Und zum Schluss dann mal wieder etwas zur Erzwingungshaft (§ 96 OWiG), und zwar der AG Dortmund, Beschl. v. 20.07.2018 – 729 OWi 64/18 [b]. Das AG hatte bereits früher von der Stadt Dortmund gegen den Betroffenen gestellte Erzwingungshaftanträge abgelehnt. Diese hatte die Stadt wiederholt und das AG hat die Anträge erneut zurückgewiesen:
In vier den Betroffenen betreffenden Verfahren hat die Stadt A nunmehr wieder – und nach Ansicht des Gerichtes somit unzulässig – ohne Änderung der tatsächlichen Situation Erzwingungshaftanträge gegen den Betroffenen gestellt.
Das Gericht hatte am 03.07.2018 gleichartige Anträge bereits zurückgewiesen, weil der Betroffene ausweislich der erfolglosen Vollstreckungsversuche vom 06.06.2018 zahlungsunfähig ist. Der Betroffene ist nämlich nach Aktenlage offenbar Kokainkonsument. Bereits die JVA B hatte der Stadt A unter dem 7. bzw. 8.12.2017 mitgeteilt, dass keine pfändbaren Vermögenswerte bei dem Betroffenen vorhanden sind. Aus der städtischen Niederschrift über eine fruchtlose Pfändung vom 06.06.2018 ergibt sich ebenfalls, dass pfändbare Sachen nicht vorgefunden werden konnten und der Betroffene ohne jedes Einkommen ist und zwar auch ohne ALG I, ALG II, Rente oder Krankengeld.
Das Gericht ist daher mit Beschlüssen vom 3.7.2018 davon ausgegangen, dass eine Zahlungsunfähigkeit im gesetzlichen Sinne vorliegt.
Die Stadt A verbleibt bei ihrer Rechtsansicht, wonach auch Personen, die keine Sozialmittel erhalten, unpfändbar sind und auch keine sonstigen Vermögenswerte besitzen, zahlungsfähig im Sinne des § 96 OWiG sind. Allein aus der Tatsache, dass keine Sozialmittel in Anspruch genommen würden, sei darauf zu schließen, dass ein Betroffener seinem persönlichen Empfinden auch über ausreichende Mittel verfüge. Dem kann das Gericht nicht folgen. Zahlungsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes ist – anders als die Stadt A diese offensichtlich sieht – keine Gefühlslage.
Darüber hinaus ist klarzustellen, dass hier ohne jede Relevanz ist, welche Rechtsansichten das LG Dortmund zur Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 96 OWiG vertritt.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Stadt durch regelmäßige Pfändungsmaßnahmen immer noch die festgesetzten Bußgelder beitreiben kann. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass es durchaus möglicherweise guten Chancen gibt, etwa durch Taschenpfändungen unmittelbar vor Betäubungsmittelkäufen des Betroffenen erfolgreich zu vollstrecken.“
Na, da hat es das AG der Stadt Dortmund aber gegeben 🙂 .
Eine kleine argumentative Lücke in der Begründung des AG besteht darin, dass Kokainkonsum nicht gerade billig ist und daher doch irgendwo finanzielle Mittel vorhanden sein müssten. Außer der Betroffene hat Kredit bei seinem Dealer oder lebt Hartz-IV-frei von der „Unterstützung durch Freunde, Familie und Verwandte“.