„ein durch Schlaufe verbundener Auf- und Abstrich“ ist keine Unterschrift, oder: (Daher) Aufhebung

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Manchmal liest man zu bestimmten Fragen und Problemen lange keine Entscheidungen. Und dann häufen sich auf einmal Urteile/Beschlüsse zu diesen Fragestellungen. So geht es mir derzeit mit der Frage der ausreichenden Unterschrift. Dazu hat dann – wenn ich es richtig sehe: zuletzt – der BGH im BGH, Beschl. v. 29.11.2016 – VI ZB 16/16 – Stellung genommen (vgl. dazu Kunstvoll, oder: Halbkreis mit Schnörkeln – ist das (noch) eine Unterschrift?). Da ging es um die Unterzeichnung eines bestimmenden Schriftsatzes im Zivilverfahren durch den Vertreter der Partei. Dem BGH hat der „Halbkreis mit Schnörkeln“ – (noch) gereicht, um ihn als Unterschrift anzusehen. Ich war in dem Zusammenhang gefrgat worden, ob die Gerichte denn auch im Straf-/Bußgeldverfahren mit den richterlichen Unterschriften unter die Urteile ggf. so streng sind. Die Frage hat ja Bedeutung im Hinblick auf die Fertigstellung des Urteils innehalb der Urteilabsetzungsfrist (§ 275 StPO). Denn so lange das Urteil nicht unterschrieben ist, ist es nicht „abgesetzt“ und kommt es dann ggf. zur Aufhebung. Meine Antwort war: Ja.

Und sie wird jetzt bestätigt durch zwei Entscheidungen des OLG Hamm, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 25.04.2017 – 1 RVs 35/17, den mir der Kollege Tomczak aus Olpe übersandt hat, und den OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – 1 RVs 94/16, auf den ich auf NRWE gestoßen bin. In beiden Entscheidungen werden die tatrichterlichen Urteile wegen Verstoßes gegen § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO aufgehoben. In beiden Beschlüssen beanstandet das OLG das Fehlen einer „handschriftlichen Unterzeichnung“.

Leider teilt das OLG im OLG Hamm, Beschl. v. 25.04.2017 – 1 RVs 35/17 – keine Einzelheiten mit: Da heißt es nur, dass „das angefochtene Urteil keinerlei handschriftliche Unterzeichnung mit einem Namenszug aufweist.“ Das könnte dafür sprechen, dass das Urteil nicht nur „schlecht“, sondern überhaupt nicht unterschrieben war.

Konkreter ist das OLG dann im OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – 1 RVs 94/16 – (gewesen).

„Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert (vgl. so und zum Folgenden OLG Köln, a.a.O.; OLG Saarbrücken, a.a.O.; allg. Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einl. Rn. 129, jew. m. w. N.). Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen.

Eine diesen Anforderungen genügende Unterschrift weist das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 05.08.2016 nicht auf, welches lediglich mit einem handschriftlich angebrachten Zeichen versehen ist, das keinerlei Ähnlichkeit mit einem einzigen Buchstaben oder mit einer Buchstabenfolge aus dem Namen des zuständigen Richters aufweist. Dieses Zeichen besteht vielmehr lediglich aus einem durch eine Schlaufe verbundenen Auf- und Abstrich, der große Ähnlichkeit mit einem „L“ aufweist. Der Mangel der erforderlichen Unterzeichnung wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass der Name des Richters unter dieses Zeichen gedruckt ist, da dieser Zusatz die vom Gesetz geforderte Unterzeichnung des Urteils nicht zu ersetzen vermag.“

Und für den Revisionsverteidiger: Es genügt die Sachrüge, um solche Fehler geltend zu machen.

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