgründe

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Ich setze die Berichterstattung dann heute fort mit Entscheidungen zur Einziehung (§§ 73 ff. StGB).  Die Fragen spielen ja in der Rechtsprechung seit der Änderung des Rechts der Vermögensabschöpfung eine nicht unerhebliche Rolle. Gefühlt mindestens jede zweite Entscheidung des BGH macht dazu ja auch Ausführungen.

Ich starte hier dann mit dem OLG Braunschweig, Beschl. v. 07.05.20201 Ss 23/20, den mir der Kollege Rahmlow aus Duisburg geschickt hat.

Das AG hat den Angeklagten wegen Betruges in vier Fällen schuldig gesprochen und deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Daneben ordnete das AG die Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von 2.351,14 € an. Der Angeklagte hat nur gegen die Anordnung der Einziehung des Wertes der Taterträge Sprungrevision eingelegt. Die hatte beim OLG Erfolg:

„Die wirksam (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17, Rn. 39 f., zitiert nach juris; OLG Braunschweig, 1 Ss 37/20, unveröffentlicht) auf die Einziehungsanordnung beschränkte Sprungrevision hat – zumindest vorläufig – Erfolg. Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes der Taterträge kann keinen Bestand haben. Die diesbezügliche Entscheidung des Amtsgerichts leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 28. April 2020 ausgeführt:

„Das Gericht hat in den Urteilsgründen die Überlegungen darzulegen, die ihm die Überzeugung verschafft haben, dass der für die Anwendung des sachlichen Rechts (hier §§ 73 ff. StGB) zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 36; Anm.: d. Senates: nunmehr: Kuckein/Bartel in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 267 Rn. 35). Daran fehlt es. Das Amtsgericht hat rechtsfehlerhaft die Einziehung des Wertes des Taterlangten gemäß § 73c StGB angeordnet, ohne näher darzulegen, warum eine Einziehung des originär Taterlangten gemäß § 73 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gekommen sei. Gemäß § 73 c S. 1 StGB wird die Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Erlangten entspricht nur angeordnet, wenn die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich ist. Die Einziehung des Wertes des Taterlangten gemäß § 73c S. 1 StGB ist gegenüber der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär. Das Amtsgericht hat seine Einziehungsentscheidung im Ergebnis damit begründet, dass offen bleiben könne, ob die betrügerische erlangten Gegenstände noch bei dem Angeklagten vorhanden seien, da sich gerade hieraus der Betrugsschaden ergebe. Dabei verkennt das Gericht aber, dass es bei der Frage einer Einziehungsanordnung nach den §§ 73 ff. StGB nicht auf den verursachten Schaden ankommt, sondern darauf, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Dass eine Einziehung gemäß § 73c S. 1 StGB gegenüber der „Originaleinziehung“ nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär ist und insofern Feststellungen zu dem Verbleib bzw. der Beschaffenheit des Taterlangten zu treffen sind, ergibt sich zudem aus der Regelung in § 73 c S. 2 StGB, wonach die Wertersatzeinziehung neben der Einziehung nach den §§ 73, 73 a, 73b StGB anzuordnen ist, wenn der Wert des Gegenstandes zur Zeit der Entscheidung hinter dem Wert des Erlangten im Zeitpunkt des Erlangens zurückbleibt (Fischer, StGB, 67. Aufl., § 73 c Rn. 8 m.w.N.). Eine Einziehung des Wertes des Erlangten kann der nur angeordnet werden, wenn das originär Erlangte nicht mehr vorhanden ist oder im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlangung im Wert gemindert ist. Demzufolge hätte das Tatgericht Feststellungen dazu treffen müssen, inwieweit eine Einziehung der tatsächlich erlangten Gegenstände ausgeschlossen gewesen sei, beispielsweise, da der Angeklagte diese bereits vernichtet oder an Dritte weitergegeben habe. Entsprechende Feststellungen sind rechtsfehlerhaft unterblieben. Sofern sich darüber hinaus die betrügerisch erlangten Gegenstände noch im Besitz des Angeklagten befinden sollten – wozu das Tatgericht ebenfalls keine Feststellungen getroffen hat – wären zudem Feststellungen zu deren Beschaffenheit und eines etwaigen Wertverlustes zu treffen gewesen. Es hätte daher einer eingehenden und nachvollziehbaren Darlegung bedurft, warum das Gericht von einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB abgesehen und stattdessen die Wertersatzeinziehung angeordnet hat Die Feststellungen des angefochtenen Urteils schweigen zu diesem Thema jedoch gänzlich und genügen daher den oben dargelegten Anforderungen nicht.“

Diesen in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.“

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