Und die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, ist m.E. ebenfalls falsch, zumindest in Teilbereichen. Es geht um die Höhe eines Gebührenvorschusses vom Mandanten (§ 9 RVG). Der war gegenüber der Rechtsschutzversicherung geltend gemacht, die ihn nur teilweise gezahlt hat. Daraufhin hat der Mandant die RSV verklagt. Und hat beim AG Berlin Tempelhof Kreuzberg verloren. Das führt im AG Berlin Tempelhof Kreuzberg, Urt. v. 18.10.2018 – 8 C 186/18 – aus:
„Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des geltend gemachten Vorschusses für seine anwaltliche Vertretung im Bußgeldverfahren gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrags ist durch die von der Beklagten unstreitig geleistete Zahlung i.H.v. 146,25 € gemäß § 362 Abs. 1 BGB. erloschen. Ein weitergehender Anspruch. i.H.v. weiterer 77,35 €, wie mit der Klage noch begehrt wird, steht dem Kläger gegenüber der Beklagten nicht zu.
Von dem vom hiesigen Prozessbevollmächtiqten des Klägers in seiner Rechnung vom 4. Juli 2018 berechneten Vorschuss i.H.v. 523,60 € brutto hat die Beklagte mit ihrer Zahlung den besondere Gebühr gemäß Nr. 5115 VV RVG i.H.v. 160 € und die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG i.H.v. 20 € jeweils zuzüglich Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien unstreitigen vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung des Klägers i.H.v. 300 € ausgeglichen.
Die vom Klägervertreter mit 100 € zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung gestellte Grundgebühr gemäß Nr. 5100 VV RVG hat die Beklagte lediglich mit einem Betrag von 75 € zzgl. Umsatzsteuer ausgeglichen. Ein weitergehender Anspruch steht dem Kläger hier nach Ansicht des Gerichts nicht zu. Die von der Beklagten erteilte Deckungszusage stellt zwar ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis hinsichtlich ihrer Erstattungspflicht in Bezug auf die gesetzlichen Gebühren eines Rechtsanwalts dar, das Anerkenntnis erstreckt sich jedoch naturgemäß nicht auf die Höhe der vom beauftragten Rechtsanwalt in Rechnung gestellten Gebühren, deren konkrete Höhe für die Beklagte bei Erteilung der Deckungszusage noch nicht bekannt ist.
Das Gericht teilt nicht die Rechtsansicht des Klägers, dass in Bußgeldverfahren stets von der Mittelgebühr nach Nr. 5100 VV RVG i.H.v. 100 € auszugehen ist. Vielmehr ist diese Gebühr als Rahmengebühr gemäß § 14 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers vom Rechtsanwalt nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung des Bußgeldverfahrens für den Kläger, bei dem lediglich eine Verkehrsordnungswidrigkeit im Raum steht, ohne dass ein Fahrverbot oder auch nur die Eintragung von zu einem solchen führenden Punkten im Zentralregister drohte, war nach Ansicht des Gerichts unterdurchschnittlich, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit angesichts des geringeren Tätigkeitsumfangs des hiesigen Prozessbevollmächtigten des Klägers ebenfalls. Daher entspricht die Bestimmung der Mittelgebühr nach Ansicht des Gerichts nicht billigem Ermessen, die von der Beklagten bei ihrer Zahlung zugrunde gelegten Gebührenhöhe von 75 € zzgl. Umsatzsteuer ist hingegen angemessen.
Gleiches gilt für die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5103 VV RVG, die der hiesige Prozessbevollmächtigte aus den vorgenannten Gründen, auf deren nochmaligen Darstellung zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verzichtet wird, gemäß § 14 Abs. 1 RVG nicht die Mittelgebühr von 160 € zzgl. Umsatzsteuer festsetzen durfte, vielmehr der von der Beklagten zugrunde gelegte Betrag i.H.v. 120 € zzgl. Umsatzsteuer angemessen ist.
Für den sich hieraus ergebenden Differenzbetrag i.H.v. 65 € netto = 77,35 € brutto zwischen den vom hiesigen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Rechnung gestellten Vorschuss und dem von der Beklagten gezahlte Betrag sind auch weitere Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich.“
Mit der Aussage, dass der Vorschuss ggf. unter der Mittelgebühr festgesetzt werden kann, kann ich mich ja noch anfreunden, wenn auch schwer. Im Übrigen ist die Entscheidung aber m.E. zumindest hinsichtlich der Berechnung der Gebühren – Stichwort: Anknüpfungspunkt Mittelgebühr – falsch. Das ist aber leider ein Argument, dass die RSV – und auch AG, wie man sieht – ja gerne vortragen. Dass es falsch ist, habe ich schon öfters dargelegt. Ich verweise daher auf unseren RVG-Kommentar, 5. Aufl. <<Werbemodus an >> hier geht es zur Bestellseite <<Werbemodus aus>>. Da steht das, was man wissen muss (und RSV wissen sollten; nun ja, die wissen das, sie argumentieren nur anders).
Das AG hat dem klagenden Betroffenen übrigens auch die Kosten auferlegt, soweit die Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Dagegen wird man kaum etwas sagen können. Denn da war dann doch ein wenig schnell Klage erhoben.
Ich würde *nie*, wirklich *nie* Vorschüsse einklagen. Über die Gebühren kann man sich auch dann immer noch streiten, wenn der Auftrag abgeschlossen und das Honorar fällig ist.
Entweder Sie haben keine ARAG-versicherten Mandanten oder haben sich als Vertragsanwalt an die Bande verkauft. Anders fehlt mir das Verständnis für Ihre Auffassung.
An sich ist dies einer der wenigen Wege, um dieser renitenten Truppe beizukommen. Mit keiner (!) anderen RSV hat man derartiges Theater wie mit der ARAG. An sich müsste man deren VN konsequent ablehnen oder auf Vorkasse durch Mandanten verweisen (wozu ich immer wieder mal übergehe, wenns mir wieder mal reicht). Ich verweise meine Mandanten dann auf das ehem. http://www.rsv-blog.de und die ARAG verliert wieder einen Kunden…