Nimmt ein Kfz.-Führer ein Verkehrszeichen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit (Zeichen 274) optisch war, ist er aber wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens (Zeichen 277) und hierzu angebrachter Zusatzschilder der Meinung, dies beziehe sich nicht auf ihn, unterliegt er keinem Tatbestandsirrtum gem. § 11 Abs. 1 OWiG, sondern einem Verbotsirrtum i.S.v. § 11 Abs. 2 OWiG. So das OLG Bamberg im OLG Bamberg, Beschl. v. 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17, das damit seine Rechtsprechung u.a. aus dem OLG Bamberg, Beschl. v. 01.12.2015 – 3 Ss OWi 834/15 bestätigt.
Es stellt sich dann natürlich die Frage des Absehens von einem ggf. verwirkten Fahrverbot. Das AG hatte abgesehen. Das OLG sagt (ebenfalls noch einmal). Der (vermeidbare) Verbotsirrtum führt nicht zwangsläufig zum Wegfall eines an sich verwirkten Regelfahrverbots. Vielmehr kommt dies – so das OLG – nur in Ausnahmefällen in Betracht, wobei auf den von der Rechtsprechung. entwickelten Rechtsgedanken des Augenblicksversagens zurückgegriffen werden kann:
„cc) Wegen der aus den genannten Gründen gebotenen Gleichbehandlung von Tatbestands- und Verbotsirrtum bietet sich als taugliches Kriterium für ein Absehen vom Regelfahrverbot ein Rückgriff auf den von der höchstrichterlichen Rspr. entwickelten Rechtsgedanken des Augenblicksversagens an. Hat der (Verbots-)Irrtum hierin seine Ursache, so ist es gerechtfertigt, von dem an sich verwirkten Regelfahrverbot abzusehen. Ein Augenblicksversagen ist indes nur im Falle einer momentanen Unaufmerksamkeit bzw. eines kurzzeitiges Fehlverhaltens anzunehmen, wie es auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann (BGH, Urt. v. 29.01.2003 – IV ZR 173/01 = NJW 2003, 1118 = VersR 2003, 364 = ZfS 2003, 242 = DAR 2003, 217 = VRS 105 [2003], 118 BGHR VVG § 61 Fahrlässigkeit, grobe 9 = Schaden-Praxis 2003, 173 = MDR 2003, 505), wobei schon begrifflich kennzeichnend ist, dass es sich um eine gleichsam spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens handelt (OLG Bamberg, Beschl. v. 04.01.2016 – 3 Ss OWi 1490/15 [bei juris]). Eine derartige Situation lag nach den tatrichterlichen Feststellungen aber gerade nicht vor. Der Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h im Bereich der Messstelle gingen weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen auf zunächst 100 km/h und anschließend auf 80 km/h bei im Übrigen gleich gestalteter beidseitiger Wechselbeschilderung voraus, wobei überdies die Zeichen 274 (zulässige Höchstgeschwindigkeit) und 277 (Überholverbot) jeweils durch einen waagerechten Strich optisch voneinander getrennt waren. Schon im Hinblick darauf kann von einer lediglich spontanen Fehleinschätzung nicht die Rede sein. Hinzu kommt, dass sich jedem Kraftfahrzeugführer auch jenseits der genauen Kenntnis der Vorschriften über die höchstzulässige Geschwindigkeit für Omnibusse und Pkw mit Anhänger geradezu aufdrängen musste, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h für diese Kraftfahrzeuge keinen Sinn machen würde. Hieran ändert auch der Rekurs des Betr. auf Ziff. III. 11.a) VwV-StVO zu § 39 StVO, wonach an einem Pfosten oder sonst unmittelbar über- oder nebeneinander nicht mehr als 3 Verkehrszeichen anzubringen sind, nichts, zumal ein etwaiger Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift die Rechtswirksamkeit der verkehrsrechtlichen Anordnung, bei der es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung i.S.d. Art. 35 S. 2 BayVwVfG handelt (vgl. nur BVerwG NJW 2016, 2353 = ZfS 2016, 474 = VM 2016, Nr. 39 = ACE-Verkehrsjurist 2016, 17 = DAR 2016, 598 = LKV 2016, 407 = NZV 2016, 539 = JA 2016, 957 = BayVBl 2016, 784 = NJ 2016, 519 = JuS 2017, 91 m.w.N.), nicht berührt.“
Nun, muss man nicht so sehen, geht m.E. auch anders. Aber: Wir sind beim OLG Bamberg….