Zum Glück sind mir in der letzten Woche zwei gebührenrechtliche Entscheidungen übersandt worden. Sonst wäre es heute mau mit meinen gebührenrechtlichen Postings, da ich derzeit kaum gebührenrechtliche Entscheidungen, die sich für eine Berichterstattung eignen, vorliegen habe.
Hier dann also zunächst das AG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2017 – 22 C 102/17, das mir der Kollege Demuth aus Düsseldorf übersandt hat. Er hat einen „Rückzahlungsprozess“ gewonnen, den eine Rechtsschutzversicherung gegen ihn geführt hatte. Der Kollege hatte – offenabr im Vorschussweg – als Verteidiger im Bußgeldverfahren auch die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG angesetzt. Die RSV hatte die gezahlt und forderte sie nun vom Kollegen zurück. Begründung: Der vom Kollegen erteilte Rat zum Schweigen, der dann zur Einstellung des Verfahrens geführt habe, habe nicht zum Entstehen der Nr. 5115 VV RVG geführt. Der Kollege hat sich geweigert, zurück zu zahlen. Und: Mit Recht, wie ihm das AG bescheinigt hat.
Das AG hat nämlich die Klage der RSV abgewiesen. Die Berechnung der Nr. 5115 VV RVG sei zu Recht erfolgt. Das AG bezieht sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 2011, 1605 = AGS 2011, 128 = RVGreport 2011, 182 = VRR 2011, 118 = StRR 2011, 201 = RVGprofessionell 2011, 85 = JurBüro 2011, 244):
„Nach diesen Maßstäben kann die nach Nr. 5115 VV RVG erforderliche Mitwirkung gegeben sein, wenn der Verteidiger seinem Mandanten im Bußgeldverfahren rät, zu dem erhobenen Vorwurf zu schweigen, und er die entsprechende Entschließung seines Mandanten der Verwaltungsbehörde mitteilt (so genanntes gezieltes Schweigen; AG Charlottenburg AGS 2007, 309, 310; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. Nr. 5115 VV RVG Rn. 6; N. Schneider in AnwKommRVG, 5. Aufl. Nr. 5115 VV RVG Rn. 32; Bischof/Uher, RVG, 3. Aufl. Nr. 5115-5116 VV RVG Rn. 30b; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. Nr. 5100-5200 VV RVG Rn. 18; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. Nr. 5115 VV RVG Rn. 1; Hartung in Hartung/Schons/Enders, RVG, Nr. 5115 VV RVG Rn. 9; zu S 84 Abs. 2 BRAGO: AG Bremen AGS 2003, 29; a.A. AG Hannover JurBüro 2006, 79; AG Halle AGS 2007, 85; AG Meinerzhagen AGS 2007, 454; AG Potsdam, Urt. v. 16. April 2009 – 36 C 31/09, n.V.; zu S 84 Abs. 2 BRAGO: AG Dinslaken JurBüro 1996, 308; AG Achern JurBüro 2001, 304). Die Behörde weiß nach einer solchen Mitteilung, dass sie einen Bußgeldbescheid nicht auf die Einlassung des Betroffenen stützen kann, sondern sich darüber klar werden muss, ob die übrigen Beweismittel für eine Ahndung ausreichen. …….“
So liegt der Fall hier aber nicht. Denn die Klägerin hat nicht dargetan, dass die Behörde das Verfahren hat verjähren lassen, weil der Mandant des Beklagten aus offenkundigen Gründen nicht die dem Verfahren zu Grunde liegende Ordnungswidrigkeit begangen haben konnte. Der Verfahrensablauf spricht vielmehr dafür, dass die Behörde der Auffassung war, ohne Einlassung des Mandanten des Beklagten keine tatsächliche Grundlage für den Erlass eines Bußgeldbescheides zu haben. Es ist gerichtsbekannt, dass in diesen Fällen aus „optischen Gründen“ die Verfahren der „Verjährung zugeführt“ werden.“
Ich kenne den genauen Sachverhalt nicht. Aber es stellt sich dennoch die Frage: Wieso braucht die RSV für die Frage ein amtsgerichtliches Urteil?
In eigener Sache: Ich bin immer für die Übersendung gebührenrechtlicher Entscheidungen dankbar. Stelle sie dann gerne auf der Hoempage ein und berichte hier darüber. Auch, wenn sie falsch sind 🙂 .
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