Die zweite Gebührenentscheidung kommt aus dem Bereich des Verkehrszivilrecht. und zwar geht es um die Frage, ob vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind. Nicht unbedingt mein Bereich, aber es gibt ja das LG Saarbrücken, Urt. v. 01.06.2018 – 13 S 151/17, über das der Kollege Gratz ja auch schon berichtet hat:
„Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten den Streitwert des Rechtsstreits in 1. und 2. Instanz erhöhen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirkt sich die Geltendmachung von vorprozessualen Anwaltskosten im Klageverfahren streitwerterhöhend aus, soweit sie sich auf einen ursprünglich geltend gemachten Anspruch beziehen, der nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17.02.2009 – VersR 2009, 806 und vom 26.03.2013 – VI ZB 53/12, VersR 2013, 921). Dies gilt nicht nur im Rahmen der Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts (§ 4 ZPO), sondern auch im Rahmen des Gebührenstreitwerts nach § 43 GKG (vgl. OLG Celle, MDR 2013, 53; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 4 Rn. 40; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 43 GKG Rn. 29; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 43 GKG Rn. 5; Dörndorfer/Binz/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 43 Rn. 4 ff; Nugel, jurisPR-VerkR 14/2013 Anm. 1). Verlangt der Geschädigte mithin – wie hier – Anwaltskosten aus dem gesamten vorgerichtlich verfolgten Schadensersatzanspruch, so handelt es sich um eine den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert erhöhende Hauptforderung, soweit sich die Anwaltskosten auf einen Teil des ursprünglich geltend gemachten Schadensersatzanspruchs beziehen, der bereits vorgerichtlich reguliert und deshalb von vorneherein nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17.02.2009 – VI ZB 60/07, VersR 2009, 806).
Allerdings ist bislang nicht abschließend geklärt, wie der Streitwert der die Hauptforderung erhöhenden Anwaltsgebühren im Einzelnen zu bemessen ist. Das Kammergericht hat insoweit eine Wertberechnung vorgenommen, bei der der Wert nach den gesamten außergerichtlichen Kosten abzüglich der Kosten bestimmt worden ist, die auf den anhängigen Teil der Forderung entfielen (KG, NJW-RR 2008, 879). Denkbar wäre auch, nach Streitwertanteilen zu quoteln. Allerdings wird zu Recht darauf hingewiesen, dass beide Methoden dazu führen, dass sich der Wert des Kostenerstattungsanspruchs, der sich auf einen feststehenden, weil „erledigten“ Teil bezieht, nach diesen Meinungen im Laufe eines Verfahrens ändern kann, wenn es etwa zu Klageerweiterungen oder Klagerücknahmen kommt (vgl. Schneider, NJW-Spezial 2009, 381). Die Kammer hält es deshalb für vorzugswürdig, den Streitwert dieser Forderung nach dem Wert der Gebühren aus dem (vorgerichtlich) erledigten Wert zu bestimmen (ebenso Schneider, DAR 2008, 432, 433; NJW-Spezial 2009, 381; ders. in: Schneider/Volpert/Fölsch aaO Rn. 31 ff). Wegen der leichten Wertbestimmung entspricht dies nicht nur praktischen Bedürfnissen, sondern folgt auch nachvollziehbaren Sachargumenten. Denn es handelt sich bei dieser Forderung um eben jene (feststehenden) Anwaltskosten, die sich auch ergeben hätten, wenn der Anwalt ausschließlich mit der Geltendmachung der vorgerichtlichen Anwaltskosten als Teil des Schadensersatzanspruchs beauftragt worden wäre oder wenn sich im Klageverfahren herausstellt, dass ein weiterer Anspruch in der Hauptsache nicht besteht. Insoweit lässt sich diese Art der Wertberechnung auch ohne weiteres mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbaren, dass sich der materiell-rechtliche Kostenanspruch nach dem berechtigten Gegenstandswert bemisst (vgl. BGH, Urteile vom 07.11.2007 – VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888 und vom 18.07.2017 – VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282).
Danach ergibt sich ein Wert dieses Anspruchs in Höhe von
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG
(Wert regulierter Ansprüche: 4.143,38 €) 393,90 €
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
19% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 78,64 €
492,54 €
und damit ein Gesamtstreitwert von (1.127,78 + 492,54 =) 1.620,32 € (§ 39 GKG).
Auf die Höhe des materiell-rechtlichen Kostenanspruchs des Geschädigten insgesamt wirkt sich die hier angewandte Methode zur Bestimmung des Streitwerts nicht aus (vgl. dazu unter 4.). Denn dem Geschädigten steht auch in Fällen wie hier nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Geschäftsgebühr nur einmal aus dem berechtigten Gesamtgegenstandswert zu und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten (vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2014 – VI ZR 396/13, VersR 2014, 1100).“