Und als dritte „Akteneinsichtsentscheidung“ dann der AG Hamburg-Barmbek, Beschl. v.13.07.2018 – 846 Ds 92/17. Er hat mal nicht die erweiterte (Akten)Einsicht im Bußgeldverfahren zum Gegenstand, also kein Aufreger aus dem Bereich. Sondern es geht mal wieder um die Akteneinsicht bzw. den Umfang der Akteneinsicht des Nebenklägers/des Verletzten in den Fällen der Aussage-gegen-Aussage-Konstellation, und zwar hier bei einem Beleidigungsvorwurf.
Und dazu meint das AG: Grudnsätzlich besteht ein Akteneinsichtsrecht, aber das ist eingeschränkt:
„Zwar steht der Nebenklägerin und Verletzten nach §§ 406e Abs. 1, 395 StPO über ihre Rechtsanwältin auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses Akteneinsicht zu. Dieses Recht war ihr vorliegend jedoch nach § 406e Abs. 2 StPO nur mit den aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkungen zu gewähren, da bei einer umfassenden Akteneinsicht der Untersuchungszweck gefährdet wäre.
Der Untersuchungszweck im Sinne dieses gesetzlichen Versagungsgrundes ist gefährdet, wenn durch die Aktenkenntnis der Verletzten eine Beeinträchtigung der gerichtlichen Sachaufklärung zu besorgen ist (OLG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2014 – 1 Ws 110/14, BeckRS 2014, 20813, m.w.N.; siehe auch OLG Hamburg, Beschluss vom 15.01.2018 – 5 Ws 1/18).
Der Verletzten ist eine umfassende Einsicht in die Verfahrensakten regelmäßig in solchen Konstellationen zu versagen, in denen ihre Angaben zum Kerngeschehen von der Einlassung des Angeklagten abweichen und eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorliegt (siehe nur OLG Hamburg, a.a.O.).
So liegt es hier. Die Kenntnis der Verletzten vom gesamten Akteninhalt könnte die Zuverlässigkeit und die Wahrheitsfindung einer von ihr noch zu erwartenden Zeugenaussage beeinträchtigen. Die Verletzte hat die körperlichen Misshandlungen durch den Angeklagten beschrieben. Der Angeklagte hat sich zur Sache eingelassen und die behaupteten Misshandlungen bestritten. Nach vorläufiger Würdigung liegen weitere unmittelbar tatbezogene Beweismittel nicht vor; lediglich die Verletzungsfolgen sind durch Urkunden und Lichtbilder teilweise dokumentiert. Die Verletzte ist einziger Zeuge des unmittelbaren Tatgeschehens.
Eine unbeschränkte Akteneinsicht der Verletzten ist damit mit der gerichtlichen Pflicht zur bestmöglichen Sachaufklärung unvereinbar. Die Kenntnis vom Akteninhalt begründet die Gefahr einer gezielten Vorbereitung auf etwaige neuralgische Punkte in der Aussage und eines strategischen Aussageverhaltens. Entsprechend waren die Akteninhalte von der begehrten Akteneinsicht auszunehmen, deren Kenntnisnahme geeignet ist, die Angaben der Verletzten in der Hauptverhandlung zu beeinflussen. Dies ist bei Angaben in früheren Vernehmungen oder weiteren dokumentierten Sachverhaltsschilderungen der Fall. Eine Würdigung der Aussagekonstanz kann bei Kenntnis von Inhalten früherer Aussagen nicht mehr vollständig erfolgen.
Im Übrigen ist Akteneinsicht zu gewähren.“
Die Argumentation gilt natürlich auch bei anderen Tatvorwürfen.
Und dann <<Werbemodus an>>: Die mit der Akteneinsicht zusammenhängenden Frage, auch die der Akteneinsicht des Verletzten, sind – natürlich – umfassend dargestellt in Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, dessen 8. Auflage vor der Tür steht. Das Werk ist fast schon auf dem Weg in die Druckerei – es wird im Oktober erscheinen. Vorbestellung – auch des Pakets zusammen mit dem Handbuch für die Hauptverhandlung, dessen 9. Auflage alsbald folgen wird, ist hier möglich. <<Werbemodus aus >>.