Wenn man den BGH, Beschl. v. 08.11.2016 – 5 StR 390/16 – liest, dann ist man – zumindest ich war es – erschüttert darüber, wie grausam Menschen sein können. Und damit lag m.E. die Antwort auf die Frage, der der BGH in der Revision entscheiden musste, auf der Hand, nämlich: Ist das in Brand setzen eines Menschen, der noch lebt, grausam i.S. des § 211 StGB oder nicht. Das Schwurgericht beim LG Berlin war davon ausgegangen. Der BGh hat es bestätigt:
1. Die Annahme des Mordmerkmals der Grausamkeit hat die Jugendkammer rechtsfehlerfrei begründet.
a) Nach den Feststellungen lockten die Angeklagten die vom Angeklagten T. im achten Monat schwangere 19-jährige P. nachts in ei-nem einsamen Waldstück in einen Hinterhalt, um sie zu töten. Motiv des Angeklagten T. war es dabei, sich seinen Verpflichtungen als Vater nach der Geburt des Kindes zu entziehen. Der Angeklagte M. wirkte an der Tat mit, weil er wissen wollte, wie es sei, einen Menschen zu töten. Er versetzte der wehrlosen Frau drei bis vier Messerstiche in den Oberkörper. Danach hielt er sie fest, während der Angeklagte T. aus einem Benzinkanister etwa einen Liter Benzin über ihren Kopf und Oberkörper schüttete. Der Angeklagte T . entzündete das Benzin, worauf die junge Frau sofort in Brand geriet. Trotz überaus heftiger Schmerzen konnte sie noch einige Meter laufen und versuchte vergeblich, die brennende Jacke auszuziehen. Sie verstarb frühestens eine Minute nach Brandbeginn.
b) Die Jugendkammer hat sich auf der Grundlage des Gutachtens einer rechtsmedizinischen Sachverständigen davon überzeugt, dass eine – womöglich – vor dem Versterben des Opfers eingetretene Bewusstlosigkeit „Folge des nun eintretenden unerträglichen Schmerzes“ gewesen sei, der „vom körpereigenen Schutzmechanismus – dem ausgeschütteten Adrenalin – nicht mehr länger unterdrückt werden konnte“ (UA S. 70). Sie hat ferner ihre in einschlägigen Verfahren gewonnene eigene Sachkunde herangezogen, nach der gemäß der Auffassung aller ihr bekannter Rechtsmediziner bei Bewusstsein gebliebene Brandopfer „vor der sie erlösenden Ohnmacht bzw. Bewusstlosigkeit eine Phase allerhöchsten Schmerzes“ erleiden (UA S. 69). Die hiergegen gerichtete sachlich-rechtliche Beanstandung des Angeklagten T. , die Jugendkammer habe eine völlige Schmerzlosigkeit aufgrund eines vom Tatopfer erlittenen „Schocks“ nicht tragfähig ausgeschlossen, ist unter diesen Vorzeichen auf eine bloße Vermutung gestützt.
c) Wie lange der Zeitraum schwerster Qualen ab dem Entzünden des Benzins exakt gedauert hat, ist hier ohne Belang. Selbst wenn man – was nach den Feststellungen überaus fernliegt – von der kürzestmöglichen Zeitspanne ausgeht („10, 20 oder 30 Sekunden“, UA S. 70, oder gar etwas weniger), wäre an der Erfüllung des Mordmerkmals der Grausamkeit nicht zu zweifeln. Der Senat vertritt die Auffassung, dass bei der regelmäßig mit der Auslösung von „Vernichtungsschmerzen“ verbundenen Tötung durch Verbrennen (vgl. auch MüKo-StGB/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 131 mwN) ein Zeitraum von wenigen Sekunden genügen kann. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die junge Frau durch die vorangegangenen Messerstiche sowie das Festhalten während des Überschüttens mit Benzin in höchste Todesangst versetzt wurde und zu-gleich die Gewissheit hatte, dass auch das bereits lebensfähige ungeborene Kind versterben würde (zur Erheblichkeit seelischer Qualen LK-StGB/Jähnke, 11. Aufl., § 211 Rn. 54 mwN).“
Für mich: Ohne Worte.