Poliscan, Poliscan, Poliscan und kein Ende oder auch: PTB, PTB, PTB und keine Ende. Seit längerem ja nun schon wird die Diskussion um die Frage der Verwertbarkeit von Messungen geführt, die mit PoliscanSpeed durchgeführt worden sind. Die OLG verteidigen dieses Messverfahren, gegen das von einigen Sachverständigen erhebliche Bedenken vorgetragen werden, mit Zähnen und Klauen.
Aus der Diskussion stammt die Argumentation zur Bauartzulassung durch die PTB als „antizipiertes Sachverständigengutachten“. Das war in meinen Augen die Seligsprechung der PTB. Nun ist beim OLG Frankfurt der Heiligsprechungsprozess der PTB eingeleitet worden, und zwar in Zusammenhang mit der Diskussion darüber, welche Auswirkungen es hat, wenn von den Vorgaben in der Bauartzulassung abgewichen wird. Die PTB sagt in ihren Stellungnahmen, nein, denn es ist nicht mit falschen Messergebnissen zu rechnen sei.
Und dazu liegt dann jetzt der/ein Heiligsprechungsbeschluss des OLG Frankfurt vor (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.09.2017 – 2 Ss OWi 919/17):
„Durch die obergerichtliche Rechtsprechung ist zudem hinreichend geklärt, dass „PoliScanSpeed“ weiterhin ein standardisiertes Messverfahren darstellt (vgl. I. 3 dazu nur: OLG Braunschweig, Beschluss vom· 14. Juni 2017 – 1 Ss (OWi) 115/17 -. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2017- 1 OWi 1 Ss Bs 53/16 -, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Mai 2017 – 2 Rb 8 Ss 246/17 – , Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21. April 2017 – Ss RS 13/20 17 (26/17 OWi) – , jew.n.juris; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.06.2017 -2 Ss-OWi 542/17-).
Ein allein mit pauschaler Kritik an dem eingesetzten standardisierten Messverfahren unter Hinweis auf von der PTB bereits widerlegte Ausführungen aus anderen Verfahren begründete Beweisantrag war daher richtigerweise nicht geeignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung hervorzurufen. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt gerade den Zweck, Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung freizustellen (BGHSt 39, 291, 297). Die abstrakt-theoretische Möglichkeit eines Messfehlers vermag keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung nahezulegen (vgl. OLG Frankfurt am Main, – 2 Ss-OWi 224/11 -;- 2 Ss-OWi 147/12 -, BayObLG DAR 1998, 481 ; OLG Hamm NZV 1900, 279, OLG Köln VRS 88, 376). Der. Tatrichter würde die Anforderungen an seine Überzeugungsbildung vielmehr überspannen, wenn er ohne konkrete Anhaltspunkte an der Zuverlässigkeit der Messung zweifelt (st. Rspr. des Senats, vgl. OLG Frankfurt am Main,- 2 Ss-OWi 850/12 -, – 2 Ss-OWi 228/13 -, 2 Ss-OWi 269/13 -,jeweils m. w. N.). Das Amtsgericht konnte den Beweisantrag somit gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ablehnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.02.2017 -2 Ss-OWi 47/17-).
Die Ausführungen der Verteidigung erschöpfen sich darin, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, ob das Gerät die beschreibenden Teile seiner Funktionsdarstellung, wie z. B. in einer Bauartzulassung wiedergegeben, in jeglicher Hinsicht und jeglicher Wortlautauslegung erfüllt. Die aktuellen Einwände gegen die PoliScanSpeed beziehen sich nicht darauf, dass das Gerät anders messen würde, als es dies zum Zeitpunkt der Prüfung durch die PTB getan hätte, sondern nur dass es angeblich anders misst, als die Funktionsweise in der Bauartzulassung beschrieben sein soll.
Darauf kommt es, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat nicht an. Das Wortverständnis der Verteidigung zu Begrifflichkeiten in einer Bauartzulassung ist für das Bußgeldverfahren irrelevant. Maßgeblich ist das, was der Zulassungserteiler, vorliegend die PTB, gemeint hat
Die PTB hat immer wieder, zuletzt mit Schreiben vom 12.01.2017 und 29.03.2017 bestätigt, dass das Gerät genau so misst. wie es dies auch schon bei den Prüfungen der PTB getan hat. Die nunmehr diskutierten angeblichen Abweichungen in der Beschreibung der Funktionsweise hat die PTB insoweit erklärt, als die Beschreibung der Funktionsweise lediglich beschreibenden Charakter habe und sich die Bedeutung bei Kenntnis der Funktionsweise des Geräts eindeutig, entgegen der Darstellung der jetzigen Kritiker, ergebe. Die PTB hat insoweit sogar auch bestätigt, dass es für die Aufrechterhaltung der Bauartzulassung, und damit für die Verwertbarkeit ihres antizipierten Sachverständigengutachtens irrelevant wäre, ob die – nach Angaben der PTB verkürzte und vereinfachte – Beschreibung der Funktionsweise des Geräts den tatsächlichen Vorgängen im Gerät inklusive der Zusatzdaten entspricht, weil das Gerät auf jeden Fall genau so misst, wie es dies auch schon bei den extensiven Prüfungen durch die PTB getan hat.
Damit ist es für das Gericht unerheblich, ob die von den Kritikern nun. vorgebrachten angeblichen Abweichungen bei der Behandlung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs zutreffen, oder ob es bei der Frage, was innerhalb des Messbereichs sein muss, von vornherein immer nur auf das Messobjekt selbst (und nicht die Messpunkte) ankam. Entscheidend ist primär, dass die PTB bestätigt hat, dass das Gerät in seiner aktuellen Verwendung genau dem Gerät entspricht, das auch getestet und dessen ordnungsgemäßen Messungen bestätigt wurden. Das Gerät misst nach den Ausführungen der PTB richtig. Eine weitere Beweiserhebung zur Ordnungsmäßigkeit der Messung war mithin nicht geboten.
Angesicht der unverändert fortgeltenden Bauartzulassung der PoliScanSpeed durch die PTB kann das Gericht von der Richtigkeit der Messung ausgehen, wenn das Gerät zum Messzeitpunkt gültig geeicht war und von einem Messbeamten, der über die nötige Sachkunde zur Bedienung des Geräts verfügt, entsprechend der Gebrauchsanweisung eingesetzt wurde und die Messung entsprechend nach der Gebrauchsanweisung ausgewertet wurde.“
Man steht fassungslos, aber auch hilflos vor dieser Argumentation. Die PTB zugleich Sachverständiger und Richter. Das ist die Heiligsprechung. Schade, dass nicht ein OLG mal den A…… in der Hose hat, den BGH mit den Fragen zu befassen. Dazu liest man dann nur: Wir befinden uns auf dem Stand der heiligmachenden Gnade der Weisheit herrschenden Meinung und der Rechtsprechung des BGH und müssen nicht vorlegen (so das OLG Bamberg). Ich bin froh, dass ich keine Fortbildungen mehr mache, weil ich nicht weiß, was ich den Verteidigern an der Stelle noch raten kann/könnte.
Ich habe die Befürchtung, daß sich an dieser unseligen Rechtsprechung erst etwas ändern wird, wenn einer der beteiligten OLG-Richter -oder ein Mitarbeiter der PTB- einmal selbst von einer Poliscan-Fehlmessung betroffen ist 🙁 .
Genau das ist die Aufgabe der PTB: Ein zuzulassendes Gerät zu prüfen und eine Bauartzulassung zu erteilen. Ich stehe eher fassungslos vor der Argumentation einiger weniger „Sachverständiger“, die ihr Geld offenbar hauptsächlich mit Gutachten gegen standardisierte Messverfahren verdienen, und die permanent auf Grundlage von reinen Mutmaßungen gegen PoliscanSpeed schießen, ohne auch nur in einem einzigen Fall jemals eine Fehlmessung ermittelt zu haben. Und wozu Ihr ständiges Perpetuieren dieser Auffassung führt, sehen Sie an Kommentaren wie dem von „Ich“: In der Bevölkerung entsteht mangels Kenntnis der Eindruck, es käme zu Fehlmessungen. Soweit ich das sehe, behaupten das nicht einmal Bladt, Grün, Löhle oder Sie.
Und womit verdient die PTB ihr Geld?
Es ist nicht Aufgabe der PTB, gleich die Einwände gegen ein Messverfahren mit zu erledigen.
Und ich werde auch weiterhin meine Auffassung perpetuieren, dass das Vorgehen der OLG pp. faslch ist. Wenn ich die Ausführungen der SV richtig verstehe, liege ich nicht falsch.
Aber, was soll es? Es ist einfacher, sich den OLG anzuschließen, als dagegen anzugehen.
Nur mal auf den sachlichen Einwand von Briag zurück:
Gibt es denn eine durch einen SV belegte Fehlmessung mit PoliscanSpeed und ist dazu etwas veröffentlicht? Wenn man das Verfahren bzw. die PTB schon permanent angreift und alle OLG-Richter zu ignoranten Papisten erklärt, läge es doch nahe, (unabhängig von den Erfolgsaussichten eines Beweisantrags in einem konkreten Verfahren) einfach mal eine oder mehrere Messungen sachverständig zu prüfen.
Aber man weiß ja auch, wie die aufsässigen Münsteraner Wiedertäufer endeten 😉
Da haben wir dann den nächsten Teufelskreis.
Und was hat das bitte schön mit den Wiedertäufern zu tun?
@meine5cent
Wir haben bei der Auswertung von zigtausend PSS-Messungen z. T. Über- und Unterschreitungen der Grenzen des zulässigen Messbereichs festgestellt, die es nach der Erklärung der PTB nicht geben dürfte, teilweise nämlich größer als die Länge des gemessenen Fahrzeugs.
Eine Fehlmessung bzw. fehlerhafter Geschwindigkeitswert kann durch Über- bzw. Unterschreiten der Messstrecke aufgrund der sog. juristischen Rundung zustandekommen. Hintergrund ist dabei, dass nicht mathematisch auf- und abgerundet wird, sondern die Nachkommastellen abgeschnitten werden.
Der vom Messgerät mit Über- oder Unterschreitung des zulässigen Messbereichs berechnete Geschwindigkeitswert beträgt bspw. geräteintern 81,01 km/h. Jetzt ist es denkbar, dass die Beschränkung auf die Messwerte, die innerhalb der zulässigen Messstrecke (also zwischen 50 und 20 m) liegen, rechnerisch zu einem Geschwindigkeitswert von 80,99 km/h führen. Dieser würde automatisch auf 80 km/h abgerundet. Über die Folgen bei bspw. zulässigen 50 km/h sind Sie sicher im Bilde. Und das ist keine theoretische Betrachtung. Solche Fälle gibt es.
Dazu haben meine Kollegen und ich in „Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik“ 4/2017 veröffentlicht.
Außerdem ist auch die Vorstellung falsch, dass das Messgerät, nur weil es so funktioniert, wie es bei der PTB festgestellt wurde, stets gleiche Werte liefert. Wir haben etliche Messversuche durchgeführt, bei denen zwei PSS-Messgeräte zum gleichen Zeitpunkt das gleiche Fahrzeug gemessen haben. Die Messgeräte waren mal nebeneinander, mal übereinander, aber auch auf unterschiedlichen Fahrbahnseiten aufgestellt. Es kamen abweichende Werte von bis zu 2 km/h heraus und die Messstrecken stimmten auch nicht überein. Die Differenzen liegen zwar stets innerhalb der Verkehrsfehlertoleranz. Da diese aber nun mal vom angezeigten Messwert abgezogen wird, ist der Fahrer gut dran, der zufällig von dem Gerät gemessen wurde, dass den geringeren Wert ausgegeben hat (was keineswegs immer das gleiche war.)
Wenn man die Überschreitung des Messbereichs als „kann schon mal vorkommen“ und „ist nicht so schlimm“ abtut, löst man sich davon, was für die Außenstehenden (Richter, Staats-/Amtsanwälte, Verteidiger und Betroffene) Grundlage des Standardisierten Messverfahrens sein muss: Die Zulassung des Geräts und die Gebrauchsanweisung. Denn, was die PTB im Zulassungsverfahren so treibt, verrät sie ja nicht. Dann MUSS man davon ausgehen können, dass Schriftstücke, die unter ihrer Federführung herausgegeben werden, nicht nur den Tatsachen entsprechen, sondern auch interpretationsfest sind.
@M. Winninghoff:
Sie behaupten, Messwerte außerhalb des „zulässigen Messbereichs“ ermittelt zu haben. Dabei legen Sie allerdings die durch die PTB formulierte Zulassung auf eine ganz bestimmte Weise aus. Die PTB versteht sie anders und hat dies auch in mehreren veröffentlichten Stellungnahmen dargelegt. Dies ignorieren Sie einfach. Es wäre für die PTB ein leichtes, den Text einfach umzuformulieren, wenn es erforderlich wäre. Ist es aber nach deren Auffassung nicht.
Darüber hinaus: Was Sie beschreiben ist keine „Fehlmessung“, und das wissen Sie auch. Das Messgerät muss, um zugelassen zu werden, auf 0,6 % genau messen, es werden aber mindestens 3 % abgezogen. In Ihrem Beispiel (81,01 km/h) wären es sogar 3,7 %. Obwohl das Fahrzeug tatsächlich also mit mindestens 80,52 km/h bewegt wurde, würde am Ende ein Wert von gerade einmal 78 km/h zu Grunde gelegt. In einem solchen Fall von einer „Fehlmessung“ zu Lasten des Betroffenen zu sprechen, finde ich unanständig.
Es ist doch keine Frage, aus welcher „Ecke“ Briag und „meine5cent“ kommen. Und auch keine Frage, dass genau diese Verfechter des standardisierten Messverfahrens die einem konkreten Messsystem gefährlich werdenden Sachverständige in eine modalisierende Funktion („Sachverständige“) setzen, um dann genüsslich zu erklären, diese Sachverständige haben noch nie eine Fehlmessung ermittelt. Würden jene Kritiker aber auch erst einmal die Gutachten bspw. von Dr. Löhle wirklich lesen, würde sich ihnen ein anderes Bild ergeben. Dass aber Fehlmessungen bei diesem quasi sakrosanktem Messsystem nur schwer zu ermitteln sind, weil eben von der Rechtsprechung alle Versuche des Herstellers gebilligt werden, die Messungen tatsächlich transparent zu machen, das wird natürlich nicht eingeräumt. Wie bitteschön, sollen Messfehler denn nachgewiesen werden, wenn die hierzu erforderlichen Informationen mit dem sonoren Verweis auf Angaben der scheinbar unfehlbaren PTB und des Geräteherstellers verweigert werden? Ein Schelm, der böses dabei denkt, nämlich, dass es gute Gründe gibt, weshalb diese Informationen nicht preisgegeben werden. Und natürlich werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, eine Überprüfung des BGH zu verhindern.
Es wäre ganz einfach, eine Fehlmessung zu ermitteln: Messen Sie einfach das selbe Fahrzeug mit PoliscanSpeed und einem anderen Messgerät, und vergleichen Sie die Werte. Und dann teilen Sie bitte mit, wann Sie aufgegeben haben, weil sich eben keine Unterschiede finden ließen.
Aber vielleicht haben Sie auch Recht: Es gibt eine Verschwörung zwischen Amtsgerichten, OLGs, Gerätehersteller, Zulassungsstelle, Polizei, Bußgeldbehörden und gerichtlichen Sachverständigen, welche einfach nur dem Ziel dient, zu verschleiern, dass deutschlandweit Messgeräte eingesetzt werden, die überhaupt nicht in der Lage sind, korrekte Geschwindigkeiten zu ermitteln. Denn wie lese ich in der Werbung anderer „Kanzleien“ so schön: „85 % aller Bußgeldbescheide sind falsch. Warum nicht auch Ihrer?“
Ich lege nichts aus, sondern nehme wörtlich. Ausgelegt hat die PTB, als sich herausstellte, dass die zulässige Messstrecke nicht eingehalten wird. Lt. Zulassung liegt der Bereich, in dem Messwerte entstehen, die zum amtlichen Messwert führen, zwischen 50 und 20 m vor dem Gerät. Das war solange eindeutig, bis man feststellte, dass sich das Messgerät nicht daran hält, bzw. man das seitens der PTB nicht bemerkt hat und dann nachbessern musste. Mir ist es dann wohl gestattet, dass ich dieses Verhalten der PTB unanständig finde. Die PTB könnte ja einfach mal transparenter arbeiten.
Wenn von mir oben beschriebener Effekt einsetzt, kommt im Ergebnis ein um 1 km/h geringer Wert heraus. Natürlich liegt das innerhalb der Verkehrsfehlertoleranz. Aber es ist ein zusätzlicher Fehler, der auftritt, weil das Messgerät nicht so arbeitet, wie es (ursprünglich vor den diversen Nachbesserungsversuchen seitens der PTB) in der Bauartzulassung bzw. Gebrauchsanweisung beschrieben wird. Und es ist eben genau deswegen eine Fehlmessung, weil der Messwert aufgrund fehlerhaft zusammengetragener Einzelmessungen entsteht. Und es ist ein Fehler, der wegen fehlerhafter Beschreibung des Geräts in der Bauartzulassung entsteht. Was braucht es denn noch, um ein Messgerät als fehlerhaft funktionierend zu überführen?
Der Gesetzgeber verlangt keine Überprüfungsmöglichkeit von Messungen im Nachhinein, seine Bundesbehörde gerät aber in arge Erklärungsnot, wenn ein Messgerät auf einmal ein Eigenleben entwickelt. Es wäre im Sinne der Rechtssicherheit doch allen geholfen, wenn es eine -leicht implementierbare- Überprüfungsmöglichkeit gäbe. Ich finde es unanständig, sich dagegen vehement zu wehren.
@Briag: Vergleichende Versuche haben wir ja gemacht. Und dabei kommen nun mal unterschiedliche Messwerte heraus. Ich hätte mich als Techniker arg gewundert, wenn das nicht so wäre.
@Ellinger: Und was genau sagt Ihnen Ihre Glaskugel, aus welcher Ecke ich komme? Ich kann Ihnen versichern, dass ich mit StraßenverkehrsOWis nie das Geringste zu tun hatte, aber erstaunt bin, dass anders als in anderen Rechtsgebieten, in denen Sachverständigengutachten und Messungen auch eine erhebliche Rolle spielen (sei es Immissionsschutz oder zB privates Baurecht) niemals irgendein Beteiligter auf die Idee gekommen wäre, Eichscheine, Schulungsnachweise und Bedienungsanleitungen von/für Geräte anzufordern, einzusehen oder zu prüfen, die der Sachverständige etwa für Baustatikuntrersuchungen, Baustoffuntersuchungen im Labor oder bei der Lärmmessung verwendet hat. Und da geht es durchaus auh um existenz- und arbeitsplatzbedrohende Fragen…
Fest steht: Es gibt keine Fehlmessungen zu Lasten des Betroffenen. Dass Herr Burhoff den Verteidigern nichts zu raten weiß liegt halt schlicht daran, dass die Messungen korrekt sind. Das ist doch ein toller Zustand.
Und auch hier: Schwachsinn.
Mich würde sehr interessieren, ob Sie jemals eine ordnungsgemäß durchgeführte Messung mit PoliscanSpeed überprüft haben, bei der im Ergebnis abzüglich der Toleranz ein höherer Wert angezeigt als tatsächlich gefahren wurde. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, denn das wäre sofort in aller Munde und das Gerät wäre (zu Recht) tot.
Wie soll der Nachweis, dass eine Messung tatsächlich richtig oder falsch ist, erbracht werden, wenn es keine echte Überprüfungsmöglichkeit gibt? Ich glaube, Ihnen fehlt das Grundverständnis der Messtechnik: Man weiß nie (also wirklich nie!), ob ein Messwert genau dem tatsächlichen Wert entspricht. Aber man kann sagen, in welchen Grenzen er sicher gelegen hat. Das geht aber nur, wenn die Messung nach vorher aufgestellten Regeln erfolgt ist, wozu neben der Beschreibung des Geräts die Festlegung der Kriterien für Eichung und Betrieb gelten. Das macht man ganz am Anfang. Wenn man merkt, dass das Messgerät nicht so arbeitet, wie festgelegt, kann man seriöserweise nun mal nicht (wie die PTB) hingehen und das Geschriebene relativieren, damit es wieder ins Konzept passt. Man kann ja die Kriterien neu festlegen. Das hat hier aber nun mal Einfluss auf die Bestimmung des Geschwindigkeitswerts (s. o.).
Sobald eine einzelne Messung aus nachweisbaren Gründen (hier Überschreitung der festgelegten Messbereichsgrenzen) als nicht im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens zustande gekommen anzusehen ist, dreht sich die Beweispflicht wieder um und die Behörde muss dem Betroffenen nachweisen, dass er zu schnell war. Das gelingt aber nicht, weil dann nämlich _ihr_ die Überprüfungsmöglichkeit fehlt.
Es mag sogar sein, dass die Messbereichsgrenzen willkürlich festgelegt worden sind. Solange aber niemand Einblick in das genaue Messprozedere erhält, muss man sich darüber nicht weiter unterhalten. Der nachträgliche Heilungsversuch ist dabei sogar extrem hilflos, denn es gibt ja gar keinen Grund, dass man die Messbereichsgrenzen erst festgelegt hat, wenn man sie angeblich gar nicht festlegen musste.
Die Messbereichsgrenzen sind nun mal der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte. Es mag ja sogar sein, dass der Geschwindigkeitswert richtig ist. Wenn er aber nicht mit zulässigen Randbedingungen zustande gekommen ist, ist er solange ungültig, bis die Behörde die Richtigkeit nachweist (oder die OLGe der PTB zur Seite springen). Um das zu vermeiden, hat man ja -sinnvollerweise- das standardisierte Messverfahren erfunden. Man muss sich dann aber auch an die technischen Grenzen halten, innerhalb derer die Standardisierung gegeben ist. Ich lese in den OLG-Entscheidungen nur mantrahaftes Wiederkäuen technisch schlicht falscher Zusammenhänge, die die PTB wider besseres Wissen aber gutheißt. Man stellt also fest, dass das Messverfahren irgendwie anders als gedacht arbeitet, erlegt den Betroffenen aber auf, einen Messfehler nachzuweisen, obwohl wirklich jeder halbwegs Informierte weiß, dass es diese Möglichkeit schlicht nicht gibt. Und das Sahnehäubchen ist dann noch, dass den Betroffenen häufig nicht mal die Messdatei nebst zum Öffnen erforderlichen Zusatzdaten herausgegeben wird. Und das alles soll kein Geschmäckle haben? Also bitte. _Das_ ist unanständig. Nicht wenn ich hinterfrage, wie Messwerte entstehen.
Wenn das alles so einfach ist, kann man sich das ganze Brimborium mit sündhaft teuren Messgeräten nämlich sparen und man stellt einfach einen Geschwindigkeitsschätzer an die Straße. Im Ergebnis ist das das gleiche: Nicht nachvollziehbares Erzeugen von Geschwindigkeitswerten. Kann stimmen, muss aber nicht.
Was ist daran so schlimm, eine transparente Nachvollziehbarkeit zu schaffen?
Ich denke nicht, dass mir das technische Grundverständnis fehlt. Ich merke indes an, dass nicht ein einziger Fall bekannt ist, indem eine Messung, die mit PoliscanSpeed erzielt wurde, außerhalb der Verkehrsfehlergrenzen von Messungen anderer Geräte abweicht. Daraufhin haben Sie entgegnet, Sie hätten Versuche durchgeführt und genau solche Abweichungen erhalten (so habe ich Sie zumindest verstanden). Daraufhin habe ich Sie nach diesem konkreten Fall gefragt. Darauf antworten Sie jetzt nicht, sondern erklären wiederum, eine Prüfung sei gar nicht möglich.
Sie können die Geschwindigkeit von Fahrzeugen problemlos aus Radumfang und Anzahl der Umdrehungen ermitteln. Warum fahren Sie nicht mit einem derart ausgerüsteten Fahrzeug einfach einen Tag lang herum und führen fortlaufend Messungen mittels PoliscanSpeed durch? Kommt eine einzige Messung zu einer Abweichung von mehr als 3% bzw. unter 100 km/h 3 km/h gegenüber dem korrekt ermittelten Wert, haben Sie das Gerät zerlegt. Herzlichen Glückwunsch. Ich gehe aber davon aus, dass das nicht der Fall sein wird. Und wie gesagt: Meine Frage nach dem konkreten Fall, in dem Ihnen das gelungen sein mag, haben Sie bisher nicht beantwortet.
Ich bin sogar bei Ihnen: Mir wäre es auch lieber, wenn die genaue Art der Messwertbildung bekannt wäre und die Einzelmesswerte gespeichert würden. Ist aber nicht der Fall, und ist auch nicht erforderlich. Wenn Sie mit einem „geeichten“ Zollstock messen, ist Ihnen im Zweifel auch nicht bekannt, wie der hergestellt wird und wie gewährleistet ist, dass er exakt misst. Aber wenn es dafür eine staatliche Stelle gäbe, die die Produktion inspiziert, feststellt, dass es ob des Produktionsprozesses zu Abweichungen nicht kommen kann und die Dinger zudem auch noch einzeln geeicht werden, finde ich, dass es dann auch mal gut sein sollte. Und dass Sachverständige sich nicht mehr hinstellen und erklären sollten, sie wüssten ja nicht, wie die Produktion funktioniert, deshalb könnten sie das Ergebnis „aus sachverständiger Sicht auch nicht verifizieren“.
Was ich unanständig finde, ist, dass eine ganze Industrie aus Verteidigern und Sachverständigen davon lebt, teils (und da nehme ich Herrn Burhoff ausdrücklich aus) durch aggressiv geschaltete Internetwerbung in der Bevölkerung den Eindruck zu erzeugen, die Messgeräte lieferten alle falsche Ergebnisse und es lohnte sich, gegen jeden Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen, um dann (mit Rechtsbeschwerde) um die 1.000 EUR Verteidigergebühren und locker 300 EUR Sachverständigenkosten (günstig, weil die Gutachten ja nur aus Textbausteinen bestehen) pro Verfahren abrechnen zu können und dem Mandanten dann hinterher zu erklären, dass ja nur der blöde Richter einfach nicht einsehen wollte, dass nur die eigene Auffassung richtig ist und alle anderen lügen. Natürlich, nachdem sie ihm erfolglos die selben Textbausteine geschickt haben, die sie schon in tausenden anderen Verfahren erfolglos verwendet haben, die aber für den Mandanten ganz toll und überzeugend klingen.
Und ich finde es erstaunlich und lobenswert, dass Herr Burhoff aus seiner Seite eine solche Diskussion überhaupt zulässt. Die meisten anderen Blogger schalten nämlich Kommentare, die gegen ihre Auffassung gehen, überhaupt nicht frei. So ist der Werbewert der Homepage nämlich höher.
@ briag
Hallo, danke für das „Ausnehmen“.
Und warum sollte ich selektieren? Werbung brauche ich nicht (mehr) und mache ich ja genug :-). Da kann man anderen Auffassungen doch ein Forum bieten. Ich diskutiere aber nur selten mit. Denn sonst komme ich zu nichts anderem mehr.
Was ich allerdings nicht mag, ist, wenn ich den Eindruck habe, dass ich vera…. t werden soll, also z.B. zwei Kommentatoren unter derselebn IP-Adresse. Ich bin zwar alt/älter, aber nicht doof. Womit ich jetzt nicht Sie gemeint habe.
In dem Sinne: Einen schönen Tag.
@meine5cent:
Wenn Sie tatsächlich noch nie etwas mit VerkehrsR am Hut hatten, wundern mich Ihre Thesen nicht. Mich wundert dann aber, dass Sie glauben, Sie in dieser Materie dann glauben, mitreden zu können und- ja, auch müssen. Ich misch mich auch nicht in baurechtliche Fragen etc. ein. Das ist alles doch nur „Stimmmungsmache“.
@Klaus 2:
Der Antwort von Detlef Burhoff ist nichts hinzuzufügen, außer, dass seine Wortwohl noch diplomatisch war.
@ briag:
Was als „unanständig“ angesehen werden könnte, ist alleine Ihre Hetze gegen Organe der Rechtspflege und Sachverständige. Schwingt da möglicherweise ein gewisser Neid mit?
Im Gegenteil, scheinen Sie elementare Grundsätze unserer Rechtsordnung zu verkennen. Jedem Betroffenen steht das Recht zu, sich zu verteidigen. Wenn dann das von engagierten Verteidigern so getan wird, wie es ihre Aufgabe ist, gehen wohl bekannte Aufschreie umher. Da kann man nur den Kopf schütteln.
Völlig falsch ist Ihre Behauptung, es seien mit Poliscan noch keine Fehlmessungen bzw. Ungereimhteiten aufgedeckt worden. Oder irren sich nur ausgerechnet jene Amtsrichter, die deshalb freigesprochen oder Verfahren eingestellt haben?
Ich klinke mich damit aus dieser bizarren Diskussion aus. Dafür ist mir meine Zeit zu kostbar. Die kann ich besser damit verbringen, den Betroffenen zu helfen und weiterhin die begründeten Zweifel an diesem Messsystem aufzuzueigen. Ende der Diskussion.
@Detlev Burhoff:
Danke, dass Sie mich ausnehmen. Ich kommentiere zwar – aus naheliegenden Gründen – (noch) nicht unter Klarnamen, aber doch unter dem selben Pseudonym. Wenn auch von verschiedenen IP-Adressen. Und Ihre „Werbeeinblendungen“ nehme ich eher dankbar als Hinweis zur Kenntnis, dass neue Literatur verfügbar ist. 🙂
@Ellinger:
Interessant, dass Sie meine Frage noch immer nicht beantwortet haben. Sie bleiben nebulös, ohne ein einziges Beispiel zu nennen. Gäbe es den Nachweis des abweichenden Geschwindigkeitswertes, könnten Sie ihn doch einfach veröffentlichen.
Und ja, ich behaupte, dass die zwei, drei von tausenden Amtsrichtern, die abweichende Einzelfallentscheidungen begründet haben, irren. Zu den Hintergründen von Einstellungsbeschlüssen, die inhaltlich nicht begründet wurden, kann ich naturgemäß keine Stellung nehmen. Allerdings stützen sich auch diese wenigen Entscheidungen, soweit sie mir bekannt sind, nicht auf mögliche Fehlmessungen, sondern alleine auf eine abweichende juristische Einschätzung.
Und seien Sie versichtert: Die engagierten Verteidiger, mit denen ich im übrigen gerne verhandele und diskutiere, gibt es auch. Die meine ich aber nicht. Ich denke, Sie wissen sehr genau, wen ich meine. Nämlich diejenigen, die niemals selbst zu irgendeinem Termin erscheinen würden, sondern immer nur den schlecht bis überhaupt nicht instruierten Terminsbevollmächtigten, der das günstigste Angebot auf der Onlinebörse abgibt, damit beauftragen, im Termin in Abwesenheit des Betroffenen mit traurigem Blick und einem „ich weiß ja eh, dass es nichts bringt“ den immer gleichen Schriftsatz einzureichen, der noch bei keinem OLG jemals Erfolg gehabt hätte. Und die dafür eine Menge Geld mit der Versicherung abrechnen. Da spricht nicht der Neid, da spricht der Ärger über dieses aus meiner Sicht ziemlich grenzwertige Geschäftsmodell.
Ich klinke mich jetzt auch aus der Diskussion aus, denn ich merke, dass ich hier deutlicher werde, als ich es anonym eigentlich werden möchte.
@Ellinger: Abgesehen davon dass es wohl Sache von Herrn Burhoff ist, wen er mitreden lässt, und Sie offenbar nicht der blogwart sind, der Diskutanten oder interessierte Fragesteller auszuschließen oder abzuwatschen hat, hatte ich oben lediglich danach gefragt, ob es denn nachgewiesene Fehlmessungen gibt und M. Winninghoff hat freundlicherweise ausführlich geantwortet. Der Rest war eine Erwiderung auf Ihre Unterstellung, aus welcher „Ecke“ ich denn wohl komme.
@Briag: „….unter dem selben Pseudonym. Wenn auch von verschiedenen IP-Adressen“ ist etwas anderes als „unter verschiedenen Pseudonymen, aber derselben IP“ 🙁
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@Briag
Zu Ihrer Bitte nach einem konkreten Fall: Fragen Sie doch bitte Ihre Kollegen in Jena. Dort heißt es regelmäßig in den letzten Entscheidungen zum PoliScan Speed: „Die Geschwindigkeitsmessanlage PoliScan Speed wurde in den vergangenen Jahren vom Amtsgericht Jena in einer Vielzahl von Fällen gutachterlich überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass die Messanlage in den weitaus meisten Fällen technisch einwandfrei gearbeitet hatte und die ermittelten Messwerte vom Gutachter bestätigt wurden.“(AG Jena, Beschluss vom 17.01.2017 – 260 Js 29690/16; ähnlich z.B. auch AG Jena, Beschluss vom 16.01.2017, 140 Js 30194/16 3 OWi; AG Jena, Urteil vom 24.04.2017, 220 Js 17945/16 12 OWi)
Es gibt sie folglich, die konkreten Fälle, in denen Messanlage nicht technisch einwandfrei gearbeitet hat. Wenn Sie diese konkreten Fälle von den drei irrenden Amtsrichtern aus Jena (Ihre Worte: „Und ja, ich behaupte, dass die zwei, drei von tausenden Amtsrichtern, die abweichende Einzelfallentscheidungen begründet haben, irren.“) erhalten haben, wäre es löblich, diese konkreten Fehlmessungen hier zu teilen.
Im Übrigen, glaube ich, unterliegen Sie einem Denkfehler: Es wird nicht der Produktionsprozess des Messgerätes von den Sachverständigen hinterfragt, sondern die Messwertbildung im Gerät.
Spätestens seit VW und Abgasskandal wissen wir, dass der Hersteller die Werte im Prüflabor unbemerkt manipulieren kann. Warum sollte das nicht auch ein Hersteller für Geschwindigkeitsmessgerät bei der Eichung können?
Bauartzulassungsverfahren und Eichungsverfahren auf Seiten des „Prüflabors“ sind intransparent. Messwertbildung im Gerät auf Seiten des Herstellers ist intransparent. Es ist nicht nachprüfbar. Und es soll auch nicht nachprüfbar bleiben – jedenfalls nach dem Willen einiger OLG, tausender Amtsrichter, der PTB, der Verwaltungsbehörden und des Herstellers. Letztere beide haben ein erhebliches monetäres Intresse, die PTB ein Interesse ihre Daseinsberechtigung zu verteidigen und die Vertreter der Justiz ein Interesse ihrer chronischen Arbeitsüberlastung Herr zu werden.
Da hat sich der Bürger mit „nur“ einem Interesse an einem fairen Verfahren doch bitte hinten anzustellen?