Die Beschlagnahme DNA-fähigen Materials, oder: Das Zeugnisverweigerungsrecht der Tochter schadet nicht

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Die zweite Entscheidung kommt heute vom Ermittlungsrichter des BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 01.08.2018 – 1 BGs 324/18 – zur Beschlagnahme DNA-fähigen Materials bei Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts.

Der GBA führt beim BGH gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Herstellung von biologischen Waffen in Tateinheit mit Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der versuchten Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei Fällen. Gegen die Ehefrau des Beschuldigten wird ein Verfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2a, Abs. 2 Nr. 1 StGB in zwei Fällen und zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB in Tateinheit mit Beihilfe zur vorsätzlichen Herstellung von biologischen Waffen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 KrWaffKontrG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KrWaffKontrG in Verbindung mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrWaffKontrG Teil A II 3. Buchst. b) 3.1 Buchst. d) Ziff. 4., §§ 27, 52, 53 StGB geführt.

Angeordnet wird gem. §§ 103, 105 StPO die Durchsuchung der Person der Betroffenen – Tochter/Stifetochter – sowie der von ihr genutzten Wohn- und Nebenräume zur Sicherstellung von Gegenständen mit DNA-fähigem Material, wie Schmutzwäsche, Haar- oder Zahnbürsten, der Betroffenen .Gemäß §§ 94, 98 StPO wird die Beschlagnahme des aufgefundenen DNA-fähigen Materials der Betroffenen angeordnet.

Zu den Auswirkungen des Zeugnisverweigerungsrechts führt der BGH aus:

„3. Schutzvorschriften der Strafprozessordnung zur Wahrung des Zweckes des Zeugnisverweigerungsrechts der Betroffenen als Tochter bzw. Stieftochter der Beschuldigten (§ 52 As. 1 Nr. 3 StPO) stehen einer Beschlagnahme DNA-fähigen Materials bei der Betroffenen nicht entgegen.

a) Zweck des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 52 StPO ist es den Zeugen, der einerseits zur Wahrheit verpflichtet ist, anderseits befürchten muss, dadurch einem Angehörigen zu schaden, vor dem Entstehen einer Zwangslage zu bewahren (Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 52 Rn. 1). Der Gesetzgeber billigt dem Zeugen aus diesem Grund die Möglichkeit zu, durch die Verweigerung des Aussage selbst nicht aktiv zur Überführung eines Angehörigen beitragen zu müssen. Ergänzt wird dieses Recht durch die Bestimmungen des § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO und § 81c Abs. 3 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, aaO, Rn. 1).

Mit der Regelung des Untersuchungsverweigerungsrechts des § 81c Abs. 3 StPO, wonach körperliche Untersuchungen durch Drittbetroffene, die ein Zeugnisverweigerungsrecht für sich in Anspruch nehmen können, verweigert werden können, stellt der Gesetzgeber sicher, dass Betroffene nicht gezwungen werden können, aktiv durch die Zur-Verfügung-Stellung für eine Untersuchung dazu beitragen zu müssen, einen der in § 52 Abs. 1 StPO aufgeführten nahen Angehörigen einer Straftat zu überführen (Krause in: Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Aufl. § 81c Rn. 31).

Der Grundsatz, dass durch das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO der Betroffene nur davor geschützt werden soll, nicht aktiv zur Überführung eines Angehörigen beizutragen, ist lediglich in § 97 Abs. 1 StPO, wonach schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten nicht der Beschlagnahme unterliegen, durchbrochen. Ein allgemeines Beschlagnahmeverbot beim Zeugnisverweigerungsberechtigten sieht die Strafprozessordnung nicht vor.

b) § 97 Abs. 1 StPO findet vorliegend keine Anwendung, da nicht die Beschlagnahme von schriftlichen Mitteilungen der Betroffenen mit den Beschuldigten in mitten steht.

Auch das in § 81c Abs. 3 Satz 1 StPO geregelten Untersuchungsverweigerungsrechts der Betroffenen steht einer Beschlagnahme nicht entgegen. Die Betroffene ist durch die richterliche Anordnung nicht verpflichtet aktiv zur Aufklärung des Sachverhaltes und ggf. zur Überführung der Beschuldigten beizutragen, sodass die Zwangslage, die durch das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO vermieden werden soll, nicht eintreten kann (vgl. dazu auch OLG Hamm, MDR 1974, 1036). Wie vorstehend ausgeführt, hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, nur schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten beschlagnahmefrei zu stellen.“

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