Bußgeldverfahren: Einspruchsverwerfung, wenn bei (erlaubter) Abwesenheit des Betroffenen auch der Verteidiger fehlt?

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Und die zweite Arbeitsentscheidung im neuen Jahr kommt dann auch aus dem Bußgeldverfahren. Es ist der KG, Beschl. v. 29.10.2018 – 3 Ws (B) 267/18, der eine Problematik in Zusammenhang mit der erlaubten Abwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens (§ 73 Abs. 2 OWiG) zum Gegenstand hat.

Es geht um eine Frage/Konstellation, die in der Praxis immer wieder falsch gelöst wird, und zwar: Es wird gegen den Bußgeldbescheid fristgemäß Einspruch eingelegt. Dann lädt das AG den Verteidiger und den Betroffenen zur  Hauptverhandlung. Auf Antrag wird der Betroffene dann nach § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zum Hauptverhandlungstermin entbunden worden. In der Hauptverhandlung erscheinen dann ggf. weder der Betroffene noch sein Verteidiger. Dann wird nicht selten von den Amtsgerichten der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verworfen. Das geht so nicht. Dazu das KG:

„Die Rüge ist auch begründet. Das Amtsgericht hätte den Einspruch nicht verwerfen dürfen. Zwar waren weder der Betroffene noch sein Verteidiger zu diesem Termin erschienen. Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 OWiG lagen aber gleichwohl nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid bei Abwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht nur verworfen werden, wenn dieser nicht genügend entschuldigt ist und von seiner Präsenzpflicht nicht entbunden war. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen durch Beschluss vom 22. Mai 2018 vom persönlichen Erscheinen entbunden. Damit hätte das Amtsgericht, als der Betroffene nicht erschienen war, nach § 74 Abs. 1 OWiG verfahren und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen müssen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass auch der (bevollmächtigte) Verteidiger des Betroffenen, der ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung geladen war, in der Hauptverhandlung nicht erschienen war. § 73 Abs. 3 OWiG verpflichtet den Betroffenen nicht, sondern eröffnet ihm lediglich die Möglichkeit, sich durch einen bevollmächtigten Verteidiger im Hauptverhandlungstermin vertreten zu lassen (OLG Hamm, Beschluss vom 30. Juni 2015 – III – 5 RBs 84/15 -, juris). Der Verteidiger ist zudem auch nicht verpflichtet, im Fall des Nichterscheinens des von seiner Anwesenheitspflicht befreiten Betroffenen an der Hauptverhandlung teilzunehmen (vgl. OLG Hamm NZV 2001, 491).“

Muss man schon im Auge habe – und zwar sowohl als Amtsrichter als auch als Verteidiger. Diese Fehler führen nämlich auf die Verfahrensrüge hin zur Aufhebung des Verwerfungsurteils.

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