Mobiltelefon III: Nutzung an der roten Ampel, oder: Was gehört ins Urteil?

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Und als dritte „OWi-Entscheidung“ betreffend „Mobiltelefon dann noch der KG, Beschl. v. 27.02.2020 – 3 Ws (B) 48/20 – zum Umfang der  Urteilsfeststellungen bei § 23 Abs. 1b StVO.

Das KG hat einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verworfen und dazu informatorisch mitgeteilt:

„Allerdings ist zutreffend, dass die Urteilsfeststellungen nicht ausweisen, ob der Motor des vom Betroffenen geführten Fahrzeugs in Betrieb war, als er sein Smartphone an einer Rotlicht abstrahlenden Ampel hielt und nutzte. Nach § 23 Abs. 1b Nr. 1 StVO hängt von diesem Umstand aber ab, ob sich ein Kraftfahrzeugführer ordnungswidrig verhält oder nicht. Wer den Motor händisch abstellt und ein elektronisches Gerät nutzt, begeht keine Ordnungswidrigkeit (vgl. Senat, VRS 134, 154; OLG Köln DAR 2019, 398; Rinio, SVR 2019, 311; Bülte, NZV 2020, 12). Eine Ausnahme von dieser Ausnahme besteht nach § 23 Abs. 1b Satz 2 StVO für den Fall des „fahrzeugseitigen automatischen Abschaltens“.

Stellt das Urteil, wie hier, fest, dass der Betroffene das elektronische Gerät bei rotem Ampellicht stehend nutzte, könnte daher erwogen werden, vom Tatrichter Feststellungen dazu zu verlangen, ob der Motor tatsächlich lief oder „fahrerseitig“, also manuell, abgeschaltet war.

Jedenfalls hier bedurfte es solcher Feststellungen aber nicht, weil das Urteil die Einlassung des Betroffenen wiedergibt. Danach hat sich der Betroffene lediglich darauf berufen, einen anderen Gegenstand gehalten zu haben, nicht aber behauptet, den Motor ausgeschaltet zu haben. Unter dem Gesichtspunkt, dass die schriftlichen Urteilsgründe dokumentieren sollen, dass die Entscheidung auf einer „rationalen, verstandesmäßig einsehbaren Grundlage unter Berücksichtigung des Vorbringens des Angeklagten“ beruht (vgl. Kuckein/Bartel in Karlsruher Kommentar, StPO 8. Aufl., § 267 Rn. 1) erforderten die Urteilsfeststellungen damit nicht die ausdrückliche Erwähnung, dass der Motor des stehenden Kraftfahrzeugs in Betrieb war.“

Nun ja, das kann man m.E. auch anders sehen. Ich finde den ersten Absazu der KG-Entscheidung überzeugender. Denn wenn der Betroffene stand, durfte er das Mobiltelefon ggf. nutzen. Muss er sich darauf berufen, dass der Motor ausgestellt war? Beweis-/Darlegungslast beim Betroffenen?

4 Gedanken zu „Mobiltelefon III: Nutzung an der roten Ampel, oder: Was gehört ins Urteil?

  1. RichterimOLGBezirkMuenchen

    Bei der (noch) weit überwiegenden Zahl der Kraftfahrzeuge ist der laufende Motor während des Haltens der Normalfall. Die Start/Stop Automatik haben zwar immer mehr, aber nicht alle und eher die neuen Modelle. (Also abgesehen von der Start/Stop Automatik in der Abgasreinigung.. Die haben ganz viele 😉

    Das kann man in zehn Jahren sicher anders sehen, aber bis dahin – wenn es sich nicht aus der Einlassung oder sonst aufdrängt – lässt sich das schon hören.

    Wenns drin stünde, wäre es präziser, zugegeben.

  2. Emigrant

    Außerdem ist es so, dass das Abschalten des Motors aufgrund der Start/Stop-Automatik nicht als Abschalten im Sinne der Vorschrift zählt.
    Personen, die ihren Pkw tatsächlich an einer Ampel händisch abstellen, dürften in Deutschland an einer Hand abzuzählen sein.
    Das darf das Gericht seiner Entscheidung zugrundelegen. Allerdings gehören die Feststellungen dazu auch ins Urteil.

  3. RichterimOLGBezirkMuenchen

    Doch doch, Abschalten zählt schon. Egal, ob händisch oder nicht. Oder hat sich da mittlerweile mal ein OLG anders positioniert? In praxi scheitert es idR aber an den Feststellungen hierzu. Wenn etwa der kontrollieren Beamte während des Telefonnutzens eindeutig Abgase dem Auspuff entsteigen sieht 🙂 Beliebte Frage in der HV.

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