Das Strafbefehlsverfahren spielt in der Praxis sicherlich eine größere Rolle. Das zeigt sich für mich auch darin, dass mich immer wieder Anfragen zur gebührenmäßigen Abwicklung dieser besonderen Verfahrensart erreichen. Eine davon stelle ich heute zur Diskussion:
„Sehr geehrter Herr Burhoff,
ich hätte da mal eine Frage zu einem eigentlich ganz einfachen Fall, der bei uns in der Kanzlei des Öfteren vorkommt, der mich aber nunmehr sehr ins Grübeln gebracht hat:
Ein Mandant kommt zur Türe rein und sagt gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen Verdacht der Straßenverkehrsgefährdung. Der Anwalt beantragt Akteneinsicht und bekommt diese von der zuständigen Staatsanwaltschaft mit einer Stellungnahmefrist übersandt. Der Anwalt schaut sich die Akte an, bespricht sie mit dem Mandanten und ruft dann innerhalb der Frist den zuständigen Staatsanwalt an, um die Angelegenheit zu besprechen. Beide legen ihre Sach- und Rechtslage dar und man einigt sich am Telefon auf einen Strafbefehl (Anzahl und Höhe der Tagessätze + Dauer des Fahrerlaubnisentzugs). Der Staatsanwalt beantragt daher beim Gericht den mit dem Anwalt besprochenen Strafbefehl zu erlassen, was vom Richter auch gemacht wird. Der Strafbefehl geht beim Anwalt ein, er überfliegt ihn kurz, um zu schauen, ob er auch wirklich so ist wie besprochen und wenn ja ist die Angelegenheit erledigt. Einspruch wird logischerweise nicht eingelegt.
Die erste Streitfrage, die sich hier auftut, ist natürlich, ob die Gebühr Nr. 4141 VV RVG entstanden ist. Ich bin der Meinung ja, also habe ich mir vorgenommen diese gegenüber der Rechtschutzversicherung des Mandanten einzuklagen. Aber dies dahingestellt. Die Frage, die sich mir beim Fertigen der Klageschrift nunmehr gestellt hat, ist eine andere:
Entsteht bei obigem Fall eine Gebühr nach Nr. 4106 VV RVG?
Im ersten Moment dachte ich mir, ja klar, da das gerichtliche Verfahren mit dem Eingang des Antrags auf Erlass des Strafbefehls bei Gericht beginnt. Als ich aber weiter darüber nachgedacht habe, bin ich ins Schwanken geraten, denn weitere Voraussetzung für den Fall der Gebühr Nr. 4106 VV RVG ist, dass der Anwalt auch eine Tätigkeit erbringt. Und genau hier stellt sich mir die Frage. Kann der Anwalt für das Überfliegen des Strafbefehls, ob dieser der mit der Staatsanwaltschaft vereinbarten Einigung entspricht, die Gebühr kassieren oder reicht diese Tätigkeit nicht aus?
Für eine kurze Stellungnahme von Ihnen hierzu wäre ich dankbar, da ich bereits verschiedene Meinung zu dieser Fallkonstellation erhalten habe.“
mE klarer Fall für den Anfall der Gebühr aus 4106 VV. Es genügt jede Tätigkeit im gerichtlichen verfahren. Und hier ist es eben die Entgegennahme und Überprüfung des Strafbefehls.
Der Aufwand ist ggf. über den Gebührenrahmen zu berücksichtigen.
Außerdem kommt ohne Anfall der 4106 VV die Gebühr nach 4141 VV von vornherein nicht in Betracht.
Die Gebühr VV Nr. 4106 fällt natürlich an, da der Verfahrensabschnitt mit Eingang des Strafbefehlsantrags bei Gericht beginnt. Die Tätigkeit der Überprüfung des Strafbefehls wird mit dieser Gebühr abgegolten.
Ich verstehe allerdings nicht, wie man auf die Idee kommen kann, die Gebühr VV Nr. 4141 würde in diesem Fall entstehen. Weder wird das Verfahren eingestellt noch beschließt das Gericht, das Verfahren nicht zu eröffnen. Im Falle des Strafbefehlsverfahrens entsteht die Gebühr nach Rücknahme des Einspruchs, was also voraussetzt, dass zunächst Einspruch eingelegt wurde. Daher wird die Klage gegen die RS-Versicherung IMHO aussichtslos sein.