Pflichti II: Rücknahme der Bestellung, oder: Wenn die Kammer den Pflichtverteidiger für unfähig hält

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Die zweite Entscheidung kommt vom LG Marburg. Es handelt sich um den im Verfahren über die Fortdauer der Unterbringungen (§ 67d StGB) ergangenen LG Marburg, Beschl. v. 27.09.2018 – 11 StVK 126/17.

Wegen des etwas umfangreichen Sachverhalts verweise ich auf den Volltext. In der Sache geht es um die Bewertung eines Sachverständigengutachtens, und zwar um ein Prognosegutachten, und um die Fähigkeiten des Sachverständigen. Insofern besteht Uneinigkeit zwischen der Strafvollstreckungskammer und dem Pflichtverteidiger. Es geht dann ein wenig hin und her. Letztlich ist die Bestellung des Pflichtverteidigers zurückgenommen worden:

„Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist zurückzunehmen, weil er nicht die Gewähr bietet, die Rechte des Untergebrachten hinreichend zu wahren. Die in dem o.g. Schreiben des Vorsitzenden aufgeführten Bedenken bestehen fort und werden durch die Stellungnahme des Pflichtverteidigers vertieft. Nach wie vor verkennt der Pflichtverteidiger wesentliche erforderliche Elemente eines Prognosegutachtens. Neben schlicht falschen Widergaben des Verfahrensablaufes wiederholt er, dass der Sachverständige nicht alle Akten lesen müsse und auf die Einsichtnahme in die Krankenakten verzichten könne. Hinzu kommt die Äußerung, der Vorsitzende versuche den Sachverständigen und sogar den Verteidiger zu manipulieren, wenn er auf die Einhaltung von Standards dringe; auch dies trägt nicht den Schluss auf die behauptete – gar besondere – Qualifizierung des Pflichtverteidigers. Auch in der Sache hat es den Anschein, als habe der Pflichtverteidiger nicht verstanden, dass in der besonderen Situation des Untergebrachten gerade die gutachtliche Stellungnahme der Klinik nach § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO von Bedeutung sein kann, denn sie ist die erste dieser Art seitens der NN-Klinik, wohin der Untergebrachten nach zwölf Jahren erfolgloser Behandlung in einem anderen Bundesland verlegt wurde. Die Auseinandersetzung mit dieser Stellungnahme war zudem geboten, weil die Klinik mit ausführlicher Begründung vorgetragen hatte, dass die Beendigung der Maßregel aus psychiatrischer Sicht (noch) nicht empfohlen werden könne, während der externe Sachverständige genau dies vorschlug. In alle Äußerungen des Pflichtverteidigers fügt sich zwanglos die Androhung von dienstrechtlichen Schritten für den Fall, dass der Vorsitzende eine ihm missliebige Entscheidung treffe.“

 

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