Nur sehr knapp bemessene Verfahrensgebühren, oder: Wirklich gar nichts getan?

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Am Gebührenfreitag starte ich mit dem LG Hagen, Beschl. v. 05.04.2018 – 43 Qs 14/18 -, der sich mal wieder zur Bemessung der Rahmengebühren (§ 14 RVG) verhält. Das Verfahren gegen den Beschuldigten ist eingestellt worden. Die Verteidigerin macht die Gebühren aus abgetretenem Recht geltend. Sie setzt jeweils die Mittelgebühren an. Aber die sieht das LG nur für die Grundgebühr als angemessen an. Bei allen anderen Gebühren macht man erhebliche Abschläge. Die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren wird sogar nur in Höhe der Mindestgebühr gewährt:

Vor diesem Hintergrund durfte das Amtsgericht Schwelm hier im angefochtenen Beschluss hinsichtlich der oben zu 2. und 3. genannten Rahmengebühren die Kosten jeweils abweichend festsetzen. Die von der Beschwerdeführerin insoweit getroffene Gebührenbestimmung war nicht verbindlich, weil sie i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG als unbillig anzusehen war.

„1. Für die Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren liegt die angemessene Gebührenhöhe vorliegend bei 40,00 €. Damit stellt die von der Beschwerdeführerin angesetzte Gebühr in Höhe von 200,00 € eine deutliche Überschreitung um mehr als 20 % der als angemessen anzusehenden Gebühr dar.

Die Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren (Nr. 4104 VV RVG) sieht einen Gebührenrahmen von 40,00 € bis 290,00 € vor. Die Gebühr deckt die gesamte anwaltliche Tätigkeit im Ermittlungsverfahren ab, soweit sie nicht durch die Grundgebühr (Nr. 41 OO VV RVG) und etwaige Terminsgebühren (Nr. 4102, 4103 VV RVG) abgegolten wird (N. Schneider in Schneider/Wolf, RVG, 6. Aufl. 2012, vor VV 4104 f., Rn. 6). Somit werden von dieser Gebühr v.a. Besprechungen mit dem Mandanten und die Informationsaufnahme, Beratungen des Mandanten, Einsichtnahme in die Ermittlungsakten, Anfertigen von Schriftsätzen, Tätigkeit im Verfahren nach § 111a StPO sowie Verhandlungen mit Staatsanwaltschaft oder Gericht erfasst (vgl. N.Schneider a.a.O., VV 4101-4105, Rn. 18).

Vorliegend ist der in diesem Verfahrensabschnitt von der Beschwerdeführerin entfaltete Aufwand als weit unterdurchschnittlich anzusehen, sodass sich der Ansatz der geringsten Gebühr von 40,00 € rechtfertigt. Bereits im Rahmen der Grundgebühr wurde die Mandatsübernahme einschließlich der Entgegennahme der Erstinformationen durch den Mandanten sowie die Einsichtnahme in die äußerst übersichtliche und einen einfach gelagerten Sachverhalt betreffende Ermittlungsakte berücksichtigt und kann hier kein weiteres Mal zum Tragen kommen. Weitere Tätigkeiten, die über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG) hinausgehen, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Der Aufwand stellt sich damit insbesondere vor dem Hintergrund des äußerst einfach gelagerten Sachverhalts und der übersichtlichen Ermittlungsakte als weit unterdurchschnittlich dar.

2. Für die Verfahrensgebühr im ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht liegt die angemessene Gebührenhöhe bei 100,00 €. Die von der Beschwerdeführerin mit 165,00 € angesetzte Gebühr übersteigt die als angemessen anzusehende Gebühr mithin ebenfalls um mehr als 20 %.

Die Verfahrensgebühr im ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht (Nr. 4106 VV RVG) sieht einen Gebührenrahmen von 40,00 € bis 290,00 € vor. Sie deckt die gesamte Tätigkeit des Verteidigers nach dem Abschluss des vorbereitenden Verfahrens ab. Maßgeblich für die Bemessung der Höhe dieser Gebühr sind alle vom Verteidiger in diesem Verfahrensabschnitt erbrachten Tätigkeiten (Burhoff a.a.O., VV 4108-41 1 1, Rn. 14).

Hier beschränkte sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin auf die Fertigung eines gut eine Seite umfassenden Schriftsatzes, der zum größten Teil in einer reinen Rekapitulation des Inhalts der Ermittlungsakte bestand. Insbesondere auch vor dem Hintergrund des äußerst übersichtlich und einfach gelagerten Prozessstoffs ist auch hier das Ausmaß der dadurch veranlassten anwaltlichen Mühewaltung als unterdurchschnittlich zu bewerten und daher mit 100,00 € angemessen abgegolten.“

Unschön der Beschluss. Kein Wort zum Ausgangspunkt der Bemessung, nämlich der Mittelgebühr, und warum das Verfahren nicht zumindest durchschnittlich war. So klingt es für mich jedenfalls. Und für das vorbereitende Verfahren nur die Mindestgebühr? D.h.: Noch weniger geht gar nicht bzw. die Verteidigerin hat gar nichts getan. Allerdings: Dazu hätte man dann vielleicht vortragen sollen. Dann hätte das LG nicht schreiben können: „… sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich„.

 

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