Pflichti III: Streit um ein Beweisverwertungsverbot, oder: Bestellung erforderlich

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Die dritte Entscheidung zur Pflichtverteidigerbestellung kommt dann vom LG Münster. Das hat sich im LG Münster, Beschl. v. 05.08.2019 – 10 Qs 23/19 – noch einmal mit der Frage befasst: Gibt es einen Pflichtverteidiger, wenn um ein Beweisverwertungsverbot gestritten wird. Das LG hat das in dem mir vom Kollegen Urbanzyk übersandten Beschluss bejaht:

„Gem. § 140 Abs. 2 StGB ist ein Verteidiger dann beizuordnen, wenn wegen der
Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint.

Eine schwierige Rechtslage ist dann anzunehmen. wenn bei der Anwendung des materiellen oder formellen Rechts auf die Entscheidung nicht ausgetragener Rechtsfragen ankommt. oder wenn die Subsumtion voraussichtlich aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten wird. Hiervon umfasst sind auch Fälle, in denen sich Fragestellungen aufdrängen, ob ein Beweisergebnis einem Verwertungsverbot unterliegt (Meyer-Großner. Kommentar — StPO . 59. Auflage, § 140, Rn. 27a).

Nach diesem Maßstab ist vorliegend von einer schwierigen Rechtslage auszugehen. Die Schwierigkeit der Rechtslage ergibt sich aus der Frage der Verwertbarkeit der am 27.09.2018 gegenüber dem Zeugen PHK W. getätigten Angaben des Angeklagten sowie der Einführung seiner Einlassung in die Hauptverhandlung. Hierbei drängt sich die Frage auf, ob die Verwertung der in der Hauptverhandlung erfolgten Angaben des Zeugen PHK W. einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, wenn der Angeklagte im Rahmen der erfolgten Gefährderansprache nicht gem. § 136 Abs. 1 StPO belehrt wurde. Dass eine Belehrung des Angeklagten erfolgt ist, ergibt sich aus dem Akteninhalt nicht und war daher im Rahmen einer Beweisaufnahme zu klären.

Der Angeklagte, der über keinerlei juristische Vorbildung verfügt, wird die sich vorliegend mit der Einführung und Verwertung von Beweismitteln stellenden Rechtsfragen nicht beantworten können. Es kommt diesbezüglich auch nicht darauf an, ob — für den Fall der unterbliebenen Belehrung — eindeutig ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen ist. Die Schwierigkeit der Rechtslage im Zusammenhang mit Beweisverwertungsverboten ergibt sich bereits daraus, dass -vor dem Hintergrund der Widerspruchslösung – zur Ausrichtung der Verteidigungsstrategie die Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Berufen auf ein Beweisverwertungsverbot verfahrenstaktisch sinnvoll ist, unerlässlich ist. Diese Frage ist jedoch für den juristischen Laien nur nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt zu beantworten (LG Hannover, Beschluss vom 23.01.2017 — 70 Qs 6/17, BeckRS 2017, 101242; LG Köln, 19.07.2016 — 108 Qs 31/16 -. juris). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das Beweismittel vorliegend tatsächlich nicht verwertet wurde, weitere Beweismittel zur Verfügung standen und der Angeklagte trotz nicht erfolgter Beweisverwertung mit Urteil vom 22.05.2019 verurteilt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätte ihm bereits ein Pflichtverteidiger beigeordnet sein müssen.“

Das ist dann jetzt wohl sog. h.M. Darum wird dann aber wohl demnächst, wenn denn mal die RiLi 2016/1919 in Kraft getreten/umgesetzt worden ist, nicht mehr gestritten werden müssen.

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