Ich hatte ja bereits im Mai 2016 von der sich abzeichnenden Kontroverse zwischen den Strafsenaten des BGH in der Frage der Strafrahmenverschiebung bei verschuldeter/unverschuldeter Trunkenheit berichtet (vgl. hier: Auf dem Weg zum Großen Senat, oder: Wer säuft, ist selber schuld?).
Ausgangspunkt ist der BGH, Beschl. v. 15.10.2015 – 3 StR 63/15, in dem der 3. Strafsenat folgende Frage zur Diskussion gestellt hat:
„Der Tatrichter übt sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht.“
Geantwortet haben inzwischen:
- Der 5. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 01.03.2016 – 5 ARs 50/15 – mit: Ja, und wir halten daran fest.
- Der 1. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 10.05.2016 – 1 ARs 21/15 – mit:
- „Der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuld-fähigkeit des Täters auf von diesem zu verantwortender Trunkenheit beruht, rechtfertigt für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht.“
- Der 4. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 28.04.2016 – 4 ARs 16/15 –
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„1. Der Senat versteht die Anfrage des 3. Strafsenats wie folgt:
a) Die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist eine Ermessensentscheidung des Tatrichters.
b) Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung kann im Einzelfall die selbstverschuldete Trunkenheit die Versa-gung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorher-sehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt ist.
2. Soweit der so verstandenen Anfrage Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegensteht, hält er daran nicht fest.“
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Na, da kann man beim Großen Senat schon mal die Griffel anspitzen.