Das zweite Posting betrifft dann die beiden BGH-Entscheidungen zur „Sterbehilfe“, also das BGH, Urt. v. 03.07.2019 – 5 StR 393/18 – und das BGH, Urt. v. 03.07.2019 – 5 StR 132/18, die ja auch schon anderweitig „besprochen“ worden sind und sicherlich noch den einen oder anderen Aufsatz nach sich ziehen werden. Denn der BGH hat seine Auffassung zur „Sterbehilfe“ geändert.
Die damit zusammenhängenden Fragen kann man m.E. hier in einem Blogbeitrag nicht im Einzelnen darstellen. Daher beschränke ich mich auf die Leitsätze der Entscheidungen und die entscheidenden Passagen aus den Urteilen:
Der Leitsatz des BGH, Urt. v. 03.07.2019 – 5 StR 393/18 – lautet:
Die Garantenstellung des Arztes für das Leben seines Patienten endet, wenn er vereinbarungsgemäß nur noch dessen freiverantwortlichen Suizid begleitet.
Und die entscheidende Passage aus dem Urteil dazu:
„a) Allerdings hatte er Frau D. viele Jahre als Hausarzt betreut und befand sich aufgrund der Übernahme ihrer ärztlichen Behandlung und des damit einhergehenden Vertrauensverhältnisses zunächst in einer besonderen Schutzposition für deren Leib und Leben (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1984 – 3 StR 96/84, BGHSt 32, 367, 377; Schönke/Schröder/Bosch, aaO, § 13 Rn. 28a). Diese Pflichtenstellung als Hausarzt endete spätestens, als Frau D. ihren Sterbewunsch (nochmals) äußerte und diesen mit der von dem Angeklagten akzeptierten Bitte verband, er solle „sie nach Einnahme der Tabletten zu Hause betreuen“. Entsprechend dieser Vereinbarung oblag es ihm nur noch, als Sterbebegleiter etwaige Leiden oder Schmerzen während des Sterbens zu lindern oder zu verhindern (vgl. auch BGH, Urteil vom 3. Dezember 1982 – 2 StR 494/82, NStZ 1983, 117, 118; Beschluss vom 8. Juli 1987 – 2 StR 298/87, NJW 1988, 1532; LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 216 Rn. 29, 31 f.; MüKo-StGB/ Schneider, aaO, § 216 Rn. 66; SSW-StGB/Momsen, 4. Aufl., § 216 Rn. 11; Saliger, medstra 2015, 132, 136; Berghäuser, ZStW 2016, 741, 749).“
Und der Leitsatz des BGH, Urt. v. 03.07.2019 – 5 StR 132/18 – lautet:
Angesichts der gewachsenen Bedeutung der Selbstbestimmung des Einzelnen auch bei Entscheidungen über sein Leben kann in Fällen des freiverantwortlichen Suizids der Arzt, der die Umstände kennt, nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen verpflichtet werden, gegen den Willen des Suizidenten zu handeln.
Und die entscheidende Passage aus dem Urteil dazu:
„1. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte nicht wegen eines vollendeten Tötungsdelikts durch aktives Tun (§ 212 Abs. 1 oder § 216 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Vielmehr stellt sich sein Handeln insoweit als straflose Beihilfe zum eigenverantwortlichen Suizid dar.
a) Die eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbsttötung erfüllt nicht den Tatbestand eines Tötungsdelikts (BGH, Urteil vom 4. Juli 1984 – 3 StR 96/84, BGHSt 32, 367, 371). Für die Abgrenzung einer – dementsprechend mangels rechtswidriger Haupttat straflosen – Beihilfe zur Selbsttötung und der Tötung eines anderen, gegebenenfalls auf dessen ernsthaftes Verlangen, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, wer das zum Tod führende Geschehen zuletzt beherrscht (BGH, Urteile vom 14. August 1963 – 2 StR 181/63, BGHSt 19, 135, 139 f.; vom 7. Februar 2001 – 5 StR 474/00, BGHSt 46, 279, 284; vom 20. Mai 2003 – 5 StR 66/03, NJW 2003, 2326, 2327; vom 4. Juli 2018 – 2 StR 245/17, BGHSt 63, 161; Beschluss vom 25. November 1986 – 1 StR 613/86, NJW 1987, 1092; vgl. auch OLG München, NJW 1987, 2940, 2941). Begibt sich der Sterbewillige in die Hand eines Dritten und nimmt duldend von ihm den Tod entgegen, dann hat dieser die Tatherrschaft über das Geschehen. Nimmt dagegen der Sterbewillige selbst die todbringende Handlung vor und behält er dabei die freie Entscheidung über sein Schicksal, tötet er sich selbst, wenn auch mit fremder Hilfe.“