Unverständlicher Verteidigerfehler, oder: Wer das nicht kann, sollte keine Revisionen machen

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Nachdem ich mich vorhin über das dem BGH, Beschl. v. 10.01.2017 – 4 StR 521/16 – zugrunde liegende LG-Urteil mokiert habe (vgl. Klassischer Fehler XXXV: „Du bist trotzig und unbelehrbar“, also höhere Strafe..), kann ich dann jetzt hier gleich zur „anderen Seite“ austeilen, nämlich zum Verteidiger im Verfahren BGH, Beschl. v. 12.01.2017 – 4 StR 497/16, auch gestern auf der Homepage des BGH eingestellt. Die beiden Beschlüsse zeigen: Die einen können es genauso gut/schlecht wie die anderen.

Der BGH, Beschl. v. 12.01.2017 – 4 StR 497/16 – gehört dann in die Rubrik: Wer kein Revisionsrecht kann, der sollte es lassen. Das macht man nicht mal so eben nebenbei bzw. man sollte, wenn man es nicht kann, einen erfahrenen Revisonsverteidiger beauftragen oder zumindest mal in ein gutes Revisions(hand)buch schauen – ich kenne da eins 🙂 . Macht man das, muss man nicht in einem BGH-Beschluss lesen:

„Die Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt weder den vollständigen Inhalt des Antrags auf Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens mit, noch den des daraufhin ergangenen Gerichtsbeschlusses.“

Also Leute! Das ist revisionsrechtliches Grundwissen 1. Klasse, also ganz kleines 1 x 1, was der BGH hier beanstandet. Wer das nicht kann/weiß, lässt es wirklich mit der Revision, ggf. sogar besser ganz mit der Strafverteidigung.

10 Gedanken zu „Unverständlicher Verteidigerfehler, oder: Wer das nicht kann, sollte keine Revisionen machen

  1. docmw

    Mal ganz blöd gefragt und abgesehen von den fraglichen Erfolgsaussichten der (hier vertrottelten) Revision: gibt es eine Anwaltshaftung auch im Strafrecht?

  2. Christoph Nebgen

    Ja, es gibt eine Anwaltshaftung im Strafrecht, aber mit dem Schaden und der Schadensursächlichkeit ist das so eine Sache. Wenn die versaubeutelte Revision Erfolg gehabt hätte, wäre es ja wohl in erster Linie das Instanzgericht, dass die Ursache für den Schaden gesetzt hat. Da sollte der eine oder andere Richter vielleicht auch mal drüber nachdenken.

  3. RA Ullrich

    @ docmw: Die Anwaltshaftung gibt es schon, das Problem ist jedoch häufig der Nachweis eines ursächlich auf dem Fehler beruhenden Schadens. Im vorliegenden Fall einer falsch erhobenen formellen Revisionsrüge müsste der Geschädigte erstmal nachweisen können, dass die Revision bei Meidung des anwaltlichen Darlegungsfehlers wegen dieser formellen Rüge Erfolg gehabt hätte, und selbst das reicht nur für die Revisionskosten als Schadenersatz, denn dann wäre ja erstmal nur aufgehoben und zurückverwiesen worden zur neuen Verhandlung und Beweisaufnahme. Will der Geschädigte darüber hinaus noch Schadenersatz für die ausgeurteilte Strafe und deren Folgen, müsste er nachweisen können, dass er bei Vermeidung des anwaltlichen Fehlers sicher freigesprochen worden wäre.

  4. docmw

    Die genannten Punkte meinte ich verkürzt mit der „fraglichen Erfolgsaussicht“ der Revision. Also letztlich die Kausalität des Anwaltsfehlers, denn wenn auch die ordnungsgemäß erhobene Rüge zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, war der Fehler ja unschädlich.
    Als Nicht-Strafrechtler habe ich mich nur spontan gefragt, ob da dieselben Maßstäbe zur Anwendung kommen, wie im ZivilR. Scheinbar schon 🙂

  5. Klaus Krebs

    Sehr interessant, auch für nicht-Anwälte. Es scheint auf den ersten Blick so zu sein, dass, zumindest in diese Falle, selbst offensichtliche Fehler von Anwälten schwerer juristisch verfolgbar sind als ärztliche Kunstfehler. Auf der anderen Seite sind natürlich prognostizierte positive Ausgänge eines nicht stattgefunden Verfahrens mit Hellseherei gleichzusetzen.

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