„Freitag ist Zahltag“ hieß es früher häufig. Bei mir im Blog heißt es: „Freitag ist Gebührentag“. Und den eröffne ich heute mit dem AG Riesa, Beschl. v. 16.08.2 UR II 345/16. Der Kollege A. Michl aus Oschatz hat ihn mir geschickt, zusammen mit dem in der Sache wegen der Gebühren geführten Schriftwechsel. Das waren mehr als 20 Seiten, die da angefallen.
Und wer nun meint, es sei um richtig große Beträge gegangen. Nein, es ging/geht nur um die Frage: Sind im Rahmen der Festsetzung von Beratungshilfegebühren für Strafsachen für den Rechtsanwalt – auch – die Pauschale für Post- und Telekommunikationsauslagen und die Dokumentenpauschale nebst anteiliger Umsatzsteuer festzusetzen? Die zuständige Rechtspflegerin meinte nein – und ist dann zu großer Form aufgelaufen – wahrscheinlich sind anderer wichtigere Gebührensachen liegen geblieben. Denn hier musste man dem Kollegen doch mal zeigen, was Sache ist und den sächsischen Staatshaushalt vor dem sonst drohenden Bankrott bewahren. Denn immerhin ging es ja um rund 40 €.
Der Kollege hat die Sache „durchgefochten“. M.E. zu Recht, denn sonst muss er sich demnächst die Entscheidung der Rechtspflegerin vorhalten lassen, getreu dem Satz: Haben wir immer schon so gemacht. Dabei hatte die Rechtspflegerin hier übersehen, dass gerade das AG Riesa früher schon anderer Ansicht gewesen ist.
Und so ist es gekommen, wie es kommen musste: Der Richter hat es gerichtet und die abgesetzten Auslagen festgesetzt:
„…Die Urkundsbeamtin geht in ihrer ablehnenden Entscheidung davon aus, dass eine Einsichtnahme in Strafakten nur möglich ist, wenn sich der Rechtsanwalt als Strafverteidiger angezeigt hat. In diesem Fall läge deshalb keine bloße Beratung mehr vor, sondern der Anwalt habe die Vertretung seines Mandanten in dem Strafverfahren übernommen. Nach S. 2 Abs. 2 Satz 2 BerHG könne in Straf- und Ordnungswidrigkeitsangelegenheiten aber lediglich für die Beratung, nicht auch für die anwaltliche Vertretung Beratungshilfe gewährt werden.
Die zuständige Bezirksrevisorin hält die Frage der Erstattungsfähigkeit der Auslagen bei Beratungshilfe für Strafsachen für streitig; auch bei dem angerufenen Gericht habe es in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen gegeben.
Richtig ist die Rechtsansicht, dass auch in Strafsachen Kopiekosten und entsprechende Auslagen im Rahmen der Beratungshilfe erstattungsfähig sind, wenn sie im Rahmen der Beratung angefallen sind und die übrigen Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen. Der Antragsteller hat hinreichend dargelegt, dass ihm die geltend gemachten Auslagen durch Anfertigen von Kopien der Straf- oder Ermittlungsakte für seine Handakte entstanden sind. In ihrer Höhe sind diese Auslagen nicht zu beanstanden. Der Rechtsanwalt muss sich auch nicht auf kostengünstigere Vorgehensweisen verweisen lassen, wenn diese zur Erfüllung seiner Beratungsleistung nicht ebenso geeignet sind.
a) Die von der Urkundsbeamtin vertretene Ansicht ist nicht überzeugend. Zum einen ist dem im Vergütungsverfahren als Antragsteller auftretenden Rechtsanwalt ein Beratungshilfeschein für die Beratung in einem bestimmten Strafverfahren bewilligt worden. Sofern im Zusammenhang dieser Beratungstätigkeit Auslagen anfallen, sind ihm diese zu erstatten (Nr. 7002 RVG-VV i.V.m. S. 8 Abs. 1 BerHG). Eine Differenzierung dahingehend, dass Kopien aus der Akte ausschließlich einer anwaltlichen Vertretung dienen würden und nicht zugleich einer Beratung, dürfte kaum möglich sein. Sofern die Urkundsbeamtin der Ansicht ist, der antragstellende Rechtsanwalt habe seinen Mandanten im Strafverfahren umfassend vertreten, müssten folgerichtig auch alle übrigen Gebühren abgesetzt werden; denn auch insoweit ist eine Trennung zwischen Beratung, für die Beratungshilfe bewilligt wurde, und Vertretung des Ratsuchenden als dessen Strafverteidiger schwerlich durch* führbar. Fraglich ist, welche Wirkung dann noch dem Berechtigungsschein zukommen würde.
b) Auch wenn davon auszugehen ist, dass der Antragsteller sich im Ermittlungs- oder Strafverfahren als Strafverteidiger angezeigt hat, weil ihm andernfalls keine Akteneinsicht durch Übersendung der Verfahrensakte hätte erteilt werden dürfen (S. 147 Abs. 1 u. 4 StPO), schließt das nicht aus, dass er seinen Mandanten auf der Grundlage der bewilligten Beratungshilfe beraten hat und ihm zu diesem Zweck die geltend gemachten Auslagen entstanden sind (AG Halle (Saale), Beschluss vom 08.02.2010 103 3103/09; Groß in: Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 13. Aufl., 2015, S. Rn. 17). Sofern er im weiteren Verfahrensverlauf als Wahl- oder Pflichtverteidiger weitergehende Vergütungsansprüche erwirbt, werden Leistungen auf der Grundlage des Beratungshilfegesetzes gegebenenfalls zu verrechnen sein.
Der Wortlaut des S. 2 Abs. 2 BerHG lässt in keiner Weise erkennen, dass Kosten, die einem Strafverteidiger erwachsen, nicht erstattungsfähig sind. Es kommt ersichtlich nicht auf den Status des Rechtsanwalts als Rechtsberater, Parteivertreter, Prozessbevollmächtigter oder Strafverteidiger an, sondern es ist auf seine Tätigkeit abzustellen. Gebühren und Auslagen, die für die Beratung anfallen, sind auch bei strafrechtlicher Beratung aus der Staatskasse zu erstatten, wenn die übrigen Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes vorliegen.
c) Im Regelfall ist für eine sachgerechte Beratung die Anfertigung von Kopien aus der Ermittlungs- oder Strafakte erforderlich. Der die Vergütung begehrende Rechtsanwalt braucht deshalb hierzu nichts weiter vorzutragen (vgl. auch AG Riesa, Beschluss vom 27.06.2012 — 2 UR Il 885/10, juris), insbesondere braucht er sich als Organ der Rechtspflege (S. 1 BRAO) nicht vorhalten zu lassen, er hätte sich anderweitig behelfen können (vgl. AG Riesa a.a.O.; AG Germersheim, Beschluss vom 02.03.2017 – 1 UR II 461/16, juris).
d) Auch die Entstehung von Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ist hinreichend ersichtlich. Diese Auslagen können schon im Zusammenhang mit der Akteneinsicht und dem Schriftverkehr mit dem Beratenen entstanden sein.“
Viel Lärm um wenig/nichts. Ich weiß nicht, ob man die Arbeitszeit nicht besser verwenden könnte.
Neulich wurde mir die AE verweigert, da ich im AE-Gesuch angegeben habe, dass ich lediglich eine Beratung durchführe und nicht als Verteidiger auftrete. Man wird also quasi gezwungen sich als Verteidiger zu legitimieren, da ansonsten keine AE. Also Teufelskreis:-)
Perfide 🙂
Es ist schlicht so, dass das Gesetz diese Abgrenzung vorsieht. Nicht vorgesehen ist die Auszahlung beliebiger Beträge auf Zuruf des Rechtsanwalts. Eine entsprechende Änderung kann nur der Gesetzgeber vornehmen.
Ich sehe nicht, welcher Staatsbedienstete an welcher Stelle Zeit hätte sparen können.