Und als dritte „Fristenentscheidung“ dann noch ein BGH-Beschluss, nämlich der BGH, Beschl. v. 12.03.2020 – 4 StR 30/20.
Der BGH macht kurzen Prozess mit einem Urteil des LG Siegen. 🙂 Das hatte den Angeklagten mit Urteil vom 07.06.2019 verurteilt. Die Hauptverhandlung hatte „nur“ drei Tage gedauert, also galt grundsätzlich die Fünf-Wochen-Frist für die Absetzung des Urteils. Die war versäumt, so dass der BGH im BGH, Beschl. v. 12.03.2020 – 4 StR 30/20 – aufgehoben hat:
„Die gegen das Urteil gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Rüge eines Verstoßes gegen § 275 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 338 Nr. 7 StPO Erfolg.
Das Landgericht hat das angefochtene Urteil nach dreitägiger Hauptverhandlung am 7. Juni 2019 verkündet. Gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO betrug daher die Frist, binnen derer die Urteilsurkunde zu den Akten zu bringen war, fünf Wochen und endete mit Ablauf des 12. Juli 2019. Ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle auf der Urteilsurkunde gelangte das schriftliche Urteil erst am 17. Juli 2019 zu den Akten. Ein unabwendbarer Umstand im Sinne von § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO liegt nicht vor. Die Vorsitzende hat in ihrer dienstlichen Äußerung mitgeteilt, die Akten mit dem unterzeichneten Urteil versehentlich in ihrem Zimmer auf einem Tisch liegengelassen und erst am 17. Juli 2019 zur Geschäftsstelle gebracht zu haben.
Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Eine verspätete Urteilsabsetzung kann die Richtigkeit und Vollständigkeit der Urteilsgründe beeinflussen. Daher besteht ein zwingender Aufhebungsgrund auch bei geringer Fristüberschreitung und ohne Rücksicht darauf, ob das Urteil solche Mängel aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2002 – 2 StR 504/01, BeckRS 2002, 2767; BGH, Beschluss vom 7. Januar 1998 – 5 StR 528/97, BeckRS 1998, 31360242).“
„Versehentlich in ihrem Zimmer auf einem Tisch liegengelassen und erst am 17. Juli 2019 zur Geschäftsstelle gebracht“ – peinlich.
Für gute Leistung ist noch keiner befördert worden in der Justiz 😉