Immer wieder Freude macht im Bereich der Kostenerstattung die Frage nach der Erstattung von Reisekosten des am Sitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts und din dem Zusamnmenhnag dann das „Unterproblem“: Übernachtungskosten. Zu beiden Fragen verhält sich der OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.05.2018 – 6 W 37/18, mit dem ich heute den „Gebührenfreitag“ eröffne.
Zur grundsätzlichen Frage der Kostenerstattung beim „auswärtigen“ Rechtsanwalt der Leitsatz der Entscheidung:
Beauftragt die Partei einen nicht am Gerichtsort, sondern am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten („Distanzanwalt“), sind dessen Reisekosten zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins grundsätzlich erstattungsfähig; etwas anderes gilt ausnahmsweise nicht allein deshalb, weil dem Verfahren ein Eilverfahren vorausging.
Zu den Übernachtungskosten heißt es dann:
„3. Die Kosten der Hotelübernachtungen sind hingegen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht für beide Verhandlungstermine, sondern nur für den Termin am 21.04.2015 erstattungsfähig, da sie nur für einen Termin notwendig waren.
Einer Partei kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a IV ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen. Eine Anreise, bei welcher der Prozessbevollmächtigte seine Kanzlei vor 6.00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, musste dieser also nicht durchführen.
Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn der Prozessbevollmächtigte zu Terminsbeginn am 21.04.2015 um 11.00 Uhr im Gerichtsgebäude in Stadt1. hätte anwesend sein wollen. Ausgehend von einer durch X ermittelten Fahrzeit von 3:51 Min wäre eine Abreise um 06:00 Uhr nicht ausreichend gewesen, um den Termin um 11.00 Uhr rechtzeitig zu erreichen. Der Prozessbevollmächtigte konnte und musste nämlich einen Sicherheitspuffer einberechnen, um etwaigen Verzögerungen wie Staus begegnen zu können. Hier hält der Senat einen Zeitraum von 1:15 Std. für ausreichend, aber auch notwendig.
Hinsichtlich des Termins am 23.03.2017 hingegen war schon nach dem eigenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten eine Anreise am Prozesstag möglich und zumutbar. Er nämlich insoweit vorgetragen, bei einem Termin um 11.00 Uhr bereits um 06.00 Uhr losfahren zu müssen, für den Termin um 11.15 Uhr hingegen keine Aussage getroffen. Nach Auffassung des Senats ist ein Puffer von 1:15 ausreichend, um möglichen Eventualitäten wie z.B. Staus gegenüber gewappnet zu sein. Ein weitergehender Puffer ist hingegen in Anbetracht der Strecke und gewöhnlichen Fahrzeug nicht erforderlich. Für den Termin war daher eine Fahrzeit von 5:06 (3:51 Std. Fahrzeit zuzüglich 1:15 Std. Puffer) einzuplanen, so dass eine Abfahrt zum Termin um 11.15 Uhr nach 06:00 Uhr – und damit nicht mehr in der Nachtzeit – hätte erfolgen können.“
Zur Erstattung der Übernachtungskosten siehe auch noch OLG Naumburg, Beschl. v. 08.06. 2016 – 12 W 36/16 (KfB) und VG Würzburg VG Würzburg, Beschl. v. 11.07.2017 – W 8 M 17.30937, die für die Erstattungsfähigkeit ebenfalls auf eine Abreise vor 6 Uhr morgens abstellen. Die Entscheidungen enthalten allerdings keine Ausführungen zu einem „Sicherheitspuffer“.
Sensationell finde ich, dass das Gericht quasi zwischen den Zeilen davon ausgeht, dass der Anwalt in der Kanzlei wohnt. Wie sieht es denn aus, wenn eine erhebliche Distanz zwischen Wohn- und Kanzleisitz des Anwalts besteht? Oder geht man immer vom Kanzleisitz aus?
@ Maste
M.W. zählt bei Reisen immer der Kanzleisitz.
Interessant finde ich aber, dass das OLG nur von der Fahrtzeit und einem Sicherheitspuffer für Verzögerungen wie Staus etc. ausgeht. Was ist aber mit Pausen? Bei vier Stunden Fahrtzeit sollte der Fahrer auf jeden Fall mindestens eine Ruhepause einlegen. Geht man von nur 10 Minuten Rast aus, wäre man auch beim zweiten Termin schon in der Nachtzeit,,,
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